Drachentempel 01 - Sternenträume
Weile damit, ihr zu erklären, worum es ging und ihr das Spiel zu zeigen, bevor der Instinkt ihm riet, endlich die verdammte Klappe zu halten und das Thema zu wechseln.
Als sie ihn fragte, was er an diesem Abend vorhatte, sagte er: »Keine Ahnung. Bis jetzt noch nichts.«
»Ich möchte die Band in der Hotelbar hören. Sie ist wirklich gut. Ich hab sie schon gestern Abend gehört. Ich hab dich nicht dort gesehen.«
»Nein, ich … ich war aus. Aber ich, äh, ich würde gerne mitkommen. Wenn du frei bist, heißt das.«
Sie schien zufrieden mit seiner Antwort. Er hatte kleine Grübchen auf ihren Wangen bemerkt, die sich vertieften, wenn sie sich über etwas freute. Es war kein Lächeln, eher sittsame Zustimmung. »Also haben wir ein Date.«
Lawrence lächelte glücklich und unterdrückte seinen Drang, laut aufzujubeln. Ein Date! Aber … hatte er um ein Date gebeten, und war seine Bitte angenommen worden? Oder war am Ende sie diejenige, die ein Date mit ihm gewollt hatte? Es spielte keine Rolle. Er hatte ein Date!
»Ich tanze wahnsinnig gerne«, sagte Roselyn zufrieden.
Fast hätte Lawrence laut aufgestöhnt.
Wie konnte es so einfach sein, sich mit dem lieblichsten Mädchen auf ganz Amethi für etwas zu verabreden, worin er eine vollkommene Niete war? Er verbrachte eineinhalb Stunden damit, sich auf seinem Zimmer fertig zu machen. Sieben Minuten unter der Dusche, in denen er den größten Teil der wirklich blödsinnig kleinen Seifen und Deodorants aufbrauchte, die das Hotel zur Verfügung stellte. Drei Minuten, um in seine blassgrünen Jeans und das grau-blaue T-Shirt zu schlüpfen und die schwarzgoldene Weste überzuziehen, ungefähr das Schickste, was er an Kleidung besaß. Mutter hatte darauf bestanden, dass er sie mitnahm, für den Fall, dass sein Vater ihn zum Essen mitnehmen wollte – danke, Mutter! Und achtzig Minuten mit seinen optronischen Membranen, die ihm einen Phantom-Tanzlehrer vorgaukelten – er musste die I-Tutorien des Hotels dafür bemühen, denn er hatte nichts dergleichen in seinen eigenen Memorychips. Gott sei Dank kannte er wenigstens ein paar Grundlagen; seine Familie gab zwei oder drei formelle Partys jedes Jahr, bei denen von ihm erwartet wurde, irgendwelche abscheulichen Großtanten und revoltierende zehnjährige Nichten auf die Tanzfläche zu führen. Es ging also lediglich darum, seine Kenntnisse aufzufrischen.
Erst als er sein Aussehen auf dem Weg nach draußen noch einmal im Spiegel überprüfte, fiel ihm auf, dass er weder wusste, um was für eine Sorte Band es sich handelte, noch welche Musik sie spielte.
Lucy O’Keef, Roselyns Mutter, öffnete die Tür, als er klopfte. Sie war jünger als Lawrences eigene Mutter und besaß eine Menge mehr Energie. Lawrence fühlte sich an eine Tante aus der väterlichen Linie der Familie erinnert; sie war eine von jenen unabhängigen Frauen, die jedes Jahr ein paar Monate mit Beratertätigkeiten oder Softwaredesign verbrachten und die restliche Zeit auf Partys gingen oder Tennis spielten. Klug, aktiv, gesund, pragmatisch und unterhaltsam. Lawrence sah auch, dass Roselyn die Schönheit ihrer Mutter geerbt hatte; beide besaßen die gleiche kleine Nase und die gleichen hohen Wangenknochen.
»Du bist also Lawrence?« Ihre Stimme klang rauchig und amüsiert.
»Ja, Ma’am.«
»Komm herein, sie ist fast fertig.«
Die O’Keefs wohnten in einer Suite mit drei Schlafzimmern. Die jüngeren Geschwister waren im Wohnzimmer und kicherten. Er hatte sie am Nachmittag kennen gelernt, und sie hatten ihre Grenzen bereits abgesteckt. Sie waren ein Ärgernis, wie alle jüngeren Geschwister, doch sie waren zu sehr von den Wundern dieser neuen Welt gefangen, um wirklich widerwärtig zu werden. Er nahm ihre Sticheleien gutmütig auf und rief sich immer wieder ins Gedächtnis zurück, dass Roselyn eines Tages auch seine Geschwister würde ertragen müssen. Das heißt … falls es so weit kam.
Als sie aus ihrem Schlafzimmer kam, trug sie ein einfaches navyblaues Kleid mit einem Rock, der auf halbem Weg zu den Knien endete. Es machte sie noch verführerischer als ihre Bikinis.
»Viel Spaß«, sagte Lucy.
Die Bar sah aus wie alle Bars in Fünf-Sterne-Hotels im ganzen Universum. Genau gegenüber dem Eingang befand sich ein kleiner halbrunder Tresen mit Dutzenden von Flaschen auf verspiegelten Regalen. Tiefe Sofas und Plüschsessel waren um kleine Tische herum arrangiert. Von der hohen Decke fiel gedämpfte Beleuchtung. Und natürlich fehlte das große Piano
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