Drachenwacht: Roman (German Edition)
dass sie ein Tier mitgebracht haben, das Englisch sprechen und sich deshalb mühelos mit unseren eigenen Tieren verständigen kann.«
»Dann sorgen Sie eben dafür, dass unsere Drachen ein zweites Mal gefüttert werden, das wird schon alle Gedanken an ein Überlaufen, die dieses französische Tier ihnen möglicherweise eingetrichtert hat, wieder aus ihrem Kopf entfernen«, winkte Eldon ab. »Was könnte denn Bonaparte unseren Drachen groß anbieten?«
»Respekt, wenn schon sonst nichts«, sagte Laurence. »Wenn Sie nicht begreifen, dass die Vernachlässigung und die Verachtung, mit der unsere Tiere behandelt worden sind, sie empfänglich werden lassen für das schlichteste Angebot von Höflichkeit und Respekt …«
»Wir haben genug von Ihnen gehört, Laurence«, sagte Lord Mulgrave mit eisiger Stimme. »Sie haben Bonaparte einen größeren Dienst erwiesen, als es Talleyrand, Murat und zehn faselnde Drachen zusammen schaffen würden, selbst wenn sie alle Gelegenheiten der Welt hätten.«
Laurence zuckte zusammen, hoffte aber, dass es ihm keiner angemerkt hatte. Mulgrave hatte den entsetzlichen Plan, den kranken Drachen nach Frankreich zu schicken, gutgeheißen; er hatte die Untersuchung geleitet, in der Laurence zuerst durch Zufall davon erfahren hatte; er hatte die Männer für das Militärgericht ausgewählt und mit tiefstem Hass auf ihn den Vorsitz geführt.
»Ein Mann kann ein Enthusiast sein, auch ohne zum Verräter zu werden«, sagte Mulgrave, »aber Sie sind beides; wenn man Ihnen gestattet
hat, noch ein bisschen länger zu leben – und das war sicherlich nicht meine Entscheidung –, dann sind Sie ganz gewiss der letzte Mann, auf den irgendjemand, der bei Verstand ist, hören würde.«
Wellesley erwiderte scharf: »Diese Worte lenken von den eigentlichen Entscheidungen ab, und ich wage zu behaupten, dass sich Talleyrand zu seinem Erfolg beglückwünschen würde, wenn er zuhören könnte. Sir«, sagte er zu Perceval, »ich bitte Sie, werfen Sie ihn raus, und Murat gleich mit dazu. Jede Minute, in der diese weiße Fahne vor den Augen der Armee weht, nagt an den Herzen meiner Männer. Wir sollten einen Gegenangriff besprechen und nicht darüber verhandeln, wie wir uns ergeben können. Und um das geht es im Augenblick, auch wenn Sie versuchen, darüber hinwegzutäuschen.«
»General Wellesley, Sie und General Dalrymple werden meine direkte Art entschuldigen müssen«, schaltete sich Lord Liverpool ein, »aber so unangenehm, wie es auch sein mag, diese Dinge zu besprechen, wir werden die Bedingungen angenehmer finden als jene, die er uns im März anbieten wird. Ich hoffe, dass meine Bemerkungen nicht als Kommentar zu unserer Armee verstanden werden. Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass Bonaparte jede Armee besiegt hat, die gegen ihn ins Feld geführt wurde, die Russen, die Österreicher, die Preußen, die Türken und auch uns selbst. Mir scheint, dass wir allem zustimmen können, was er fordert, solange unsere Armee und unsere Marine noch ein Weile geschont werden und der König in Sicherheit ist, alles, was Napoleon aus London zurück nach Paris bringt. Dann können wir uns um Murat kümmern …«
»Sind Sie…« Wellesley unterbrach sich selbst und fuhr dann in beherrschterem Tonfall fort: »Solange Bonaparte in England ist, können wir der ganzen Sache mit einem Streich ein Ende machen, nicht nur der Invasion, sondern auch dem Krieg, diesem Konflikt, der seit mehr als zehn Jahren schwärt. Das Letzte, was wir wollen können, ist, dass er abzieht, und das Einzige, wofür wir, verdammt noch mal, dankbar sein können, ist, dass er sich selbst in unsere Reichweite begeben
hat. In einem Monat werden wir fünfzigtausend Mann hier haben; in Edinburgh weitere sechzigtausend, und hundertfünfzig kampfbereite Drachen auf unserem eigenen Boden; in einem Monat …«
»Die Hälfte der Grande Armée sitzt an der Küste Frankreichs und wartet nur darauf, herübergeschafft zu werden und selbst ihren Teil zu erledigen«, warf Eldon ein. »In einem Monat wird Bonaparte zweihunderttausend Mann und mehr hergebracht haben.«
»Nein, wird er nicht.« Die Tür knallte, und Jane Roland trat ein, wobei sie ihre blutgetränkten Handschuhe abstreifte; Blut hatte auch Streifen auf ihrem Gesicht und in ihrem Haar hinterlassen und ihren Mantel beschmutzt. »Was ist?«, entgegnete sie den erschrockenen Fragen und besah sich in einem Spiegel an der Wand. »Oh, ich schätze, ich sehe etwas mitgenommen aus. Aber nein, es ist
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