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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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einem am meisten angst machen.
    Der dicke Mann hinter dem Futterort gehört zu den Netten. Haut einen nicht auf die Nase. Kein Treten. Kein Feuer. Nur gutes Futter, ja ja ja ja, und ein freundliches Lachen, wenn du ihm die Hände leckst.
    Schließlich macht der dicke Mann klar, dass es im Augenblick kein Futter mehr gibt. Du stellst dich auf die Hinterbeine, jaulst, winselst, rollst dich auf den Rücken und zeigst deinen Bauch, setzt dich aufrecht und bettelst, tanzt ein bisschen im Kreis, hältst den Kopf schräg, wedelst mit dem Schwanz, schüttelst den Kopf und flatterst mit den Ohren, zeigst alle deine kleinen Tricks, um Futter zu kriegen, aber du kannst nichts mehr aus ihm rausholen. Er geht nach drinnen und schließt die Tür.
    Na ja, du bist satt. Brauchst kein Futter mehr.
    Das heißt aber nicht, dass du keins mehr willst.
    Warte auf jeden Fall mal. An der Tür.
    Er ist ein netter Mann. Er wird zurückkommen. Wie kann er dich vergessen, deinen kleinen Tanz, den wedelnden Schwanz und das bittende Winseln?
    Warte.
    Warte.
    Warte. Warte.
    Allmählich fällt ihm ein, dass er gerade etwas Interessantes machte, als er auf den dicken Mann mit dem Futter stieß. Aber was?
    Interessant…
    Dann fällt es ihm ein: der stinkende Mann.
    Der merkwürdige, stinkende Mann ist am anderen Ende der Gasse, sitzt an der Ecke zwischen zwei Sträuchern auf dem Boden, den Rücken gegen die Wand des Futterortes gelehnt. Er isst aus einer Tüte und trinkt aus einer großen Flasche. Kaffeegeruch. Futter.
    Futter.
    Er trottet auf den stinkenden Mann zu, weil er vielleicht etwas von ihm zu fressen bekommen kann, doch dann bleibt er stehen, weil er plötzlich das böse Ding riecht. An dem stinkenden Mann. Aber auch in der Nachtluft. Der Geruch, ganz kalt und schrecklich, wird wieder sehr stark vom Wind herübergeweht.
    Das Ding-das-dich-töten-wird ist wieder draußen.
    Er hört auf, mit dem Schwanz zu wedeln, wendet sich von dem stinkenden Mann ab und läuft durch die nächtlichen Straßen hinter dem einen Geruch unter Tausenden her, dorthin, wo das Land aufhört, wo nur noch Sand und dann Wasser ist, auf das donnernde, kalte, dunkle, dunkle Meer zu.
     

Kapitel 15
     

    James Ordegards Nachbarn merkten ebenso wenig wie die von Ricky Estefan etwas von dem Lärm nebenan. Niemand reagierte auf die Schüsse und das zersplitternde Glas. Als Harry die Haustür öffnete und die Straße rauf und runter blickte, war die Nacht immer noch ruhig, und es erschollen auch keine Sirenen in der Ferne.
    Es schien so, als hätte die Begegnung mit Ticktack in einem Traum stattgefunden, zu dem nur Harry und Connie Zutritt gehabt hatten. Allerdings gab es zahlreiche Beweise, dass die Begegnung tatsächlich stattgefunden hatte: leere Patronenhülsen in ihren Revolvern, zerbrochenes Glas überall auf dem Balkon des Schlafzimmers, Schnitte, Schrammen und diverse wunde Stellen, aus denen später Blutergüsse werden würden.
    Harrys - und auch Connies - erster Impuls war, auf der Stelle von dort zu verschwinden, bevor der Landstreicher wiederkam. Doch sie wussten beide, dass Ticktack sie auch anderswo leicht finden würde und dass sie versuchen müssten, so viel wie möglich aus den Überresten ihrer Auseinandersetzung mit Ticktack zu lernen.
    Harry ging erneut in James Ordegards Schlafzimmer und suchte unter dem bösartig starrenden Blick des Dämons nach einem weiteren Beweis. Blut.
    Connie hatte mindestens drei-, vielleicht sogar viermal aus kurzer Entfernung auf Ticktack geschossen. Ein Teil seines Gesichts war weggerissen worden und in seinem Hals war ebenfalls eine beträchtliche Wunde gewesen. Nachdem der Landstreicher Connie durch die Scheibe der Schiebetür geworfen hatte, hatte Harry ihm zweimal in den Rücken geschossen.
    Blut sollte ebenso reichlich herumgespritzt sein wie Bier auf der Party einer Studentenverbindung. Doch kein Tropfen davon war auf Wänden oder Teppich zu sehen.
    »Nun?« fragte Connie aus dem Türrahmen, mit einem Glas Wasser in der Hand. Die Anacin-Tabletten steckten ihr im Hals. Sie versuchte immer noch, sie ganz hinunterzuspülen. Oder vielleicht hatte sie die Pillen auch ohne weiteres runter bekommen und etwas ganz anderes war ihr im Hals stecken geblieben - zum Beispiel Angst, die sie normalerweise problemlos runterschlucken konnte. »Hast du was gefunden?«
    »Kein Blut. Nur das hier… Erde, nehm’ ich an.«
    Das Zeug fühlte sich tatsächlich wie feuchte Erde an, als er es zwischen den Fingerspitzen zerbröckeln ließ,

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