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Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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seiner Kunst und senkte die Spitzen dann zum Gruß.
    Ich behielt die Schwerter unter den Armen und schlurfte über den kleinen Kampfplatz, bis die Sonne rechts von mir stand. So hatte Ranne wenigstens nicht das blendende Licht auf seiner Seite. Unter meinen Füßen war der Sand zwar zertrampelt und zerfurcht, aber recht fest. An den Rändern dagegen war er sicher weich und heimtückisch.
    »Schwertmeister«, sagte ich und sah seine Augen hinter den Schlitzen seines Helms schmal werden. »Ich habe vom Drachenrat die Erlaubnis bekommen –«
    »Das weiß ich, Eon-jah«, erwiderte er knapp. »Jetzt stell dich wieder auf deinen Platz.«
    Ich holte ruckartig Luft. »Das ist mein Platz.«
    Er schnaubte. » Das wenigstens hab ich dir beigebracht.« Er wandte sich mir zu. »Mal sehen, ob du noch was gelernt hast.«
    Ich zog meine Waffen unter den Armen hervor und hob sie zum Gruß. Wir verneigten uns und sahen einander dabei in die Augen. Dann verlagerte ich mein Gewicht auf das gesunde Bein, hob das rechte Schwert über den Kopf und streckte die linke Waffe so aus, dass sie auf die Kehle meines Gegners zielte. Ranne tat es mir gleich und seine aalglatte Anmut hatte etwas Furchterregendes. Nun, da wir bereit waren, warteten wir auf ein Zeichen – auf ein Blinken, einen raschen Blick, ein Luftholen.
    Es war ein Blinken, ein Lichtreflex, als er die gestreckte Klinge über den Kopf schwang, um sie in hohem Bogen in die Stellung zu bringen, in der das andere Schwert bereits war.
    Der Ziegendrache.
    Nicht mit der Breitseite, sondern mit der scharfen Klinge voraus fuhren seine Schwerter schwirrend auf meine Brust nieder. Meine Abwehr war einfach: Ich machte einen Schritt mit dem hinteren Bein, verlagerte mein Gewicht und führte das rechte Schwert mit der Schneide nach unten neben meine ausgestreckte linke Waffe. Rannes Klingen trafen auf meine. Der Aufprall fuhr mir mächtig in die Arme, und die Anstrengung, ihm standzuhalten, ließ mich einen Moment lang Sterne sehen, bis seine Schwerter an meinen abglitten. Ich folgte seiner Abwärtsbewegung, wobei der Schmerz von den Knochen in die Muskeln überging. Er setzte nicht nach, und mein linkes Schwert, das ich in diesem Moment nicht zur Verteidigung brauchte, hob sich wie von allein. Ich hätte nur die Schneide drehen und nach seiner Kehle auszuholen brauchen, doch die Erschütterung des Aufpralls lähmte mich immer noch. Ich verpasste die Chance – denn als ich so weit war, hatte er seine Waffen bereits zur Verteidigung erhoben. Ich zog mich zurück und fasste die Schwerter fester. Einen Mo ment lang wurde mir bewusst, was die Menge im Chor brüll te: Eon. Sie waren auf meiner Seite! Ich atmete tief ein. Ihr Jubel gab mir Auftrieb.
    Ich machte einen Schritt zur Seite und kreuzte die Schwerter, um die Angriffssequenz des Zweiten Ziegendrachen zu beginnen. Stattdessen kam Ranne mit hoch über den Kopf erhobenen Klingen auf mich zugestürmt. Das war nicht der Zweite Ziegendrache – das würde der Dritte Pferdedrache werden! Ich konnte gerade noch rechtzeitig die Schwerter heben. Die krachende Wucht, mit der Stahl auf Stahl traf, trieb mich rückwärts in den weichen Sand am Rand des Kampfplatzes. Rannes Schwertgriffe verkeilten sich mit meinen. Ich grub einen Fuß in den Sand, um nicht weiterzurutschen. Sein Gesicht war nur eine Fingerlänge von meinem entfernt und sein stinkender Atem schlug mir entgegen.
    »Das ist nicht der Ziegendrache«, keuchte ich. Mein hinterer Fuß rutschte schon wieder im losen Sand.
    »Mein Fehler«, sagte er.
    Er ruckte näher und drückte mit vollem Gewicht auf meine Schwertgriffe, was meine Hände und Arme zittern ließ. Trotz meines Herzpochens hörte ich die Menge Ranne niederbrüllen. Ich hatte nicht genug Kraft, um ihn wegzustoßen. Meine Arme würden jeden Moment nachgeben und er würde mir den Ellbogen ins Gesicht rammen.
    Der Rattendrache fällt zu Boden.
    Das war keine Stimme, sondern ein tiefes Körperwissen. Irgendwie wussten meine Muskeln, Sehnen und Knochen, was zu tun war. Ich ließ mich auf den Rücken fallen, hielt die Schwerter aber fest und schaffte es, sie von Ranne zu befrei en. Als ich auf den Sand schlug, sah ich seinen vor Staunen offenen Mund mein eigenes Erschrecken spiegeln. Die Menge heulte vor Begeisterung; der Krüppel setzte sich zur Wehr.
    Der Schlangendrache rollt sich zum Angriff ein.
    Ich rollte mich zur Seite und zog mich mühsam auf die Knie. Ranne hatte sich bereits von seinem Schreck erholt und wollte auf mich

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