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Drachentempel 01 - Sternenträume

Drachentempel 01 - Sternenträume

Titel: Drachentempel 01 - Sternenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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einem Durchmesser von siebzig Kilometern, die auf dieser öden Welt erblüht war, nachdem sich die Atmosphäre erwärmt hatte.
    Eines Tages würde sie platzen. Die Nullthene-Membranen würden aufreißen, und die irdische Brut in ihrem Innern würde sich über den gesamten Planeten ausbreiten. Erst mit diesem Bild im Kopf gelang es ihm, die enorme Größe des Unternehmens zu begreifen, das seine Heimatwelt war. Die endlosen Statistiken und Simulationen wollten ihm einfach nicht in den Kopf, all die Dinge, die ihnen in der Schule vermittelt wurden.
    Hinter den letzten Produktionsanlagen und Raffinerien erstreckte sich die Tundra bis zum scharf umrissenen Horizont; schmutziger, rötlicher Boden, der nur von Felsbrocken und uralten bröckelnden Gräben durchzogen war. Große dunkle Flecken durchsetzten die Einöde. Als sich der Barclay-Gletscher gebildet hatte und die Temperaturen ins Bodenlose gefallen waren, hatte es noch immer Wälder gegeben. Die Bäume waren längst abgestorben, vertrocknet und erfroren, doch der Gletscher hatte die Winde ersterben lassen, die einst über den Planeten gezogen waren. Nichts hatte die dicken Stämme erodiert. Die im Boden verbliebene Feuchtigkeit war zu Eis kristallisiert und hatte die Oberfläche hart wie Beton gemacht. Sand und Staub waren festgefroren.
    Und die toten, geschwärzten Pflanzen waren aufrecht stehen geblieben. Allein die Zeit hatte sie altern lassen, denn es gab keine Witterung mehr. Doch im Verlauf von hunderttausend Jahren hatten selbst die Bäume ihre Kraft verloren. Sie waren langsam korrodiert; schwarze Flocken waren abgefallen und ringsum auf den Boden geschneit, bis die Stämme so viel Substanz verloren hatten, dass die gesamte brüchige Säule in sich zusammengefallen und zersplittert war wie antikes Glas. Meist hatten sie weitere Stämme in ihrer Umgebung mit sich gerissen. Wo einst die Wälder gestanden hatten, erstreckten sich nun ausgedehnte schwarze Ebenen aus totem organischem Material.
    Die Kinder verstummten nach und nach, als sich die neue Landschaft vor dem Bus entfaltete – hier war der Ort, an dem ihre Zukunft Gestalt annehmen würde. Die ersten Auswirkungen von HeatSmash waren bereits zu sehen. Einschnitte und Vertiefungen waren von winzigen arktischen Pflanzen bevölkert. Sie waren allesamt genetisch an die Bedingungen dieser Welt angepasst, nicht nur, um die Kälte zu ertragen, sondern auch die ausgedehnten Hell-Dunkel-Phasen. Pflanzen, die oberhalb des irdischen Polarkreises gediehen, waren am ehesten geeignet, um auf Amethi zu gedeihen. Ihre Gene hatten nur wenige virale Modifikationen benötigt, um der Feindseligkeit dieser eisigen Wüste zu widerstehen.
    Einige der Pflanzen blühten sogar, winzige goldene und korallenfarbene Trompeten oder Sterne. Die bedeutendste Errungenschaft der Genetiker war die Anpassung des Bestäubungsvorgangs; die Sporen wurden von aufreißenden Staubbeuteln unter Druck in die stille Luft hinauf geschleudert. Die schwachen Winde, die nach und nach wieder erwacht waren, ersetzten die Notwendigkeit von Insekten. Keine dieser winterharten mehrjährigen Pflanzen war in einem Treibhaus herangezüchtet und von Menschenhand ausgepflanzt worden – sie hatten sich selbst ausgebreitet. Die ersten ungeschützten terrestrischen Kolonisten.
    Auf den Felsen wuchsen gelbe und rote Flechten, überzogen Klippen und kleinste Steine inmitten der ausgedehnten schwarzen Dünen. Ihre Sporen waren von automatischen Flugzeugen aus großer Höhe verstreut worden, um den neuen ökologischen Zyklus zu beschleunigen. Die steigende Wärme und Feuchtigkeit trugen ihren Teil zur Verbreitung bei.
    Lawrence mochte die bunte Invasion, die sich über die bleiche Tundra ausbreitete, ein Zeichen für die gewaltige Errungenschaft der Menschen auf Amethi. Es war zutiefst beruhigend, dass menschliche Wesen imstande waren, derart visionäre Unternehmungen durchzuführen. Lawrence musste lächeln. Hier draußen war es leicht, sich in Tagträumereien zu ergehen, während der Bus in ein Reich grenzenloser Möglichkeit raste.
    Sein Blick glitt nach oben, und er blinzelte. Plötzlich war er hellwach. Er wischte mit den Händen seinen Atem von der trotz der Isolierung beschlagenen Scheibe. Dort oben am Himmel bewegte sich etwas sehr Merkwürdiges. Er schlug gegen das Glas, um den anderen zu zeigen, wohin sie sehen sollten. Dann, als ihm bewusst wurde, dass niemand auf ihn achtete, griff er nach oben über das Fenster, wo sich der rote Nothaltegriff befand. Ohne

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