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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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löste vorsichtig die Finger des Bewaffneten von der Pistole. »Das kommt mir so vor, als wären wir Kinder, die mit lebensgroßen Puppen spielen.« Die .32er blieb genau an der Stelle, wo die Hand sie umklammert hatte, also mitten in der Luft.
    Connie stellte fest, dass man die Waffe leichter bewegen konnte als den Arm, der sie hielt, obwohl auch sie einigen Widerstand bot. Sie brachte sie zu dem Mann am Geldautomaten, drückte sie ihm in die rechte Hand und schloss seine Finger fest darum. Wenn die PAUSE zu Ende war, würde er eine Pistole in seiner Hand finden, die den Bruchteil einer Sekunde zuvor noch nicht da gewesen war, und er würde keine Ahnung haben, wie sie dorthin gekommen war. Sie nahm das mit einer Banderole versehene Päckchen Zwanziger aus der Ausgabeschale des Automaten und steckte es dem Bankkunden in die linke Hand.
    »Jetzt versteh’ ich, wie der Zehn-Dollar-Schein auf magische Weise wieder in meiner Hand gelandet ist, nachdem ich ihn dem Penner gegeben hatte«, sagte sie.
    Harry, der beklommen das Dunkel um sie herum beobachtete, sagte: »Und wie die vier Kugeln, die ich in ihn hineingepumpt habe, in meine Hemdtasche geraten sind.«
    »Der Kopf dieser religiösen Statue von Ricky Estefans Altar in meine Hand.« Sie machte ein finsteres Gesicht. »Da kriegt man ja das kalte Grausen, wenn man sich vorstellt, dass wir genau wie diese Leute in der Zeit erstarrt waren, und das Schwein hat mit uns rumgespielt.«
    »Bist du hier fertig?«
    »Noch nicht ganz. Komm, hilf mir, den Mann von dem Automaten wegzudrehen.«
    Gemeinsam ruckten sie ihn schwankend um 180 Grad herum, als ob er eine Gartenstatue aus Marmor wäre. Als sie fertig waren, hatte das Opfer nicht nur die Pistole, sondern hielt den Täter auch noch damit in Schach.
    Wie Dekorateure in einem Wachsfigurenkabinett, die mit extrem wirklichkeitsgetreuen Figuren hantierten, hatten sie die Szene umgestaltet und ihr eine neue Dramatik verliehen.
    »Okay, jetzt lass uns aber von hier verschwinden«, sagte Harry und entfernte sich langsam über den Parkplatz von der Bank.
    Connie zögerte und betrachtete prüfend ihr Werk.
    Er sah sich um, stellte fest, dass sie nicht hinter ihm herkam und sagte: »Was denn noch?«
    Kopfschüttelnd sagte sie: »Das ist zu gefährlich.«
    »Jetzt hat doch der Gute die Pistole.«
    »Ja, aber er wird überrascht sein, wenn er sie in seiner Hand vorfindet. Er könnte sie fallen lassen. Der Mistkerl hier könnte sie sich vielleicht wieder schnappen, vermutlich wird er genau das tun, und dann sind wir wieder am Anfang.«
    Harry kam mit einem Gesichtsausdruck zurück, als würde er gleich vor Wut platzen. »Hast du einen gewissen schmutzigen, verrückten, narbengesichtigen Herrn mit einem schwarzen Regenmantel vergessen?«
    »Ich kann ihn noch nicht hören.«
    »Connie, um Himmels willen, er könnte auch für uns die Zeit anhalten, dann so langsam, wie er will, auf uns zugehen und uns erst dann, wenn er unmittelbar vor uns steht, wieder mitspielen lassen. Dann würdest du ihn nicht hören, bis er dir die Nase abreißt und dich fragt, ob du ein Taschentuch brauchst.«
    »Wenn er uns auf diese Weise betrügt -«
    »Betrügt? Warum sollte er nicht betrügen?« fragte Harry entnervt, obwohl er vor zwei Minuten behauptet hatte, dass eine Chance bestünde, dass Ticktack sein Versprechen halten und fair sein würde. »Wir reden hier nicht über Mutter Teresa!«
    »- dann spielt es keine Rolle, ob wir unsere Arbeit hier beenden oder weglaufen. Er kriegt uns sowieso.«
    Der Schlüssel vom Auto des weißhaarigen Bankkunden steckte im Zündschloss. Connie zog ihn heraus und schloss den Kofferraum auf. Die Klappe sprang nicht auf. Sie musste sie hochheben, als ob sie den Deckel eines Sargs öffnete.
    »Das ist die reinste Analphase«, sagte Harry zu ihr.
    »Ach so? Genau wie du normalerweise mit so was umgehen würdest, was?«
    Er zwinkerte ihr zu.
    Harry fasste den Täter unter den Armen, und Connie packte ihn an den Füßen. Sie trugen ihn zur Rückseite des Autos und senkten ihn sanft in den Kofferraum. Der Körper schien etwas schwerer zu sein, als er in der realen Zeit gewesen wäre. Connie versuchte, die Klappe zuzuschlagen, doch in dieser veränderten Realität reichte der Schwung nicht aus, um sie ganz heruntergehen zu lassen; sie musste sich darauf stützen, damit der Riegel einrastete.
    Wenn die PAUSE zu Ende war und die Zeit sich wieder in Bewegung setzte, würde der Räuber sich im Kofferraum eines Wagens wieder finden,

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