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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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keine Gefahr von Bryan, ganz gewiss nicht.«
    Sie schauderte beim bloßen Nennen seines Namens. »Ich weiß, dass Sie glauben, ich sei geistig gestört… verwirrt…«
    »Ein bisschen Emily Dickinson wird helfen.«
    »Ich bin in vielen Dingen verwirrt«, sagte Jennifer entsetzt, weil sie merkte, wie ihre Stimme rapide schwächer wurde, »aber nicht darin. Nicht das kleinste bisschen.«
    Mit einer Stimme, die zu gekünstelt war, um die versteckte Kraft Emily Dickinsons zu vermitteln, begann die Schwester vorzulesen: »Dass Liebe alles ist, Ist alles, was wir von ihr wissen…«
     

Kapitel 11
     

    Die Hälfte des großen Tisches in Ricky Estefans geräumiger Küche war mit einem herunterhängenden Wachstuch bedeckt, auf dem die kleinen Elektrowerkzeuge ausgebreitet waren, mit denen er Silberschmuck herstellte: eine Handbohrmaschine, ein Graviergerät, Schleifmaschine, Polierer und weniger leicht identifizierbare Werkzeuge. Auf einer Seite waren Flaschen mit Flüssigkeit und Dosen mit geheimnisvollen Mischungen fein säuberlich angeordnet, dazu kleine Pinsel, weiße Baumwolltücher und kleine Stahlwollekissen.
    Er hatte an zwei Stücken gearbeitet, als Harry ihn unterbrach: einer erstaunlich detaillierten Skarabäus-Brosche und einer massiven Gürtelschnalle, die mit indianischen Symbolen, wahrscheinlich Navajo oder Hopi, versehen war. Seine zweite Karriere.
    Sein Schmiedeofen und die Geräte zur Herstellung von Formen standen in der Garage, aber wenn er an den letzten Feinheiten seiner Schmuckstücke arbeitete, saß er manchmal gern am Küchenfenster, wo er sich an dem Blick auf seinen Rosengarten erfreuen konnte.
    Draußen leuchteten die zahlreichen Blüten trotz des trüben, grauen Regenwetters in Gelb und Rot. Einige waren so groß wie Grapefruits.
    Harry saß mit seinem Kaffee an dem weniger vollen Teil des Tisches, während Ricky auf die andere Seite schlurfte und seine Tasse und Untertasse zwischen die Dosen, Flaschen und Werkzeuge stellte. Er ließ sich so steif auf seinem Stuhl nieder wie ein Achtzigjähriger mit einer schweren Arthritis.
    Vor drei Jahren war Ricky Estefan noch Polizist gewesen, einer der besten, Harrys Partner. Er hatte auch gut ausgesehen mit seinem vollen Haar, das nicht gelblich weiß wie jetzt, sondern dicht und schwarz gewesen war.
    Sein Leben hatte sich geändert, als er ahnungslos mitten in einen Raubüberfall auf einen Lebensmittelladen hineinlief. Der unter Drogen stehende Schütze musste seine Vorliebe für Crack finanzieren, und vielleicht roch er den Polizisten in dem Moment, wo Ricky durch die Tür trat, oder vielleicht war er auch nur in der Stimmung, jeden kaltzumachen, der auch nur versehentlich den Transfer des Geldes aus der Registrierkasse in seine Taschen verzögerte. Was auch immer der Grund war, er schoss viermal auf Ricky, wobei er ihn einmal verfehlte, einmal in den linken Oberschenkel und zweimal in den Unterleib traf.
    »Wie läuft das Schmuckgeschäft?« fragte Harry.
    »Recht gut. Ich verkaufe alles, was ich mache, und kriege mehr Bestellungen für handgefertigte Gürtelschnallen, als ich erledigen kann.«
    Ricky nahm einen Schluck Kaffee und behielt ihn einen Augenblick im Mund, bevor er ihn runterschluckte. Eigentlich konnte er Kaffee nicht gut vertragen. Wenn er zuviel davon trank, spielte sein Magen verrückt - oder das, was von seinem Magen übrig war.
    In den Unterleib geschossen zu werden ist leicht, es zu überleben verteufelt schwer. Er hatte Glück gehabt, dass der Ganove nur eine .22er Pistole gehabt hatte, Pech, dass sie aus so kurzer Entfernung abgefeuert worden war. Zunächst verlor Ricky seine Milz, einen Teil seiner Leber und ein kleines Stück vom Dickdarm. Obwohl die Chirurgen sich alle Mühe gaben, die Unterleibshöhle sauber zu halten, sickerte aus den Schusswunden Kot, und Ricky bekam ganz schnell eine akute diffuse und traumatische Bauchfellentzündung. Die überlebte er so eben. Dann setzte Gasbrand ein, der nicht durch Antibiotika gestoppt werden konnte, und er musste sich einer weiteren Operation unterziehen, bei der er seine Gallenblase und ein Stück Magen verlor. Dann eine Blutinfektion. Seine Temperatur entsprach ungefähr der auf der Sonnenseite des Merkurs. Außerdem erneut Bauchfellentzündung und das Entfernen eines weiteren Stück Darms. Während der ganzen Zeit war er äußerst optimistisch geblieben, und am Ende empfand er es als Segen, dass er so viel von seinem Magen-Darm-System behalten hatte, dass ihm die Demütigung

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