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Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Beckenwand.
    »Nein«, sagte ich. »Nein.«
    Doch seine wilde Energie drang weiter auf mich ein, gestaltlos und unendlich, wie geschaffen, zu menschlichem Begehren umgeformt zu werden. Es war zu viel. Es war ein Weg direkt in mein Herz und Ido würde ihn jeden Moment beschreiten.
    Dass meine Rechte sich an einen losen Ziegel klammerte, empfand ich wie einen fernen Ruf, wie einen Anker in der Wirklichkeit. Ich krallte mich fester an diesen Anker. Das dumpfe Stechen in meiner Hand zerrte mich von dem bannenden Blick des Drachen weg. Der Schmerz nahm zu, und die Energiewelt glitt als Farbensog an mir vorbei: Blau, Rosa, Violett, Silbern, Grün, Weiß. Und Rot. Mir stockte der Atem. Hatte ich wirklich die Farbe Rot gesehen?
    Doch ich kauerte bereits allein im Becken und hatte mir die Hand an der Kante einer beschädigten Fliese aufgescheuert. Mein stetig aus der Wunde sickerndes Blut bildete inmitten der cremeweißen Jasminblütenblätter scharlachrote Wirbel.
     
    Ich stand vor dem Spiegel im Ankleideraum und ließ die Schultern unter dem Gewicht der Geschichtenrobe kreisen. Die Schnittwunde in meiner Hand pochte unter ihrem festen Verband. Ich streckte die Rechte, um ihn etwas zu lockern.
    »Stillhalten«, befahl Rilla.
    Sie kniete vor mir und schlug die Brustpartien meines schweren Seidengewands nach innen um. Im Spiegel sah ich Lady Dela mit der Schärpe der Geschichtenrobe hinter mir stehen, frisch gebadet und ganz in Weiß, der Farbe der Trauer. Unsere Blicke begegneten sich im Spiegel.
    »Wisst Ihr noch, was ich Euch gesagt habe?«, fragte sie. »Ihr werdet mit dem Perlenkaiser erst sprechen können, wenn die Flehenden gegangen und die Shola-Priester mit ihren Ahnengesängen fertig sind.«
    Ich nickte.
    »Danach erst seid Ihr mit Kygo zur Geisterwache allein«, fuhr sie fort. »Aber Ihr dürft erst sprechen, wenn er das Wort an Euch richtet.«
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich werde es ihm so bald wie möglich sagen. Meine Worte werden ihm nicht gefallen – ganz gleich, ob ich mich ans Protokoll halte. Entweder hört er mir zu oder nicht.« Ich schluckte. »Und wir können es uns nicht leisten, Zeit zu verlieren.«
    Rilla sah auf. »Tut, was Lady Dela sagt. Bitte. Wartet, bis der Kaiser Euch anspricht. Tut alles nur Mögliche, um Euch zu schützen.«
    Ich legte ihr die Hand auf die Schulter. »Ich will, dass du gehst, sobald ich angekleidet bin. Verstanden?« Ihre Miene verhärtete sich einmal mehr zu sturer Treue. »Du musst Chart in Sicherheit bringen. Das hast du mir versprochen.«
    Sie streckte die Hände nach der Schärpe aus.
    »Das ist das Beste«, sagte Lady Dela leise, als sie ihr vorsichtig die Seide gab. »Wie diese Sache auch ausgeht: Es wird ein Blutvergießen geben. Du und dein Sohn, ihr solltet dann nicht mehr in der Stadt sein.« Sie warf mir einen besorgten Blick zu, doch ihre Worte bestätigten nur, was ich tief in mir drin schon lange wusste. Entweder würde der Kaiser den Ehrgeiz seines Onkels mit meiner Hilfe bändigen, oder Sethon würde den Thron mit Idos Macht an sich reißen. So oder so würde Blut fließen.
    Rilla nickte und vertiefte sich darin, mir die Schärpe um den Leib zu wickeln.
    »Seid Ihr auch reisefertig?«, fragte ich Lady Dela. »Es gibt keine Gewähr dafür, dass der Kaiser sich nicht an allen rächen wird, die mir geholfen haben – ganz gleich, welchen gesellschaftlichen Rang sie bekleiden. Falls ich die Geisterwache nicht überlebe …«
    »Ich werde hier warten, bis Ihr das rote Buch bringt«, un terbrach sie mich entschlossen.
    »Und wenn ich nicht komme? Wenn Sethon und Ido freie Bahn haben?«
    »Ryko und ich haben einen Plan.«
    »Die Inseln?«
    Sie neigte den Kopf.
    Rilla hockte sich auf. »Ihr seid so weit, Lord Eon«, sagte sie gepresst.
    Ich atmete tief ein und blickte in den Spiegel. Ich war wirklich Lord Eon. Die Geschichtenrobe hatte meiner dünnen Gestalt einmal mehr ein männliches Aussehen verliehen. Und mein Gesicht, aus dem jeder Rest von Weichheit gewichen war, vielleicht durch das Sonnenpulver, machte die Täuschung perfekt. Seine Kantigkeit entsprach der neuen Härte, die ich in mir spürte. Ich hob das Kinn; ich wollte nicht aufhören, Lord Eon zu sein. Trotz aller Gefahr und Verzweiflung hatte ich erfahren, wie es war, mächtig und geachtet zu sein. Kein Wunder, dass Ido sich danach sehnte.
    Rilla glättete eine Falte in Höhe meiner Wade, als sie plötzlich den Seidensaum zusammenknüllte. Sie weinte leise und in sich gekehrt. In all den

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