Drachensturm
leid, Nabu, aber es war nötig, um dem Herrscher zu zeigen, mit wem er es zu tun hat.«
Aber Nabu schnaubte nur und flog weiter. Sie konnte spüren, wie sehr es ihn anstrengte. Er hatte sich auch wieder geweigert, Ruiz mitzunehmen, als sie aufgebrochen waren. Der Waffenknecht hatte seit der Sache mit dem Geschirr ohnehin einen schweren Stand, nicht nur bei den Drachen. Er strengte sich jetzt doppelt an, was aber, da er sich vorher kaum bemüht hatte, Nabu immer noch nicht ausreichend schien.
Jetzt landete der Drache ziemlich hart unweit der Kolonne der Konquistadoren. Die Pferde auf der Straße wurden unruhig, aber die Drachen hatten genug Abstand gelassen, so dass sie nicht in Panik gerieten.
» Ausgezeichnet!«, rief ihnen Francisco Pizarro zu. » Eine eindrucksvolle Demonstration unserer Macht, Ihr Ritter.«
» Überraschen werden wir ihr Heer jedenfalls nicht mehr. Ich hoffe, wir haben erreicht, was Ihr Euch davon versprecht, Don Francisco«, erwiderte der Hochmeister.
Mila hörte ein Pferd herankommen. Es wurde mit jedem Schritt nervöser und schnaubte unwillig, aber sein Reiter schien es mit eiserner Hand im Griff zu haben. » Habt Ihr einen Eindruck von der Stärke der Indios gewonnen, Don Maximilian?«, fragte der Reiter. Es war Francisco Pizarro selbst.
» Dreißigtausend wenigstens, vielleicht mehr, wie es meine Nichte schon sagte, aber die Stadt scheint wirklich verlassen.«
» Verstehe einer diese Wilden«, meinte Pizarro, » die Stadt hat zwar keine Mauer, aber sie könnten sich dort unten doch gut verschanzen. Stattdessen erwarten sie uns auf offenem Feld.«
» Aber Ihr wollt ihnen nicht hier entgegentreten, oder?«, fragte der Hochmeister.
» Nein, ich bin nicht so dumm wie dieser Atahualpa. Wenn er uns schon in seine Stadt einlädt, dann werden wir dieser Einladung auch Folge leisten. Aber erst einmal werden wir warten.«
» Worauf?«, fragte der Hochmeister.
» Der Gesandte, der übrigens sehr beleidigt scheint, weil er die Nacht hindurch marschieren musste, sagte uns, dass Atahualpa uns sicher einen Boten schicken wird. Und ich bin sehr neugierig, was dieser zu sagen hat.« Dann riss Pizarro sein tänzelndes Pferd herum und ritt zurück an die Spitze des Zuges.
» Erst hetzt er uns durch die Nacht, jetzt hat er auf einmal wieder Zeit. Dieser Mann ist mir ebenso ein Rätsel wie diese Indios«, knurrte Nabu.
» Der Hügel hier ist zwar nicht sehr hoch, aber doch besser zu verteidigen als die Senke, in der wir gestern Abend gelagert haben, Nabu«, erklärte der Hochmeister.
» Und warum fliegen wir nicht in die Stadt?«, wollte der Drache wissen.
» Wir können fliegen, aber unsere Soldaten müssten an diesen Hügeln vorbeimarschieren, und die sind voller Indios. Solange wir nicht sicher sind, dass Atahualpa uns wirklich nach Caxamalca hineinlässt, wäre das sehr gefährlich«, erklärte der Hochmeister. »Für Menschen vielleicht«, sagte Nabu gleichgültig und streckte sich gähnend.
» Wo hast du nur gesteckt?«, wurde Kemaq von seinem Bruder Qupay angefahren, als er ins Lager zurückkam. » Er will dich sehen.«
» Wer? Huaxamac?«
» Nein, der Sapay Inka selbst«, zischte Qupay.
Kemaq glotzte seinen Bruder ungläubig an. Als er vor zwei Tagen ins Lager gekommen war, hatte er heimlich gehofft, der Sapay Inka würde ihn sehen wollen, aber als ihn gestern der große Rumi-Nahui verhört hatte, da war ihm wieder klar geworden, dass er den hohen und wichtigen Leuten doch besser aus dem Weg gehen sollte. Und jetzt schickte Atahualpa selbst nach ihm? Qupay sah ziemlich ernst drein. » Was will er?«, fragte Kemaq, als sein Bruder ihn schon am Arm gepackt hatte und durchs Lager zerrte.
» Woher soll ich das wissen?«, rief Qupay wütend.
Kemaq sah das große Haus Atahualpas hinter den Quellen aufragen. Aber bevor sie auch nur die Quellen erreichten, wurden sie von Huaxamac aufgehalten. » Ah, endlich!«, rief der Hohepriester.
Kemaq verneigte sich unsicher. Er wusste immer noch nicht, wie er sich in Gegenwart solch hoher Herren zu benehmen hatte. Huaxamac legte ihm eine Hand auf die Schulter, eine Berührung, die Kemaqs Unsicherheit noch steigerte, dann wandte er sich kurz an Qupay: » Ich danke dir. Du kannst gehen.«
Einen Augenblick lang schien Qupay zu zögern, doch dann verneigte er sich stumm und zog sich zurück.
» Ich hoffe, du bist dir der Ehre bewusst, Chaski«, sagte Huaxamac, als sie unter sich waren.
» Ja, Herr«, erwiderte Kemaq.
» Er ist der Sohn der Sonne,
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