Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachentau

Drachentau

Titel: Drachentau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Roose
Vom Netzwerk:
konnte den Schmerz lindern. Er saß in seiner Brust fest, fragte ihn nicht nach Zeit und Raum. Die Welt drehte sich weiter und er wurde mitgedreht, ob er wollte oder nicht.
    Das größte Rätsel war Eschagunde. Warum nur kam sie nicht? Sie hätte Rosa mit einem Gegenzauber schützen können. Vielleicht war ihr etwas Schreckliches passiert? Wenn sie nicht kam, hatte sie einen guten Grund, soviel war sicher. Das allerletzte Fünkchen Hoffnung, dass es noch gab, ließ seit Ewigkeiten auf sich warten.
    Jakob sah, wie sich einige Bären aus dem Dorf näherten.
Haben die nichts Besseres zu tun, als hier herumzuschnüffeln
, dachte er, nahm den Korb, ging in die Hütte und schloss die Tür hinter sich ab.
    Vor Sonnenaufgang stand Jakob am nächsten Tag auf und kochte sich seinen Kaffee. Am Küchentisch beobachtete er, wie der Himmel sich rötlich färbte und langsam heller wurde. Es versprach, ein schöner Tag zu werden, aber Jakob kümmerte das nicht. Er ging hinaus, versorgte die Hühner und ließ sich auf seiner Bank nieder. Gedankenverloren schaute er zum Wald und staunte nicht schlecht, als er vorm einsamen Berg eine kleine Schneise ausmachen konnte. Sollte das etwa ein Weg sein? War das wieder so eine Teufelei, die der Drache ausgeheckt hatte? In früheren Zeiten wäre er jetzt zu Mischa gegangen. Jakob behielt den Wald im Auge.
    Alles blieb ruhig, bis ganz unverhofft vier Bärenkinder im Gänsemarsch aus dem Wald kamen, direkt auf ihn zu. Jakob richtete sich auf. Wo kamen die jetzt her, dazu aus dem Finsterwald? Hinter ihnen ging eine Bärin, die sie zur Eile antrieb. Als sie näher kamen, sah er, dass die Bärin einen entsetzlichen Anblick bot. Ihr Fell war stumpf, am Kopf fehlte es ganz und sie war über und über mit Wunden bedeckt. Sie strich sich mit den Händen über den Kopf und da erkannte er Rosa. Das Herz blieb ihm stehen. So elend hatte er sie sich in seinen schlimmsten Träumen nicht vorgestellt. Ihre Blicke trafen sich. Bitte sag nichts, sagte sie mit ihren Augen. Jakob schwieg versteinert. Die kleine Kolonne zog an ihm vorüber. Er schaute ihnen nach. Wo wollen die bloß hin? Waren das etwa Rosas Kinder?
    Er stand auf und ging ihnen in sicherem Abstand hinterher. An der Schultür blieb er stehen und hörte von draußen Mischas ärgerliche Stimme. So durfte er nicht mit Rosa reden! Sie war noch immer seine Enkelin und die Kinder seine ... ach, weiß der Teufel. Er öffnete die Tür und sah sich Mischa gegenüber, der gerade eine abfällige Handbewegung zu den Kindern machte. Er bemerkte Jakob nicht und sprach ungehindert weiter.
    »Du hast hier kein Recht mehr, Rosa. Du bist eine Drachenbraut. Was soll ich mit den Kindern anfangen. Der da ist noch viel zu klein. Außerdem hat er blaue Augen, sieht jeder gleich, dass er ein Drache ist. Ich sage dir, verschwinde.«
    »Und ich sage dir, du lässt die Kinder hier zur Schule gehen«, antwortete Jakob mit zornbebender Stimme. Rosa fuhr herum.
    »Wenn du die Kinder nicht in die Schule lässt, verlasse ich noch heute das Dorf.«
Blicke fuhren wie Schwerter aneinander.
    »Verdammt, du alter Sturkopf. Siehst du nicht, was für Probleme das gibt?«, fauchte Mischa.
    »Mein letztes Wort.« Jakob wandte sich zum Gehen, sah noch einmal zu Rosa, die sich mit einem Lächeln bedankte. Ihr Blick traf sein Herz. Schnell drehte er sich weg. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
    »Gut, dann kommt ihr eben rein. Aber wehe, ich höre einen Mucks von euch. Und ihr sitzt in der letzten Reihe.« Mischa spuckte auf den Boden und ging zurück in den Klassenraum.
    Rosa schob die Vier an, dass sie ihm folgten. In der letzten Bank nahmen sie Platz. Alle Augen waren auf sie gerichtet.
    »Was sind das denn für welche?«, fragte eines der Kinder.
    »Iiieeeh, der eine hat blaue Augen«, rief ein anderes. Alle fingen an zu lachen.
    Bernhard sehnte sich nach seiner Drachenhöhle und schluckte die Tränen runter.
    »Ich warte hinter der Schule auf euch. Benehmt euch gut, bitte.« Rosa küsste jedes ihrer Kinder noch einmal auf die Stirn und ging hinaus. Emil, Ella, Letizia und Bernhard saßen in einer Reihe und wagten nicht aufzublicken. Letizia nahm Bernhards Hand und hielt sich daran fest.
    »Ruhe jetzt! Der Unterricht geht weiter. Wir haben vier neue Schüler. Beachtet sie nicht«, sagte Mischa mit strengem Ton.
    Aber es war schwer, sie nicht zu beachten. Schnell begriffen sie, wie es in der Schule zuging, und meldeten sich bei jeder Frage. Schlimmer noch, sie wussten stets die richtige

Weitere Kostenlose Bücher