Drachentempel 02 - Drachenfeuer
seine Uniform. »Wie bin ich …?«
»Ich hab dich hergebracht«, sagte sie mit einem Unterton von Amüsiertheit. »Diesmal war ich an der Reihe, dich aus der Bar zu retten.«
»Danke.« Er setzte sich vorsichtig auf. »Schulde ich dir jetzt einen Zwanziger?«
»Nein. Ein Freund hat mir geholfen, dich in eine Tram zu verfrachten. Es gibt eine Haltestelle kurz vor dem Ende dieser Straße.«
»Ah, richtig.« Er erinnerte sich kaum an etwas nach dem dritten Margarita, nur, dass er auf Zantiu-Braun geschimpft hatte und wie gerne er als erster Mensch auf einer neuen Welt gelandet wäre. Er tastete mit einer trockenen, gummiartigen Zunge in seiner Mundhöhle umher. Der Geschmack war grauenhaft; abgesehen davon ging es ihm nicht allzu schlecht. Er war lediglich ein wenig steif vom harten Boden. »Wie kommt es, dass ich keinen Kater habe?«
»Ich hab dir Aspirin und Vitamin C und zwei Liter Wasser zum Trinken gegeben.«
»Ah. Danke.« Die Erwähnung von Wasser erweckte seinen Harndrang. Ziemlich dringend. Joona sagte ihm, wo er die Toilette finden konnte, einfach den Gang hinunter bis ans Ende.
»Versuch bitte, leise zu sein«, sagte sie, als er nach draußen huschte. »Alle anderen liegen im Bett.«
Seine Uhr zeigte Viertel nach zwei.
Als er zurückkam, saß sie immer noch auf dem Bett. Der Joint war bis auf den letzten Zentimeter abgebrannt. »Auch einen?«, fragte sie.
»Nein, danke. Wir Cyborgs nehmen so etwas nicht, schon vergessen?«
»Natürlich nicht.«
»Hör mal, danke noch mal, dass du dich um mich gekümmert hast. Ich glaube, ich gehe jetzt besser.«
»Tatsächlich?« Sie nahm einen tiefen Zug. »Was wartet denn auf dich?«
»Nicht viel, schätze ich. Ich hab noch immer drei Wochen Urlaub totzuschlagen. Ich will mich nur nicht weiter aufdrängen.«
»Wenn ich geglaubt hätte, dass du dich aufdrängst, hätte ich dich nicht mit hierher gebracht.«
Ein leises Kitzeln lief ihm über den Rücken. Er ging zu ihrem Bett und kniete davor nieder. Sie sagte nichts, sondern sah ihn schweigend aus weiten Augen an. Er nahm den Rest des Joints aus ihren Fingern und inhalierte auf die gleiche Weise, wie er es bei ihr beobachtet hatte. Der Rauch war beißend, und er musste husten.
Joona lachte. »Ich hab gewonnen.«
»Was gewonnen?«
»Ich hab dich kleingekriegt.«
»Ja.« Er grinste zurück und nahm einen weiteren Zug, bevor er ihr den Joint zurückgab. »Du hast mich kleingekriegt. Aber du wärst sicher nie mit mir auf das Offizierscollege gegangen, oder?«
Sie schüttelte den Kopf, als hätte er ihr eine Vorhaltung gemacht, und zog einen Schmollmund. »Nein.«
»Kann ich für die Nacht hier bleiben?«
Joona nickte.
»Mit dir zusammen?«, fragte er leise.
Sie schlug die Bettdecke zurück. Sie war nackt darunter.
Als Lawrence am nächsten Morgen aufwachte, wich seine frühere Verwirrung einem Gefühl, das nahe an Verlegenheit grenzte. Ein klassischer Fall von: Was jetzt?
Er lag auf der Bettkante, die Decke über sich, und im Rücken hatte er die Wand. Die Matratze war nicht wirklich breit genug für zwei. Joona lag zusammengerollt neben ihm und sah um einiges zerbrechlicher aus als in der vorangegangenen Nacht. Sie war dünn, beinahe mager, sodass ihre Schulterblätter und Schlüsselbeine hervorsahen, und ein ganzes Stück kleiner als in seiner Erinnerung. Sie musste hohe Absätze getragen haben. Eigenartig, dass ihm das nie aufgefallen war.
Als er versuchte, die Decke um ihre Schultern zu legen, rührte sie sich und erwachte. Hellblaue Augen, sah er, in starkem Kontrast zu ihrer gebräunten Haut.
»Nun«, sagte sie.
»Morgen.«
»Ja. Es ist Morgen.« Sie kuschelte sich enger an ihn, die Augen geschlossen.
Erneut die Frage: Was nun?
»Äh, um wie viel Uhr musst du aufstehen?«
Joonas Augen blieben geschlossen. »Du hast es immer eilig, nirgendwo hin zu kommen, wie?«
»So bin ich.«
»Ich mache eine Pause am College. Es ist ziemlich schwer für mich dort im Augenblick. Ich hatte keine bestimmte Zeit zum Aufstehen geplant.«
»Du bist am College?«
Sie seufzte und setzte sich auf. »Ja, am Prodi. Ein absoluter Scheißhaufen. Sie haben nicht einmal genügend Mittel, um das Gebäude am Auseinanderfallen zu hindern. Die Dozenten sind ausnahmslos fünftklassige Flaschen, die bei einer anständigen Universität nicht einmal einen Platz als Kloputzer bekommen hätten.« Mit einer plötzlichen, energischen Bewegung stand sie auf und tappte hinüber zum Fenster, um die Vorhänge mit einer
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