Drachentau
möchte ich wissen. Und ich möchte wissen, wie wir ihr helfen können. Es muss doch einen Weg geben, sie zu befreien?« Bodo ging zum Kamin und schmiss einen Holzscheit in das Feuer.
»Was denkst du, wie sie es geschafft hat, dass sie zur Schule dürfen?«
»Gute Frage, Emilia. Ich würde sagen, es ist eben Rosa.«
»Du hast recht, sie ist stark. Sie hat überlebt. Bis jetzt. Wir brauchen Eschagunde. Wenn es eine Möglichkeit gibt, Rosa zu befreien, dann kann sie es uns sagen. Niemand kennt den Drachen besser.«
Bodo zuckte die Schultern. »Niemand weiß, wann sie kommt oder ob sie überhaupt jemals wiederkommt. Notfalls ziehe ich persönlich in den Kampf.«
Emilia blickte ernst. »Das wirst du schön lassen, mein Lieber. Dann sterben wir alle. Rosa ist womöglich die einzige Überlebende und fristet ein noch schlimmeres Dasein als jetzt.«
»Ist schon gut, du hast ja recht.«
»Aber du hast auch recht. Wir können mit der Hilfe nicht ewig warten.«
»Was schlägst du vor?« Bodo sah Emilia fragend an.
»Gehen wir davon aus, sie kommt jetzt öfter. Ich werde ihr jedes Mal einen Proviantkorb bereiten. Sie sind entsetzlich mager.«
Bodo zog die Stirn kraus. »Das ist gut. Ich werde sie auf dem Rückweg begleiten und die beiden kleinen Bären tragen, soweit ich mitgehen kann.«
Emilia verzog den Mund. »Glaubst du, das geht? Sie hat doch sehr deutlich gesagt, dass sie nicht mit uns reden darf.«
»Ich werde mir Rosas alten Mantel von Jakob holen, dann riechen die Kinder nicht nach mir und das Scheusal merkt es nicht. Das wäre doch gelacht, wenn wir dieses Ungeheuer nicht überlisten können.«
»Bodo, du bist genial. Sie soll zu Mischa gesagt haben, dass sie nächste Woche wieder kommt.«
»Gut, wir sind bereit. Was denkst du, Emilia, sollen wir mit Jakob reden?«
Emilia goss sich einen Kaffee ein und nahm nachdenklich einen Schluck. »Ich weiß es nicht. Lass uns damit noch warten. Er muss es auch erst mal verdauen.«
»Ja, vielleicht hast du recht.«
Die nächste Woche kam. Aber Rosa kam nicht, auch die folgenden Wochen nicht. Emilia stand jeden Morgen bereit am Gartenzaun und wartete. Vergeblich. Aber nach drei Wochen war es wieder so weit. Sie sah die kleine Kolonne den Weg herunter kommen. Rosas Anblick erklärte das lange Fernbleiben. Einige Brandwunden eiterten. Ihr linker Arm war geschwollen. Emilia ging auf Rosa zu und gab ihr den Korb. Dabei betrachtete sie die Kinder genauer. Sie waren ohne Zweifel von schöner Gestalt. Der Kleine mit den blauen Augen gefiel ihr besonders. Er hatte etwas sehr Entschlossenes, genau wie Jakob.
Ihr Blick ging wieder zu Rosa. »Ich komme nachher hinter die Schule und bringe dir Wundsalbe«, sagte sie kurz und wandte sich ab. Rosa sollte auf keinen Fall Schwierigkeiten bekommen.
»Nein, bitte nicht«, rief Rosa ihr leise hinterher.
Emilia drehte sich noch einmal um und nickte schweigend. Noch mehr Wunden passten nicht auf Rosas Körper.
Rosa freute sich über den Korb. Sie hatte gesehen, dass Emilia auf sie gewartet hatte. Wenn sie doch nur mit ihr reden könnte. Sie seufzte. Der Arm schmerzte noch sehr.
Mischa war alles andere als erfreut, als er die Drachenkinder sah. »Zur Schule darf nur gehen, wer regelmäßig kommt«, sagte er mit drohender Stimme.
Rosa streckte sich. »Wir kommen regelmäßig.«
Er ging einen Schritt auf sie zu. »Nicht regelmäßig genug. Wer nicht kommt, wird vom Unterricht ausgeschlossen. Verschwindet wieder.«
Bernhard löste sich von Rosas Hand und baute sich vor Mischa auf. »Wenn du uns nicht in die Schule lässt, sag ich es meinem Vater.« Er warf den Kopf in den Nacken.
Mischa wich sämtliche Farbe aus dem Gesicht. Er sah Bernhard an und schluckte.
»Bernhard, du weißt nicht, was du sagst. Komm wieder her«, forderte Rosa ihn auf.
»Schon gut, schon gut«, sagte Mischa. »Geht rein. Letzte Reihe. Keinen Mucks.« Und leise zu sich: »Drachenbrut«.
Wieder eine Schlacht geschlagen, wenn auch mit fragwürdigen Mitteln,
dachte Rosa und setzte sich neben den Rhododendron-Busch. Sie musste lachen, als sie an Bernhard dachte. Er war der Kleinste und gescheit wie ein Großer. Ohne Zweifel hatte er viel Drachenblut, aber auch viel von Jakob. Er war ein besonderer Bär, mit vielen wunderbaren Eigenschaften, die nur in gute Bahnen gelenkt werden mussten.
Allein für ihn,
dachte Rosa,
hat es sich gelohnt, dass ich eine Drachenbraut bin.
Der Tag barg noch eine Überraschung. Auf dem Nachhauseweg sah sie Bodo auf Jakobs Bank
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