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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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verfehlt es, und jetzt will er es, will es unbedingt, muss es haben, springt, schnappt, daneben. Was geht da vor sich, was ist das für ein Ding? Bloß ein Stück Papier, und jetzt fliegt es wie ein Schmetterling. Er braucht es unbedingt. Er läuft, springt, schnappt zu und kriegt es diesmal, kaut darauf herum, aber es ist nur Papier, also spuckt er es wieder aus. Er starrt darauf, starrt und starrt, wartet, beobachtet, bereit, sich darauf zu stürzen, wird sich nicht reinlegen lassen, doch es bewegt sich nicht mehr, tot wie die Biene.
    Polizisten-Wolfs-Ding! Das Ding-das-dich-töten-wird.
    Jener seltsame und abscheuliche Geruch kommt plötzlich mit einer Brise vom Meer zu ihm, und er zuckt zusammen. Er schnuppert suchend. Das böse Ding ist draußen in der Nacht, steht im Dunkeln irgendwo nah am Meer.
    Er folgt dem Geruch. Zunächst ist der Geruch schwach, verschwindet manchmal fast wieder, doch dann wird er stärker. Er wird allmählich ganz aufgeregt. Er kommt näher heran, noch nicht wirklich nahe, aber die ganze Zeit ein bisschen näher, während er von der Gasse zur Straße, zum Park, zur Gasse und wieder zur Straße läuft. Das böse Ding ist das Merkwürdigste und Interessanteste, was er jemals gerochen hat, jemals.
    Helle Lichter. Tut-tut-tuuuut. Auto. Nah. Hätte tot in einer Pfütze liegen können wie eine Biene.
    Er jagt dem Geruch des bösen Dings hinterher, läuft schneller, die Ohren gespitzt, aufmerksam und wachsam, doch sich immer auf seine Nase verlassend.
    Dann verliert er die Spur.
    Er bleibt stehen, dreht sich um, schnuppert nach allen Seiten in die Luft. Der Wind hat die Richtung nicht geändert, er kommt immer noch vom Meer. Doch der Geruch des bösen Dings ist nicht mehr darin. Er wartet, schnuppert, wartet, dreht sich um, jault vor lauter Frust, und schnuppert schnuppert schnuppert.
    Das böse Ding ist nicht mehr draußen in der Nacht. Es ist irgendwo rein gegangen, vielleicht in einen Menschenort, wo der Wind nicht durchbläst. Wie eine Katze, die hoch auf einen Baum klettert, unerreichbar.
    Er steht eine Weile hechelnd herum, nicht sicher, was er tun soll, da kommt ein ganz erstaunlicher Mann den Bürgersteig entlang, stolpert und torkelt vor und zurück, in einer Hand hält er eine komische Flasche, und er murmelt vor sich hin. Der Mann verströmt mehr Gerüche, als der Hund je an einem Men-
    sehen gerochen hat, die meisten davon schlecht, wie viele stinkende Menschen in einem einzigen Körper. Saurer Wein. Fettige Haare, saurer Schweiß, Zwiebeln, Knoblauch, Kerzenrauch, Blaubeeren. Druckerschwärze, Oleander. Feuchter Khaki. Feuchter Flanell. Getrocknetes Blut, etwas Menschenpipi, Pfefferminz in einer Manteltasche, ein altes Stück vertrockneter Schinken und schimmeliges Brot, vergessen in einer anderen Tasche, eingetrockneter Senf, Erde, Gras, ein bisschen Menschenkotze, schales Bier, verrottende Segeltuchschuhe, faule Zähne. Außerdem furzt er ständig, während er vorantorkelt, furzt und murmelt, lehnt sich eine Weile gegen einen Baum, furzt, dann torkelt er weiter und bleibt wieder stehen, um sich gegen die Wand eines Menschenortes zu lehnen und noch ein bisschen zu furzen.
    All das ist interessant, sehr, doch das Interessanteste von allem ist, dass der Mann unter den vielen Gerüchen eine Spur vom Geruch des bösen Dings an sich hat. Er ist nicht das böse Ding, nein, nein, aber er kennt das böse Ding, kommt von einem Ort, wo er das böse Ding vor nicht allzu langer Zeit getroffen hat, hat einen Hauch vom bösen Ding an sich.
    Ohne Zweifel ist es jener Geruch, so seltsam und böse: wie der Geruch des Meeres in einer kalten Nacht, ein Metallzaun an einem heißen Tag, tote Mäuse, Blitz, Donner, Spinnen, Blut, dunkle Löcher im Boden - wie all diese Dinge und doch nicht ganz wie sie.
    Der Mann stolpert an ihm vorbei, und er weicht mit eingeklemmtem Schwanz zurück. Doch der Mann scheint ihn überhaupt nicht zu sehen, torkelt einfach weiter und biegt an der Ecke in eine Gasse.
    Interessant.
    Er beobachtet.
    Er wartet.
    Schließlich folgt er ihm.
     

Kapitel 12
     

    Harry war nicht wohl dabei, in Ordegards Haus zu sein. Laut einer polizeilichen Mitteilung an der Haustür war der Zutritt verboten, bis die Untersuchungen der Kriminalpolizei abgeschlossen waren, doch er und Connie waren nicht auf die vorschriftsmäßige Weise hineingekommen. Sie hatte einen kompletten Satz Dietriche in einem kleinen Lederbeutel dabei, und sie kam schneller durch Ordegards Schlösser, als ein Politiker

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