Drachensturm
darauf feststellte, dass sie nichts mit sich anzufangen wusste. Sie suchte Fray Celso, um mit ihm über den Tod von Sir William zu sprechen. Das stellte sich als zeitraubend heraus, denn der Mönch war nicht im Palast, wo sie ihn erwartet hätte, und sie musste mehrere Spanier und dann auch Indios fragen, bis sie erfuhr, dass er sich in einem kleinen Haus abseits des Platzes einquartiert hatte. Ruiz war draußen bei der Mine, aber sie fand eine Indio-Frau, die bereit war, sie zu dem Mönch zu führen.
» Kann ich dich etwas fragen, Herrin?«, erkundigte sich die Frau, als sie durch eine der schmalen Nebengassen schritten. » Der Mann, zu dem ich dich bringe, ist von freundlicher Art und spricht zu uns viel von eurem Gott. Ich verstehe aber nicht alles, auch, da andere Männer hier sind, die vom selben Gott sprechen, aber aus ihrem Mund klingt alles ganz anders. Wie kann das sein?«
Mila wusste, dass sie die drei Dominikanerpriester meinte, die ihre Expedition begleiteten. Sie wusste aber nicht, wie sie das erklären sollte, und sie war mit ihren Gedanken auch immer noch bei Nabu. Sie sagte: » Ich weiß es nicht, verkünden die Priester eurer Götter immer das Gleiche?«
» Nein, aber es sind ja auch viele Götter, nicht einer«, gab die Frau zurück.
Mila blieb stehen: » Sag, die meisten deines Volkes sind mir und meinen Brüdern bisher immer furchtsam begegnet, aber du scheinst keine Angst vor mir zu haben.«
» Warum sollte ich Angst vor dir haben? Nur weil deine Haare eine andere Farbe haben als meine? Manche haben geglaubt, ihr wärt Götter, doch habe ich gesehen, wie der fliegende Gott fiel, und dein Bruder, der ihn ritt, fiel mit ihm. Ich hörte, er ist tot, also war er kein Gott«, schloss die Frau. Sie schien zufrieden über ihre Schlussfolgerung.
Mila schnürte es die Kehle zu, als die Frau so nüchtern über dieses schreckliche Unglück sprach, gleichzeitig spürte sie auch die Gefahr, die in den Worten der Frau lag: Viele Indios hielten die hellhäutigen Fremden und vor allem die Drachen für unbesiegbare Götter, und sie hatten viel unternommen, damit es auch so blieb. Schamasch und Sir William waren jedoch vor aller Augen gestorben, und obwohl seither noch keine zwei Stunden vergangen waren, hatten die Ersten schon begriffen, was das bedeutete. Mila versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie das beunruhigte, und sie war froh, als sie das Haus des Fray erreichten und sich ihre Wege trennten.
Der Fray war ihr jedoch nicht der erhoffte Trost: » Er starb ohne die Sterbesakramente, und das wird seiner Seele den Weg nicht leichter machen, doch bin ich zuversichtlich, dass sie dennoch in Gnade empfangen wird«, sagte er, aber er wirkte auf Mila seltsam abgelenkt. Sie fragte ihn schließlich, ob ihn denn noch etwas anderes bedrücke. Der Mönch seufzte tief, bevor er antwortete: » Euer Onkel hat mit Don Hernando über die Taufe der Indios gesprochen, die meine Dominikanerbrüder mit Feuer erzwingen wollen. Leider ahnt Don Hernando, von wem der Hochmeister auf diesen Plan aufmerksam gemacht wurde, und er hat mir vorgeworfen, mich gegen die Kirche, den Glauben und den Papst zu stellen!«
» Ich bin doch sicher, Ihr seid fester im Glauben als die Pizarros, Fray!«, sprach Mila ihm Mut zu.
» Euer Vertrauen ehrt mich, Condesa, doch meine Dominikanerbrüder sind ebenfalls erzürnt und wollen gegen mich Klage führen bei Pater Valverde. Dies kann mich in ernste Schwierigkeiten bringen, wie Ihr Euch denken könnt, in sehr ernste.«
» Mein Onkel ist der Adelantado, er ist die oberste Rechtsgewalt in diesem Land, Fray, Ihr solltet Euch keine Sorgen machen.«
» Leider entscheidet er nur in weltlichen Dingen, Condesa, leider nur in weltlichen, und ich fürchte, Valverde wird bald Bischof werden, und dann bestimmt er über mein weiteres Schicksal. Soweit ich weiß, haben meine Brüder schon eine Beschwerde über mich verfasst, die sie bei nächster Gelegenheit nach Caxamalca senden wollen.«
Der Mann schien völlig verzweifelt. Mila, die eigentlich gekommen war, weil sie Trost suchte, sprach ihm nun ihrerseits Mut zu: » Das Beste wird sein, wenn Ihr Eure Sicht der Dinge ebenfalls darlegt. Schreibt an Valverde, auch an den Bischof in Panama. Ich selbst werde mit meinem Onkel über diese Angelegenheit sprechen. Ich bin sicher, er wird sich für Euch verwenden.«
Als sie den verängstigten Mönch kurz darauf verließ, tat sie es in dem Gefühl, dass sich finstere Wolken über ihr
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