Drachentochter
niederstoßen. Seine Schwerter wirbelten kreuzweise über mir. Der Dritte Hundedrache. Er tat nicht mehr so, als hielte er sich an die Kampfsequenzen, sondern setzte auf die strafenden Schwertstreiche und eleganten Rückzugsbewegungen des Hundedrachen. Ich rappelte mich auf, hob die Schwerter und hoffte, ihn aufhalten zu können.
Meine erste Abwehr war unbeholfen, und die stumpfe Seite der Klinge sprang zu nah an mein Gesicht zurück. Bei der zweiten Abwehr erwischte ich einen falschen Winkel, meine Hand krampfte sich um den Schwertgriff, als der donnernde Schlag niederging. Das tiefe Wissen war so rasch gegangen, wie es gekommen war. Ich rang nach Luft. Bei seinem dritten Angriff hielt ich die Waffe verkehrt, und sein heftiger, von oben geführter Streich hämmerte so wuchtig auf mich ein, dass das Handgelenk zurückgebogen wurde, bis ich es nicht mehr benutzen konnte. Für einen Moment war Ranne ein verschwommener dunkler Fleck in einem grauen Schmerznebel. Dann spürte ich ihn kurz und leicht mit der Schwertspitze zuschlagen und meine linke Waffe wirbelte durch den Sand. Durch die Arena ging ein erschrockenes Luftholen.
Ich taumelte rückwärts und drückte dabei mein Handgelenk an die Brust. Wenigstens hatte er nicht meine Rechte erwischt. Ranne kam mir bedrohlich nah und hatte das eine Schwert erhoben, während er den Griff des anderen so hielt, dass er jederzeit den Zweiten Tigerdrachen beginnen konnte, eine Reihe rascher Stöße, bei denen der Griff als Knüppel diente. Ich blinzelte, um trotz der Schmerzen scharf zu sehen. Nur ein Schwert – nur ein Abwehrschlag. Er würde von oben angreifen. Ich hob das Schwert, um meinen Kopf zu schützen.
Der Hasendrache schlägt aus.
Das alte Wissen. Während mein Verstand noch darum kämpfte, dass ich stehen blieb, ließ ich mich schon zu Boden fallen, trat mit dem guten Bein nach ihm und traf ihn an beiden Knien. Ich spürte, wie er zusammenklappte und auf den Sand schlug. Er sah mich an und seine Augen traten vor Zorn aus den Höhlen hervor.
Der Spiegeldrache peitscht mit dem Schwanz.
Nein!
Ranne warf sich über den Sand und sein Schwert verfehlte meinen Fuß nur knapp. Eilends kroch ich aus seiner Reichweite.
Der Spiegeldrache peitscht mit dem Schwanz.
Nein!
Meine Hüfte, ich kann nicht –
Ranne grub ein Schwert in den Boden und richtete sich daran auf. Er senkte den Kopf, preschte auf mich los und hielt dabei die Schwerter links und rechts von sich in Hüfthöhe. Nun benutzte er nicht einmal mehr die vorgeschriebenen Figuren. Er tobte nur noch.
Ehe ich mein Schwert heben konnte, holte Ranne nach meinem Kopf aus. Ich zuckte zurück und spürte den Luftzug, mit dem seine Klinge an meinem Gesicht entlangfuhr. Ich hatte das Gleichgewicht verloren. Fliehen konnte ich nicht. Ich sah eine verschwommene Hand. Blitzendes Metall zielte nach meinem Kopf. Dann begrub ein furchtbarer Schmerz das Licht unter sich und ich stürzte in eine schwarze Unendlichkeit.
5
Ich öffnete die Augen. Alles war grellweiß und ließ meinen Kopf noch mehr schmerzen. Ich kniff die Lider wieder zu und Tränen rannen mir über Nase und Wange in den groben Sand.
»Eon?«
Es war eine ferne, zu ferne Stimme. Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und schmeckte Staub und Salz.
»Eon.« Etwas berührte mich an der Schulter und schüttelte mich.
Ich blinzelte und gleich drang mir das stechende Licht wieder in die Augen. Ich lag unter dem Spiegel des Kaisers hinter den beiden Anwärterreihen.
»Meister?«
Nun erkannte ich sein Gesicht. Er blickte finster.
Ich hatte ihn enttäuscht.
»Du musst aufstehen, Eon.«
Ich hob den Kopf, würgte und spie eine bittere, durchsichtige Flüssigkeit in den Sand.
»Ihr erwartet von ihm doch sicher nicht, dass er an der abschließenden Verbeugung teilnimmt?«
Eine andere Stimme hatte das gefragt. Sie gehörte einem älteren Beamten, der neben meinem Meister kniete. Er trug eine glitzernde Diamantbrosche, stand also sehr hoch in der Rangordnung.
»Er hat mich erkannt«, erwiderte mein Meister. »Er ist also noch bei Verstand.«
»Ich bezweifle aber, dass er stehen kann«, versetzte der Beamte. »Die Lage ist schwierig. Ihr habt das Recht, Rannes Absetzung zu fordern.«
»Ranne ist bloß der Handlanger – Lord Ido sollte abgesetzt werden«, sagte mein Meister.
»Ihr könnt eine förmliche Beschwerde gegen ihn einlegen.«
Der Beamte bemühte sich um Zurückhaltung, doch ich hör te den Eifer in seiner Stimme.
Mein Meister lachte
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