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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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geworden war. Selbst wenn er immer weiter zurückgewichen wäre oder sich umgedreht und versucht hätte, zur Hintertür zu laufen, wäre er nicht entkommen, denn der Landstreicher kletterte blitzschnell wie eine angreifende Schlange aus dem Loch in den Flur. Er packte sich Ricky, riss ihn mit so unmenschlicher Kraft vom Boden hoch, dass jeder Widerstand sinnlos gewesen wäre, und knallte ihn mit einer Heftigkeit gegen die Wand, dass der Putz hätte rissig werden und sein Rückgrat hätte brechen können.
    Als er den Landstreicher nun von Angesicht zu Angesicht sah und seinem stinkenden Atem ausgesetzt war, starrte Ricky in diese Augen und konnte vor Angst nicht schreien. Das waren nicht die Bluttümpel, die Harry beschrieben hatte. Das waren eigentlich überhaupt keine Augen. In den tiefen Höhlen kauerten zwei Schlangenköpfe mit jeweils zwei kleinen, gelben Augen und gespaltenen Zungen, die flatterten.
    Warum ich? fragte sich Ricky.
    Als ob sie zwei Furcht erregende Kastenteufel wären, sprangen die Schlangen aus den Augenhöhlen des Landstreichers und bissen Ricky ins Gesicht.
     

Kapitel 7
     

    Zwischen Laguna Beach und Dana Point fuhr Harry so schnell, dass sich selbst Connie, die Geschwindigkeit und Risiken liebte, abstützte und entsetzte Töne von sich gab, wenn er die Kurven zu scharf nahm. Sie waren in seinem Privatauto unterwegs, nicht in einer Dienstlimousine, deshalb hatte er kein Blaulicht dabei, das er am Dach hätte befestigen können. Er hatte auch keine Sirene; allerdings war der Küsten-Highway um 22.30 Uhr an einem Dienstagabend nicht sonderlich befahren, und durch häufiges Hupen und Aufblenden scheuchte er die wenigen Fahrzeuge zur Seite, die ihn hätten aufhalten können.
    »Vielleicht sollten wir Ricky anrufen und ihn warnen«, sagte sie, als sie noch in Süd-Laguna waren.
    »Hab’ kein Autotelefon.«
    »Wir könnten irgendwo an einer Tankstelle, einem Lebensmittelladen anhalten.«
    »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich nehme an, sein Telefon funktioniert sowieso nicht.«
    »Warum sollte es nicht?«
    »Außer wenn Ticktack will, dass es funktioniert.«
    Sie schössen einen Hügel hinauf und nahmen eine Kurve zu schnell. Die Hinterreifen wirbelten Schotter vom Seitenstreifen des Highway auf und spritzten ihn gegen Wagenboden und 01-wanne. Die rechte hintere Stoßstange schlug gegen die Leitplanke, dann waren sie wieder auf dem Asphalt und rasten ohne zu bremsen weiter.
    »Dann lass uns die Polizei in Dana Point anrufen«, sagte sie.
    »So wie wir fahren, sind wir vor ihnen da, wenn wir keine Zeit mit anrufen verlieren.«
    »Wir könnten vielleicht Verstärkung gebrauchen.«
    »Wir brauchen keine Verstärkung, wenn wir so verdammt spät dran sind, dass Ricky bereits tot ist, wenn wir dort ankommen.«
    Harry war krank vor Sorge und wütend über sich selbst. Er hatte Ricky in Gefahr gebracht, als er heute zu ihm gegangen war. Er konnte zwar zu jenem Zeitpunkt nicht wissen, was er seinem alten Freund damit antat, doch später hätte ihm klar werden sollen, dass Ricky eines der Ziele war, die Ticktack gemeint hatte, als er versprach: erst alles, was du liebst.
    Manchmal war es schwierig für einen Mann zuzugeben, dass er einen anderen Mann liebte, selbst wenn es nur auf brüderliche Weise war. Er und Ricky Estefan waren Partner gewesen, hatten eine Reihe brenzliger Situationen zusammen durch gestanden. Sie waren immer noch Freunde, und Harry liebte ihn. So einfach war das. Doch die amerikanische Tradition männlicher Selbstherrlichkeit ließ ein solches Eingeständnis nicht zu.
    Quatsch, dachte Harry wütend.
    In Wahrheit war es so, dass es ihm überhaupt schwer fiel zuzugeben, dass er jemand liebte, egal ob Mann oder Frau, selbst seine Eltern, denn Liebe war etwas verdammt Vertracktes. Sie brachte Verpflichtungen mit sich, Bindungen, Verwicklungen und den Austausch von Gefühlen. Wenn man zugab, bestimmte Leute zu lieben, musste man ihnen in größerem Maße Einfluss auf sein Leben gestatten, und sie brachten dann all ihre unordentlichen Gewohnheiten mit, ihre unkritischen Vorlieben, verworrenen Meinungen und chaotischen Auffassungen.
    Als sie über die Stadtgrenze von Dana Point donnerten, wobei der Auspuff gegen eine Straßenschwelle schlug, sagte Harry: »Gott, was bin ich manchmal für ein Idiot.«
    »Erzähl mir was Neues«, sagte Connie.
    »Ein richtig verkorkster Typ.«
    »Wir bewegen uns immer noch auf vertrautem Gebiet.«
    Er hatte nur eine Entschuldigung dafür, dass ihm nicht klar

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