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Drachentau

Drachentau

Titel: Drachentau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Roose
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Antwort. Mischa konnte sie immer weniger leiden.
    Rosa setzte sich hinter das Gebäude neben einen Rhododendron-Busch und lehnte sich an die Hauswand. Früher hatte sie hier oft mit ihren Schulfreundinnen verstecken gespielt oder Pläne ausgeheckt, wie sie die Jungs ärgern konnten. Sie schloss die Augen und ließ hemmungslos die Tränen laufen. Alle Ereignisse der letzten Nacht schütteten sich über sie aus. Alle Siege, alle Anstrengung, alles Aushalten und jetzt auch noch Ablehnung. Am schlimmsten war, zu spüren, wie sehr sie Jakob vermisste. Aber sie durfte nicht zu ihm gehen. Tumaros war es ernst. Er würde es merken, es riechen, hören oder sonst was und niemand hier würde am Leben bleiben. Auch sie und die Kinder nicht. Rosa verbarg ihr Gesicht in ihren Händen und schluchzte leise vor sich hin, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Erschrocken zuckte sie zurück und blickte auf.
    Emilia stand vor ihr. »Rosa, Liebste. Du bist am Leben! Die Nachricht ging wie ein Lauffeuer durchs Dorf. Kein Tag verging, an dem wir nicht an dich gedacht haben. Was machst du hier? Bist du zurückgekommen?«
    Emilia wollte Rosa in den Arm nehmen, aber diese wehrte entschieden ab. »Emilia, bitte gehe wieder weg. Ich darf nicht mit dir reden. Mit niemandem. Du weißt nicht, was er tut. Bitte geh!«
    Emilia sah auf ihre Brandwunden und nickte. »Ich habe dir einen Korb mit Proviant gebracht.« Sie stellte den Korb auf den Boden, küsste Rosa sanft auf die Wange und ließ sie allein.
    Rosa sah ihr nach. Sie hätte ihr tausend Dinge zu erzählen und zu klagen gehabt.
Die Einsamkeit ist in mir drinnen,
dachte Rosa.
Ich nehme sie mit, egal wohin ich gehe. Ich bin eine Drachenbraut.
    Der erste Schultag verging wie im Fluge. Mischa würdigte sie keines Blickes, erwiderte auch ihren Abschiedsgruß nicht.
    »Nächste Woche kommen wir wieder«, sagte Rosa beim Hinausgehen.
    »Die Schule beginnt um neun«, antwortete Mischa fast nebensächlich. Rosa sagte nichts. Dann eben um neun.
    Gemeinsam setzten sie sich neben den Rhododendron-Busch und schauten in Emilias Korb. Gebratene Hähnchenbrüste, dicke Scheiben Weizenbrot mit Honig, Äpfel und Milch fanden sie darin. Sie waren begeistert, bissen mit großem Appetit in die Brote. Eine kleine Entschädigung für den mühsamen Tag. Die Kinder waren sehr schweigsam, schauten still auf ihre Hände. Immer wieder kam ein Bär aus dem Dorf vorbei und starrte sie unverhohlen an, mal neugierig, mal gleichgültig, mal hasserfüllt. Aber das war nichts gegen ihren Rückweg. Sie gingen den Mittelweg hinunter. Alle Bären standen vor ihren Zäunen. Ihre Blicke waren Schläge ins Gesicht.
    »Schaut nicht hin«, sagte Rosa. »Geht einfach weiter. Beachtet sie nicht. Sie werden sich schon noch an uns gewöhnen.«
    Bernhard und Letizia klammerten sich an Rosa fest. Ella und Emil fassten sich an den Händen. Den Kopf hielten sie gesenkt.
    Als sie die letzte Hütte passiert hatten, kam Bodo ihnen entgegen. »Rosa! Komm mit mir! Gehe nicht wieder zurück. Bitte!« Eindringlich sah er sie an.
    Sie erwiderte seinen Blick. »Du weißt nicht, was du sagst. Wenn ich nicht zu ihm gehe, kommt er hierher und keiner wird am Leben bleiben.«
    Bodo schüttelte den Kopf. »Wir werden alle das Dorf verlassen. Ich werde dich beschützen.« Er versuchte, Rosas Hand zu nehmen.
    Sie wehrte ab. »Sei kein Narr, Bodo. Hast du nicht gesehen, wie die Bären uns angestarrt haben. Glaubst du, einer von ihnen wird meinetwegen das Dorf verlassen wollen?«
    »Dann werden wir uns verstecken«, versuchte er es weiter.
    Rosa lachte freudlos. »Verstecken? Vor Tumaros? Du kannst dich vor ihm nicht verstecken. Er kann deinen Herzschlag hören. Er findet dich überall. Jedes verdammte Erdloch wird er umgraben, bis er uns alle getötet hat.« Sie schob Bodo beiseite. »Geh aus dem Weg. Ich muss vor Sonnenuntergang zu Hause sein.«
    Er schaute sie noch einmal eindringlich an. »Zu Hause?«
    »Ja, zu Hause. Ich habe nur dieses eine.«
    Sie gingen weiter. Nach ein paar Metern drehte Rosa sich noch einmal um und sie blickten sich an. Hilf mir, sagte sie stumm.
    Sie kamen an Jakobs Hütte vorbei. Er war nicht draußen, aber hinter der Fensterscheibe sah Rosa seine Umrisse. Sie schaute zum einsamen Berg. Der Weg war noch weit und es ging stetig bergauf. Sie mussten es schaffen, irgendwie, vor Sonnenuntergang. Die Kinder gingen klaglos, immer langsamer werdend, Schritt für Schritt. Auch sie wussten, dass sie pünktlich sein mussten. Rosa nahm

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