Drachentochter
die Hände im Spiel«, sagte er und hielt sich beim Sprechen die Kehle. »Und vielleicht auch beim Tod meines Vaters, obwohl das Geschwür im Bein ihn bereits vergiftete. Ich werde den Arzt auftreiben und ihn für den Schmerz, den er uns zugefügt hat, bezahlen lassen.«
Ich nickte.
»Meine Boten haben mir Euren Erfolg in Daikiko gemeldet.« Er kam auf mich zu. »Gut gemacht. Ihr habt Euren Teil des Pakts erfüllt und ich werde meinen Teil erfüllen.«
Ich nahm die Karaffe und musste fest zupacken, damit meine Hand nicht zitterte. Beim Einschenken schlug mir der fruchtige Duft des Weins entgegen. Die Atmosphäre hatte etwas Lastendes, als hätte die Zeit den Atem angehalten. Ich nahm die Schalen.
»Majestät«, sagte ich und reichte ihm seinen Wein.
Er blickte gedankenverloren in seine Schale, sah mir dann in die Augen und wartete darauf, dass ich ihn kostete. Langsam hob ich mein Gefäß und leerte es mit in den Nacken ge legtem Kopf bis zur Neige. Der Wein brannte in meiner Keh le, doch das war bloß das Feuer des Alkohols. Das Feuer falschen Mutes.
Sein Mund verzog sich. »Gewohnheit«, sagte er, nahm einen Schluck und zuckte zusammen. »Ich vertraue Euch, Lord Eon.«
Der Augenblick war gekommen.
»Ich bin nicht Lord Eon«, sagte ich.
Er erstarrte. Seine Miene zeugte von Unverständnis, doch er hatte den Unterton von Verrat gehört. »Was?«
»Ich bin nicht Lord Eon . Der Spiegeldrache ist weiblich. Und ich bin es auch.«
Er neigte den Kopf zur Seite und seine rot geränderten Augen wurden schmal. »Weiblich? Ihr seid eine Frau?«
Ich nickte knapp und wartete angespannt auf den Moment, in dem er begreifen würde, was ich da gesagt hatte.
»Ein weibliches Drachenauge?«
»Ja.«
Er starrte mich an, und ich sah, wie sein hellwacher politischer Kopf den Schrecken überwand.
»Der Drache ist zurückgekehrt, weil Ihr eine Frau seid.« Er packte mich an der Schulter. »Und Ihr habt ihre Macht. Ist sie größer als die von Ido?«
Ich hatte nicht erwartet, dass er so schnell zum Kern der Sache vorstoßen würde.
Er erkannte die Wahrheit in meinem Gesicht, ehe ich sie hinter einer Maske der Zuversicht verstecken konnte. Seine Weinschale klirrte zu Boden und seine Hand schoss mir so rasch wie eine zubeißende Schlange an die Gurgel. Mit einer Bewegung drückte er mich gegen die Mauer des Pavillons. Mein Hinterkopf schlug an die Marmorwand und der ganze Körper brannte vor Schmerz. Sein Gesicht war mir so nah, dass mir sein zorniger Weinatem entgegenschlug und ich die süßliche Verwesung roch, die von seinem blutgetränkten Kragen aufstieg.
»Habt Ihr Macht?«
Ich krallte mich in seine Hände, doch er umklammerte meinen Hals nur fester und fletschte die Zähne.
»Ja«, keuchte ich.
Er sah mir musternd in die Augen. »Ihr lügt.«
Verzweifelt zog ich an seinem Arm. »Ich habe Macht, aber nicht die ganze Macht. Es gibt ein Buch –«
Er riss mich von der Wand und schleuderte mich mit solcher Wucht wieder dagegen, dass mir kurz schwarz vor Augen wurde. Ich rang nach Luft und darum, nicht ohnmächtig zu werden.
»Wisst Ihr, was Ihr getan habt?«, schrie er. »Alles hing von Euch ab. Einer Frau!«
Sein Zorn brannte lichterloh. Er würde mich umbringen. Ich sah es in seinem Gesicht und konnte ihn nicht aufhalten. Er war mein Kaiser. Mein Herr. Mein Meister. Sein Wille war mein Wille.
Nein. Nie wieder. Mein Wille gehörte mir.
Ich ließ seinen Arm los, ballte die verbundene Hand zur Faust und schlug ihm mit einer Kraft, wie sie nur Panik verleiht, gegen die Kaiserperle. Einen Moment lang sah ich den furchtbaren Schmerz in seinen Augen. Dann schlug er zu Boden und krümmte sich. Nur ab und an holte er keuchend Atem und gurgelte dabei bedrohlich.
Ich sah auf meine Hand. Sie schmerzte von dem Schlag und war mit Blut beschmiert. Mit kaiserlichem Blut.
Heilige Götter! Was hatte ich getan?
Ich fiel auf die Knie und kroch zu ihm hinüber. Er sah mich kommen und schlug wild mit der Faust um sich. Sein Gesicht war vor Schreck ganz grau.
»Majestät.« Ich packte seine Arme, drückte sie ihm an den Leib und zog ihn auf meinen Schoß. »Herr, verzeiht mir.« Schweiß glänzte auf seiner Haut. »Und sterbt bitte nicht.«
»Ich … werde nicht … sterben.« Er machte einen beben den Atemzug und presste vor Anstrengung die Zähne zusammen. »Ich … werde … dich … umbringen.« Er wollte den Kopf heben, sank aber wieder an meine Brust.
Ich zog ihm das Gewand von der Kehle, zuckte zusammen, als sein Ellbogen
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