Drachentempel 01 - Sternenträume
Sir.«
Mr. Kaufman sah ihn nachdenklich an. Er wirkte nicht überzeugt.
»Fasst sie nicht an!«, rief Mrs. Segan ihnen zu. Sie drängte sich an Mr. Kaufman vorbei, während sie dicke Handschuhe überstreifte. »Denkt an das, was ich euch gesagt habe – sie sind an die Kälte angepasst und vertragen keine Hitze.«
Lawrence und Alan wechselten einen verstohlenen Blick.
Mrs. Segan hob den ersten Plattwurm auf. Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, als sie das große rote Mal um seine Leibesmitte bemerkte. Sie trug den Wurm zum nächsten Tank. »Was habt ihr getan!«, schrie sie wütend. All die Plattwürmer im Tank hatten den gleichen roten Fleck. Keiner bewegte sich. Sie eilte zum nächsten Tank und stöhnte auf. Im dritten Tank waren noch ein paar Plattwürmer, die sich langsam bewegten – Lawrence und Alan hatten noch nicht alle herausgenommen und rennen lassen. Sie wirbelte zu den beiden Jungen herum. Lawrence wich einen Schritt zurück, aus Angst, sie würde nach ihm schlagen. Sie bebte vor Zorn. »Ihr habt sie alle verbrannt, ihr kleinen …!« Sie wandte sich zu Mr. Kaufman. »Die Führung ist vorbei. Schaffen Sie diese Bälger hier raus!«
Vor einigen Jahren hatte Lawrence die Robot-Werkstatt in Besitz genommen. Als man das AS-Programm für die Gartenpflege aufgerüstet hatte, waren die kompakten Kettenmaschinen, die ursprünglich die kunstvollen Gärten der Kuppeln instand gehalten hatten, gegen neuere, effizientere Modelle ausgetauscht worden. Lawrence hatte die alte Betonrampe inmitten einer Gruppe kupferfarben blühender Büsche entdeckt, die den nicht länger benötigten Eingang überwucherten. Auf Amethi waren Wartungsbauten entweder unterirdisch angelegt, oder sie befanden sich außerhalb der Kuppeln. Wo derartiger Aufwand erforderlich war, um beschränkten Lebensraum zu schaffen, taten die Bewohner alles, um die wertvolle Fläche nicht mit Straßen oder Wegen oder kleinen Gebäuden zu füllen. An der Basis der Rampe fand Lawrence ein Schwungtor mit alten, schwergängigen Hebelarmen. Es kostete den Neunjährigen erstaunliche Anstrengung und Beharrlichkeit, das Tor zu öffnen, doch schließlich gelang es ihm, und er wurde mit einer staubigen Betonhöhle belohnt, die sich gut zehn Meter vor ihm erstreckte. Die Decke war kaum zwei Meter hoch und genau wie die Wände und der Boden mit Metallschienen überzogen, über die einst Waldo-Arme gefahren waren. Es gab noch Strom, und der Datenknoten funktionierte ebenfalls noch.
Seit damals war die Höhle zu Lawrences Unterschlupf geworden. Er hatte alles Lebensnotwendige hineingeschafft und den Raum mit einem magentafarbenen Ledersofa, haufenweise Kissen, zwei Tischen, einem alten Desktop-Pearl und einem Soundsystem vollgestopft. Das Soundsystem besaß einen Schalldruck, um den ihn die meisten Rockbands beneidet hätten. Außerdem gab es zwei aktive Memory-Türme, die sein Vater im Büro für ihn abgestaubt hatte, und jede Menge Spielsachen, mit denen er nie spielte. Sobald die Tür geöffnet wurde, spielte ein Kaleidoskop von Bildern los, teilweise aus den Memory-Türmen, teilweise Lifestreams aus dem Datapool.
Es war ein großartiger Zufluchtsort, an dem er sicher war vor seiner Familie und dem Rest von Amethi. Selbst seine vier jüngeren Geschwister trauten sich nicht hierher, es sei denn, er lud sie ausdrücklich ein.
Unmittelbar nach dem Schulausflug in die Slowlife-Farm hatte sich Lawrence hierher zurückgezogen. Die Flachschirme zeigten verschiedene Bilder von Templeton, aufgenommen mit Kameras hoch oben in den Kuppeln. Auf einem war die helle Sichel von Nizana zu sehen, aufgenommen durch ein Teleskop auf der anderen Seite des Planeten. Eine weitere Kamera war auf Barric gerichtet, den drittgrößten Mond des Systems.
Lawrence befahl dem Desktop-Pearl, eine Kamera zu suchen, die Bilder vom Raumhafen übertrug, und sie auf den größten Schirm zu legen, der gegenüber dem Sofa an der Wand hing und sie zur Hälfte einnahm. Die Kamera schien direkt auf dem Kontrollturm zu sitzen und zeigte das breite graue Betonfeld der Rollbahn, das nach draußen in die eintönige, rötlich schwarze Wüste ragte. Nichts bewegte sich dort.
»Dann besorg mit eine Folge von Flight: Horizon !«, befahl er dem Pearl.
»Welche?«, fragte das Programm.
»Ist mir egal. Nein, warte! Erste Staffel, Episode fünf. Creation-5. Ich möchte die dritte Person mit der Änderung, die ich beim letzten Mal eingefügt habe. Leg es auf den großen Schirm und schalte
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