Drachentau
Mantel ab und setzte sich.
»Ist Bodo noch nicht da?«, fragte sie.
Jakob setzte sich dazu. »Ich denke, Bodo wird nicht kommen.«
»Warum denkst du das?«
»Bauchgefühl. Er ist zur Drachenhöhle gegangen.«
Emilia schaute zur Tür. Es konnte stimmen. Bodo war immer sehr pünktlich.
»Und was machen wir jetzt?« Emilia schaute Jakob an und ihre Blicke hielten sich fest.
»Wir gehen erst einmal zu Mischa und beraten uns mit ihm. Das Dorf muss gewarnt werden.«
Emilia nickte. »Und dann?«
»Und dann?« Jakob nahm Emilias Hand. »Dann kümmern wir uns um uns.« Er löste sich von ihrem Blick schaute auf den Tisch. »Das heißt, wenn du willst?«
Emilia drückte schweigend seine Hand.
Sie leerten ihre Kaffeebecher und machten sich auf den Weg zu Mischa. Still gingen sie nebeneinander her.
Mischa war froh, sie zu sehen. »Ich wollte gerade zu dir aufbrechen, Jakob. Gut, dass du da bist. Grüß dich, Emilia. Setzt euch hin. Was gibt es Neues?«
Jakob und Emilia setzten sich nebeneinander an den Küchentisch. Mischa schenkte Kaffee ein. Emilia wärmte sich die Hände am Becher.
»Es gibt nichts Neues, Mischa«, sagte Jakob. »Aber ich denke, es ist nur noch eine Frage von Stunden, bis das Drachenmonster hier auftaucht. Lass uns nicht länger warten und die anderen im Dorf warnen.«
Mischa nickte ernst. »Ich glaube, eine Warnung reicht nicht. Wir müssen das Dorf verlassen.«
»Nein. Ich verlasse das Dorf nicht.«
»Du nicht. Aber ich denke viele andere wollen gehen.«
»Ich fürchte, zum Gehen ist es zu spät«, sagte Emilia. »Wir sollten unsere Verstecke aufsuchen.«
Jakob und Mischa nickten.
»Du hast recht. Es ist zu spät für eine Flucht. Wir müssen unseren alten Plan aktivieren. Jemand stellt sich an die Glocke und alle sollen bereit sein«, sagte Mischa. »Kommt, wir trommeln das Dorf zusammen. Dies ist die dunkelste Stunde seit dem letzten Drachenangriff.«
Alle drei erhoben sich und gingen gemeinsam zum Dorfplatz. Mischa schlug mit aller Kraft die Glocke. Es dauerte nicht lange, bis das Dorf versammelt war. Mischa ergriff das Wort.
»Wir haben Kunde vom einsamen Berg, dass der Drache sich rührt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er angreift. Packt eure Sachen und haltet euch zur Flucht bereit. Einer muss an der Glocke Wache stehen und Alarm schlagen, sobald er den Drachen sieht. Wir haben nicht viel Zeit. Jeden Augenblick kann es zu spät sein.«
Stille lag auf dem Dorfplatz. Niemand sagte ein Wort. Nicht einmal Hühner-Emma brach in Tränen aus.
Schließlich meldete sich Ferdinand. »Meine Sachen sind noch gepackt. Ich habe dem Frieden nie getraut. Ich übernehme die erste Wache.«
»Einverstanden«, nickte Mischa ihm zu.
Schweigend ging die Dorfgemeinschaft auseinander.
Jakob hielt Emilia fest. »Musst du viel packen?«
»Nein«, antwortete sie. »Auch ich habe dem Frieden nie getraut.«
»Willst du dann dein Bündel holen und mit zu mir kommen?«
Emilia lächelte erfreut. »Gerne möchte ich das.«
Gemeinsam holten sie Emilias Sachen. Als sie die letzte Hütte am Mittelweg passiert hatten, nahm Jakob Emilias Hand. Schweigend gingen sie weiter.
Auf der alten Holzbank vor der Hütte ließen sie sich nieder. Die Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen und Emilia zog ihren Mantel aus. Jakob brauchte ohnehin meistens keinen. Der Finsterwald stand wie eine Mauer vor ihnen und nur die Vögel, die unbeeindruckt von aller Bedrohung sangen, ließen diese Mauer porös erscheinen. Über dem Wald thronte mit spottender Schönheit der Drachenberg. Lange Zeit schwiegen sie und lauschten dem Treiben der Natur.
»Hier habe ich Rosa das letzte Mal gesehen, bevor der Drache sie mitgenommen hatte«, brach Jakob die Stille. »Ich war in der Hütte, als ich hörte, wie er über das Haus flog. Ich wusste nicht, dass Rosa zurückgekommen war. Als ich vernahm, dass er landete, habe ich es geahnt. Ich bin hinausgelaufen. Da habe ich sie gesehen. Sie stand schon beinahe vor ihm und hat mit ihm gesprochen. Ich habe geschrien, so laut ich konnte, komm zurück, Rosa, komm zurück.«
Jakobs Stimme wurde brüchig. Er schaute auf den Boden. Emilia nahm seine Hand.
»Aber sie ... ist nicht gekommen. Sie hat ... sich nicht einmal umgedreht. Ich konnte nichts tun, Emilia.« Immer leiser sprach Jakob. »Nichts ... gar nichts. Sie ist an ihm hochgeklettert ... hat sich auf seinen Nacken gesetzt ... Er hat ... sie ... mitgenommen.« Jakobs Stimme versagte.
»Du konntest nichts tun«, sagte Emilia
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