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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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oder?«
    » Nein, noch nie«, gab Mila zu.
    » Und, wie findest du es?«, fragte er erneut.
    » Herrlich«, sagte sie, » auch wenn ich nichts sehe.«
    » Gar nichts?«, fragte der Drache.
    » Wenn ich mich umdrehe, spüre ich das Licht der Sonne auf den Augen. Die Dunkelheit bekommt dann einen rötlichen Schimmer«, rief sie. Es war anstrengend, sich in der Luft zu verständigen.
    » Sieh lieber nach vorn«, brummte Nabu.
    Sie folgte seinem Rat. Zwar lag nur Dunkelheit vor ihr, aber den Wind in den Haaren zu spüren, war wundervoll. Plötzlich sprang die bleiche Flamme in die Finsternis. Sie flackerte lebhaft.
    » Siehst du sie?«, fragte Nabu.
    Mila nickte fasziniert, dann fiel ihr ein, dass sie ja auf Nabus Rücken saß und er das Nicken nicht sehen konnte, und sie rief: » Ich sehe die Flamme. Sie lodert.«
    » Das verdankst du der Krankheit, die ihr Drachenfluch nennt«, rief Nabu. » Dabei ist das Innere Auge doch viel eher eine Gabe.«
    » Sie ist wunderschön«, antwortete Mila. Und in ihren blinden Augen war sie das, auch wenn es nur ein blasses Flackern war, das sie wahrnahm. Eine Weile genoss sie diesen Anblick schweigend und vergaß darüber fast, dass sie in der Luft waren. » Warum wolltest du mit mir darüber in der Stadt nicht reden, Nabu?«
    Das Flackern wurde schwächer. Der Drache flog eine jähe Schleife. » Entschuldige, aber wir kamen den Bergen ein wenig zu nah«, rief er.
    » Sie verblasst«, rief Mila besorgt.
    » Es ist nicht einfach, Prinzessin«, sagte der Drache – und plötzlich war die Flamme fort.
    » Ich wusste nicht, dass es dich anstrengt«, rief sie und versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. » Auf dem Platz, da war es anders«, fügte sie hinzu.
    » Es war ein besonderer Moment für uns Drachen, und dein Geist war offen, offen genug, um uns wahrzunehmen. Was übrigens mehr als ungewöhnlich ist. Doch sollte das alles vorerst unser Geheimnis bleiben.«
    » Warum?«, fragte Mila schlicht.
    » Es ist eine Gabe, die nicht jeder versteht, und unter den Rittern, vor allem aber unter Pizarros Leuten, sind Männer, die es leicht für Hexerei halten könnten.«
    » Das ist doch Unsinn!«, rief Mila.
    » Natürlich ist es das«, rief Nabu, » aber ich sagte ja nicht, dass ich es für Hexerei halte, Prinzessin.«
    » Du verspottest mich!«, rief Mila.
    » Ein wenig vielleicht«, gab Nabu freimütig zu. » Du bist angenehm zu tragen, du bist so leicht«, rief er dann und flog höher.
    » Hier oben wird es kalt«, rief Mila etwas später nach vorn.
    » Verzeih, Prinzessin, ich vergaß, dass du weder Rüstung noch Mantel trägst«, brummte der Drache und ging in einen schnellen Sinkflug über. » Besser?«, fragte er dann.
    » Viel«, rief Mila lachend. Der Wind spielte mit ihren Haaren, und sie fühlte sich leicht und unbeschwert. » Sag, Nabu, kannst du mich die Flamme noch einmal sehen lassen?«, fragte sie nach einer Weile.
    » Du kannst versuchen, mir entgegenzukommen, Prinzessin. Sammle dich und denke an nichts mehr, nur noch an die Flamme.« Der Drache schlug noch einmal mit den Flügeln, dann war es nur noch ein Gleitflug.
    Mila versuchte es, doch nichts geschah.
    » Siehst du sie?«, fragte der Drache.
    » Nein«, rief Mila keuchend.
    » Seltsam«, sagte Nabu. » Ich spüre dich, also solltest du meine Flamme sehen können.«
    Mila schwieg. Sie richtete verbissen all ihre Gedanken nur auf das Licht, das sie unbedingt sehen wollte, aber dann sagte Nabu plötzlich: » Es ist schon gut, vielleicht lernst du es mit der Zeit, erzwingen kannst du es wohl nicht, aber warte …« Die Flamme flackerte fast sofort auf. Unsicher und blass, und doch heller als alles, was sie je zuvor in ihrem Leben gesehen hatte, stand sie vor ihrem Inneren Auge. Mila vergaß den Wind, die Sonne, den Drachen, auf dem sie saß. Die Flamme veränderte sich plötzlich: Sie flackerte stärker, züngelte zu den Seiten und nahm neue Formen an. Mila stockte der Atem. Die Flamme sprang auseinander und wurde zu einem Bild. Plötzlich tauchte eine lange Front hell brennender Berge auf, zu deren Füßen ein leeres, wüstes Land aus Feuer lag. Dann sammelten sich die Zungen der Flamme zu einer großen Stadt mit hohen Mauern, blass, bleich, geisterhaft und unwirklich … Es war zu viel. Mila schrie auf. Das Bild verschwand mit einem letzten Flackern, und tiefe Dunkelheit sank auf Mila herab. » Was war das?«, rief sie verstört.
    » Der Grund, warum manche es für Hexerei halten könnten.«
    Erst als er

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