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Drachensturm

Titel: Drachensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Gründen, über die er nicht nachdenken wollte, verknüpfte er eine unbestimmte Hoffnung mit Pitumis Worten. Und ihn beschlich das Gefühl, dass er sich an Inti versündigte, wenn er so dachte. Ein Stein brach unter ihm ab, und Kemaq stolperte. Viele Male schlug der Stein noch am steilen Hang auf, bevor er endlich im Talgrund zum Liegen kam. Wenn ich tot bin, werde ich nie erfahren, ob die Chachapoya Recht hat oder nicht, fluchte er innerlich und nahm sich fest vor, seine Gedanken von nun an nur noch auf seine Schritte zu richten.
    Nabu war die Küste entlanggeflogen, so niedrig, dass Mila sogar die Gischt der Brandung spüren und Salzwasser schmecken konnte. Dann war er weit nach Südosten, hinaus auf das offene Meer geflogen, bis sie ganz allein waren und Nabu erklärt hatte, dass selbst er nun das Land nicht mehr sehen konnte.
    » Aber die Berge, sie sind so hoch«, hatte Mila gerufen.
    » Sie sind im Dunst verschwunden, der über der Küste liegt«, hatte Nabu erwidert.
    Sie hatte ihn gebeten, ihr noch einmal die Flamme, vielleicht sogar das Meer zu zeigen, aber er hatte abgelehnt: » Du wirst bald begreifen, warum, Prinzessin«, hatte er erklärt und sich auch durch Betteln nicht erweichen lassen.
    Nun waren sie auf dem Rückweg, und Möwen und Seeschwalben begleiteten sie. Mila hörte ihre hellen Rufe.
    » Wie bist du eigentlich zu deinem Namen gekommen, Nabu?«, fragte Mila, die den Flug eine ganze Weile schweigend genossen hatte.
    » Nabu Einzahn?«
    » Nein, ich meinte Al-Nabu von Medina.«
    » Es ist mein Geburtsort, wenn du so willst. Es war ganz in der Nähe dieser Stadt, die damals noch nicht heilig genannt wurde, dass ich meinen Weg an die Oberfläche dieser Welt fand und einen Gelehrten in ebendieser Stadt, der gab mir den Namen Nabu.«
    » Ich weiß gar nicht, was er bedeutet«, gab Mila jetzt zu.
    » Es ist der Name eines alten und heute vergessenen Gottes aus dem Zweistromland. Ein Gott der Weisheit«, fügte er mit hörbarem Anflug von Stolz hinzu.
    » Ein schöner Name«, meinte Mila.
    » Das will ich meinen«, sagte Nabu und flog zwei übermütige Kurven.
    Wieder flogen sie schweigend, bis Nabu rief: » Ich sehe die Stadt. Wir werden bald landen.«
    » Schade«, erwiderte Mila, und dann, nach einer kleinen Pause, fragte sie: » Und ich darf wirklich mit niemandem über das Innere Auge reden?«
    » Ich hielte es nicht für klug«, lautete die Antwort.
    » Auch nicht mit Fray Celso? Er ist mein Beichtvater, und ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn ich ihn anlügen würde.«
    » Fray Celso würde es vielleicht verstehen, aber wenn ich mich recht erinnere, ist Pater Valverde sein Beichtvater, und der würde es ganz sicher nicht verstehen.«
    Mila seufzte. Das hatte sie nicht bedacht. Der Dominikanerpater war der Oberste unter den Priestern Pizarros und ein sehr frommer und strenger Mann. Sie hatte Angst vor ihm. » Und Marduk?«, fragte sie jetzt. » Du sagst, er hat es bemerkt, dann kann ich doch mit ihm darüber sprechen, oder?«
    Nabu brummte. » Dass ihr Menschen immer über alles reden müsst. Es gäbe weit weniger Unglück auf dieser Welt, wenn ihr einfach öfter schweigen würdet. Ja, Marduk hat etwas bemerkt, und er ist weise genug, dich nicht danach zu fragen. Daher solltest du so weise sein, ihm vorerst nicht davon zu erzählen, denn er würde nur ungern ein Geheimnis vor Maximilian verbergen, und erzählen kann er es ihm ebenso wenig wie du.«
    » Aber Onkel Maximilian wird mir doch nicht schaden wollen! Und er wird bestimmt nicht glauben, dass ich eine Hexe bin!«
    » Aber Sorgen würde er sich machen, Prinzessin, und ich glaube, davon hat er wahrlich schon genug.«
    Dem konnte Mila nichts entgegensetzen. Sie hörte die Brandung rauschen, also waren sie schon an der Küste.
    » Ich würde diese Erfahrung aber gerne mit jemandem teilen«, sagte sie, während Nabu immer tiefer ging.
    » Teile sie mit mir«, schlug Nabu vor, und dann ließ er auch schon vom schwachen Wind seine Flügel blähen, um sehr sanft auf dem großen Platz vor dem Palast zu landen.
    Kaum war Mila abgestiegen, als die Ritter und Knappen aus dem Palast kamen und sie zu ihrem ersten Ritt beglückwünschten. Jedoch fehlten die Wolfeggs, und auch der Tressler erschien nicht. Mila konnte das verschmerzen. Der Marschall nahm sie auf der Treppe in Empfang. » Ihr stellt uns vor einige Schwierigkeiten, Comtesse, denn unser Ritual ist für junge Männer, nicht für Frauen vorgesehen, und Fray Celso hat mich schon zweimal

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