Drachentränen
hört er am häufigsten.
Er wedelt noch heftiger mit dem Schwanz und winselt, um zu zeigen, dass er den dicken Mann mag. Und irgendwie bebt er fast am ganzen Körper, um zu zeigen, wie harmlos er ist, ein guter Hund, ein sehr guter Hund, gut. Menschen mögen das.
Der dicke Mann sagt etwas zu dem stinkenden Mann, dann verschwindet er in dem Futterort und lässt die Tür zufallen.
Muss nüchtern werden, sagt der stinkende Mann, aber er redet bloß mit sich selbst.
Jetzt heißt es warten.
Einfach nur warten ist hart. Auf eine Katze in einem Baum warten ist härter. Und auf Futter warten ist das härteste überhaupt. Die Zeit von dem Moment an, wo die Menschen dir anscheinend was zu fressen geben wollen, bis sie es dir wirklich geben, ist immer so lang, dass es so scheint, als könntest du eine Katze jagen, hinter einem Auto herlaufen, sämtliche Hunde im Revier ausschnuppern, deinen Schwanz jagen, bis dir ganz schwindlig wird, viele Eimer mit krank machendem Futter durchwühlen und vielleicht noch ein bisschen schlafen, und du musst immer noch warten, bis sie zurückkommen und dir was zu fressen bringen.
Ich habe Dinge gesehen, die die Leute erfahren müssen, sagt der stinkende Mann.
Er hält sich von dem Mann fern, wedelt immer noch mit dem Schwanz und versucht, nicht die ganzen Gerüche zu riechen, die aus dem Futterort kommen und das Warten nur noch schwerer machen. Doch es kommen immer mehr Gerüche, er muss sie einfach riechen.
Der Rattenmann ist real. Er ist wirklich.
Endlich kommt der dicke Mann mit der seltsamen Flasche und einer Tüte für den stinkenden Mann zurück - und einem Teller voller Reste.
Er wedelt mit dem Schwanz und zittert, er glaubt, die Reste sind für ihn, aber er möchte nicht zu dreist sein, möchte sich nicht auf die Reste stürzen, und dann sind sie gar nicht für ihn, und dann tritt der dicke Mann nach ihm oder so was. Er wartet. Er winselt, damit der dicke Mann ihn nicht vergisst. Dann stellt der dicke Mann den Teller herunter, was bedeutete, dass die Reste für ihn sind, und das ist gilt, das ist sehr gut, oh, das ist das beste.
Er schleicht sich zu dem Teller und schnappt nach dem Futter, Schinken. Rindfleisch. In Bratensoße getauchte Brotstücke. Ja ja ja ja ja ja ja.
Der dicke Mann hockt sich hin, möchte ihn streicheln, ihn hinter den Ohren kraulen, also lässt er ihn, obwohl es ihm ein bisschen unheimlich ist. Manche Leute, die locken dich mit Futter, halten es dir hin, geben es dir und tun so, als ob sie dich streicheln wollen, dann schlagen sie dich auf die Nase oder treten dich oder noch schlimmer.
Er erinnert sich, wie mal ein paar Jungen Futter für ihn hatten, lachende Jungen, fröhliche Jungen. Fleischstückchen. Ließen ihn aus der Hand fressen. Nette Jungen. Alle streichelten ihn und kraulten ihn hinter den Ohren. Er schnupperte an ihnen, konnte nichts Unrechtes riechen. Leckte ihnen die Hände. Fröhliche Jungen, die nach Sommersonne, Sand, Meer und Salz rochen. Er stellte sich auf die Hinterbeine, jagte seinen Schwanz und fiel über seine eigenen Beine - alles, um sie zum Lachen zu bringen, um ihnen zu gefallen. Und wie sie lachten. Sie balgten sich mit ihm. Er rollte sich sogar auf den Rücken. Zeigte seinen Bauch. Ließ sie seinen Bauch massieren. Nette Jungen. Vielleicht würde einer von ihnen ihn mit nach Hause nehmen und ihn jeden Tag füttern. Dann packten sie ihn am Genick, und einer von ihnen hatte Feuer auf einem kleinen Stab, und sie versuchten, sein Fell anzuzünden. Er wand sich, quiekte, jaulte und versuchte, sich zu befreien. Das Feuerstäbchen ging aus. Sie zündeten ein weiteres an. Er hätte nach ihnen schnappen können. Aber das wäre böse gewesen. Er war ein guter Hund. Gut. Er roch verbranntes Fell, aber fing nicht richtig an zu brennen, deshalb mussten sie noch ein Feuerstäbchen anzünden, und dann entwischte er ihnen. Er lief so weit, dass sie ihn nicht mehr einholen konnten. Sah sich nach ihnen um. Lachende Jungen. Rochen nach Sonne, Sand und Meersalz. Fröhliche Jungen. Zeigten auf ihn und lachten.
Die meisten Menschen sind nett, aber manche sind nicht nett. Manchmal kann er die Nicht-Netten sofort heraus riechen. Sie riechen… wie kalte Dinge… wie Eis… wie Metall im Winter… wie das Meer, wenn es grau ist und keine Sonne scheint und keine Menschen mehr am Strand sind. Doch zu anderen Zeiten riechen die nicht-netten Menschen genauso wie die netten. Menschen sind die interessantesten Dinge auf der Welt. Aber auch die, die
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