Drachentempel 02 - Drachenfeuer
verständlichen, wenngleich vergeblichen Bemühen, die Invasion zu bekämpfen, und den Zielen Ihrer Alien-Verbündeten.«
»Josep ist kein Alien!«
»Meine Güte, welch eine Ironie! Wir können die gesamte Wahrheit aus Ihnen extrahieren, sollten wir es wünschen, und Sie wüssten die Wahrheit immer noch nicht. Aber darum geht es mir, um die Wahrheit. Joseps Körper wurde verändert, aufgerüstet, durch eine Technologie, die Menschen nicht beherrschen. Durch Aliens. Er hat Sie nur benutzt.«
»Nein, das hat er nicht! Wir haben uns geliebt!«
»Ah.« Simon seufzte glücklich. »War er Ihre erste Liebe, Michelle?«
»Ich … es …«
»Also ja. Wie reizend.«
»Nein, es war nicht meine …« Noch während sie es abstritt, wusste sie, dass Roderick es wusste, wirklich wusste, und sie errötete stark.
»Es ist eine Standard-Vorgehensweise, die von allen Nachrichtendiensten benutzt wird, um ihre Gegner zu infiltrieren, Michelle. Sie ist sehr verbreitet und wird seit Jahrhunderten angewendet. Finde eine einsame, traurige Seele, die dort arbeitet, wo du sie brauchst, vielleicht eine Frau im mittleren Alter und unverheiratet oder vielleicht nicht so hübsch wie andere. Und dann schicke ihr einen Wolf. Sie lernen sich wie zufällig kennen. Die Frau findet sich plötzlich hofiert von diesem höchst attraktiven Mann, der unglaublich talentiert ist im Bett und ihr ganz allein hingegeben. Ihr Herz gehört ihm. Und mit ihrem Herzen kommt ihr ganzes und vollkommenes Vertrauen. Klingt das vielleicht irgendwie vertraut, Michelle?«
»Hören Sie auf«, flüsterte sie schwach.
»Ist er ungefähr um die Zeit in Ihr Leben getreten, als wir auf diesem Planeten ankamen, Michelle? Es ist Ihr erstes Jahr an der Universität, das erste Mal, dass sie wirklich je richtig von zu Hause fort sind. Ihre Noten waren nicht besonders gut. Sie waren einsam. Haben Sie ihn auf dem Campus kennen gelernt? Nein? Also vorher? Ah, natürlich, das erste Mal, als Sie von zu Hause weg waren. Ihr Vater und Ihre Mutter haben Ihnen einen Urlaub in Memu Bay spendiert, als Belohnung für ihren Schulabschluss. Das ist es, nicht wahr? Dort haben Sie ihn kennen gelernt. Eine klassische, perfekte Urlaubsromanze.«
Michelle schluchzte haltlos. Der Schmerz, den seine Worte hervorriefen, war schlimmer als jede Folter. »Er liebt mich! Er liebt mich wirklich!«
»Dann kamen wir. Er tauchte wie durch Magie wieder in Ihrem Leben auf. Ja. Er hat bei Ihnen gelebt, inoffiziell selbstverständlich. Es gibt keine Unterlagen über ihn in den Universitätsdateien. Tatsächlich gibt es nirgendwo auf Thallspring irgendwelche Aufzeichnungen über ihn. In den Dateien existiert er gar nicht. Wissen Sie, wie unmöglich das ist, Michelle? Die stärksten und intelligentesten Suchpings, die je geschrieben wurden, finden im globalen Datapool nicht eine einzige Spur?«
»Er ist menschlich!«, flehte Michelle. »Bitte!« Sie wandte sich zu Raines, der ernst den Kopf schüttelte.
»Hat Josep Ihnen erzählt, dass er eine spezielle Software besitzt?«, fuhr Simon unerbittlich fort. »Wirklich clevere, supergeheime Software, die der Widerstandsbewegung helfen würde?«
Michelle stand im Begriff, sich wieder in Fötusposition zu rollen. Die brutale Stimme redete weiter und weiter und riss ihre Welt in Trümmer.
»Software, die besser ist als alles, was irgendeine AS der Erde produzieren kann. Was hat er Ihnen erzählt, dass sie von ein paar Teenager-Hackern geschrieben wurde, die zufällig auch noch zur Widerstandsgruppe gehören?« Simon legte den Zeigefinger unter das Kinn des Mädchens und hob ihren Kopf zu sich hoch. Ihre Wangen waren nass vor Tränen. Sein elektromagnetischer Sinn beobachtete die Wogen von Stress, die ihr Bewusstsein quälten. »Es tut mir sehr Leid«, sagte er sanft. »Es tut mir wirklich Leid. Das alles erschreckt mich genauso sehr wie Sie, Michelle.«
»Prime …« stammelte Michelle. »Diese Software, die er hatte, sie hieß Prime.«
Es war eine ziemlich aufwändige Operation, den Drachen aus seinem Untergrund-Nest zu bergen. Die Route war bereits vor Jahren vorbereitet worden. Denises Familie hatte einen zweiten, weiteren Schacht hinunter zur Kammer gebohrt, der an der Seite des kleinen Steintempels herauskam.
Lawrence saß auf einer der runden Steinbänke und sah zu, wie die getarnte Haube auf ihren magnetischen Kolben hochfuhr, mitsamt einem Meter Erdreich darüber. Darunter kam der Drachen zum Vorschein, noch immer auf seinem milchig-weißen
Weitere Kostenlose Bücher