Drachentränen
Leute zu beruhigen und zu beschwichtigen, und ihre, sie aus der Fassung zu bringen, war sie bei dem Gastronomen sehr erfolgreich. Sie hatte nicht die Absicht, jemals zurückzukommen, um ihm auch nur irgendwas zu erklären, und sie hatte auch keine Ahnung, wie sie seiner Meinung nach eine Erklärung dafür finden sollte, dass Menschen sich in Luft auflösten. Doch er beruhigte sich, und sie konnte ihn überreden, mit dem kräftigen Kellner, der im Eingang stand, in sein Restaurant zu gehen.
Sie sah im Gebüsch nach und fand bestätigt, was sie bereits wusste: Der Hund versteckte sich nicht mehr dort. Er war verschwunden.
Sie kam gerade rechtzeitig zu Harry und Sammy auf den Seitenweg, um zu hören, wie der Penner sagte: »Woher soll ich wissen, wo er wohnt? Er ist ein Außerirdischer, er ist weit von seinem Planeten entfernt, er muss hier irgendwo ein Raumschiff versteckt haben.«
Geduldiger, als Connie erwartet hätte, sagte Harry: »Vergiss diesen Quatsch, er ist kein Außerirdischer. Er…«
Ein Hund bellte und erschreckte sie.
Connie fuhr herum und sah den Vierbeiner mit den flatternden Ohren. Er bog gerade am etwas höher gelegenen südlichen Ende des Blocks um die Ecke. Ihm folgten eine Frau und ein etwa fünfjähriger Junge.
Sobald der Hund merkte, dass sie auf ihn aufmerksam geworden waren, packte er den Jungen unten an einem Bein seiner Jeans und zog ihn ungeduldig mit den Zähnen vorwärts. Nach ein paar Schritten ließ er ihn los, lief auf Connie zu und blieb auf halbem Weg zwischen seinem und ihrem Gefolge stehen. Er bellte sie an, bellte die Frau und den Jungen an, bellte wieder Connie an, und dann setzte er sich einfach hin, sah nach links und rechts und wieder nach links, als ob er sagen wollte: Hab’ ich denn noch nicht genug getan?
Die Frau und der Junge wirkten neugierig, aber verängstigt. Die Mutter war auf eine gewisse Art attraktiv, und das Kind war niedlich, adrett und sauber angezogen, doch beide hatten den misstrauischen und ruhelosen Blick von Menschen, die die Straße zu gut kennen.
Connie ging langsam und lächelnd auf sie zu. Als sie an dem Hund vorbeikam, erhob er sich von seinem Hintern und trottete hechelnd und grinsend neben ihr her.
Es lag etwas Geheimnisvolles und Erhabenes in diesem Augenblick, und Connie wusste, dass die Art der Beziehung, die sie jetzt zueinander finden würden, Leben oder Tod für sie und Harry und vielleicht für sie alle bedeuten würde.
Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen würde, bis sie nahe genug bei ihnen war, um zu sprechen: »Haben Sie… in letzter Zeit… auch ein seltsames Erlebnis gehabt?«
Die Frau blinzelte sie erstaunt an. »Ein seltsames Erlebnis? O ja. Das kann man wohl sagen.«
Dritter Teil - Eine unheimliche kleine Hütte im Wald
Unten im fernen China,
hört man die Leute sagen,
sei das Leben oft bitter
und viel zu selten froh.
Bitter wie Drachentränen
fließen große Kaskaden von Leid
all die Jahre dahin und überfluten unser Morgen.
Unten im fernen China,
hört man die Leute auch sagen,
ist das Leben manchmal erfreulich,
wenn auch zu oft grau.
Auch wenn das Leben durchsetzt ist
von bitteren Drachentränen,
so sind sie doch nur ein Gewürz
in unserem Gebräu der Jahre.
Schlechte Zeiten bedeuten trockenen Reis,
Tränen sind eine weitere Würze,
etwas, das uns aufrechterhält,
etwas, das wir genießen können.
Das Buch gezählten Leids
Kapitel 1
Jetzt wissen sie’s.
Er ist ein guter Hund, guter Hund, gut.
Sie sind jetzt alle zusammen. Die Frau und der Junge, der stinkende Mann, der nicht so stinkende Mann und die Frau ohne Jungen. Alle riechen nach dem Ding-das-dich-töten-wird, deshalb hatte er ja auch gewusst, dass sie Zusammensein mussten.
Sie wissen es auch. Sie wissen, warum sie zusammen sind. Sie stehen, vor dem Menschenfutterort, reden miteinander, reden schnell, alle ganz aufgeregt, manchmal reden sie alle auf einmal, wobei die Frauen und der Junge und der nicht so stinkende Mann immer darauf achten, dass der Wind den Geruch des stinkenden Mannes von ihnen wegweht.
Sie beugen sich immer wieder zu ihm herunter, um ihn zu streicheln und hinter den Ohren zu kraulen und ihm zu sagen, er ist ein guter Hund, gut, und sie sagen andere schöne Dinge über ihn, die er eigentlich nicht verstehen kann. Das ist das allerbeste. Es ist so gut, von Leuten gestreichelt und gekrault und gemocht zu werden, die ganz bestimmt nicht sein Fell in Brand stecken werden, und von Leuten, die keinen
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