Drachenwacht: Roman (German Edition)
Nachschub sorgen. Und wir haben weniger Drachen südlich der Berge, die ihnen die Vorräte wegfressen.«
Er nickte. »Sehr gut. Ich muss nach Edinburgh und den Rest der Armee auf Vordermann bringen …«
»Wellesley«, sagte Jane, »ehe Sie gehen, müssen Sie mir folgende Bemerkung gestatten. Ich kann die Männer überall hinbringen, wo Sie sie brauchen, aber ich kann Bonaparte nicht zwingen hierherzukommen und sich ihnen hier zu stellen. Er hat sich inzwischen in London ganz gut festgesetzt, und wenn der Frühling kommt, werden wir selbst die ersten Versorgungsengpässe haben. Schottlands Herden können diese Zahl an Drachen nicht unbegrenzt ernähren. Wir werden auch das Zuchtvieh nutzen müssen.«
Er warf ihr einen harten Blick zu. »Ich wäre Ihnen sehr verbunden«, sagte er, »wenn Sie diese besondere Schwierigkeit nicht vor
den Lordschaften erwähnen würden. Verdammt, ich vermisse Castlereagh.«
Sie schnaubte. »Ich brauche keine Belehrung darüber, wie man mit Männern der Politik umgeht, die keine verdammte Ahnung von meinem Geschäft haben.«
»Nein, das kann ich mir vorstellen«, sagte Wellesley grimmig. »Nun, bringen Sie mir die Armee, und lassen Sie mich darüber nachdenken, wie wir diesen Korsen aus London vertreiben.«
Als Laurence zum Hof zurückkehrte, fand er Temeraire in freudiger Unterhaltung mit Maximus und Lily vor, die ebenfalls von der Küste gekommen waren: Die beiden hatten ohne viel Federlesens mehrere missgelaunte Gelbe Schnitter und eine sehr empörte Ballista vertrieben, um sich Plätze auf den warmen Steinen neben Temeraire zu sichern.
»Ja, das Ei ist geschlüpft«, berichtete Lily gerade, »aber es ist eigentlich zu nichts nütze: Es liegt den ganzen Tag nur da und schreit, und ich mag auch den Geruch nicht besonders.« Dann fügte sie mit loyaler Stimme hinzu: »Aber das ist natürlich nicht Catherines Schuld. Ich bin mir sicher, dafür ist dieser schreckliche Seemann verantwortlich. Ich hätte nie zulassen dürfen, dass er sie heiratet, und jetzt kann sie sich nicht mal mehr von ihm scheiden lassen.«
Harcourt stand gemeinsam mit Berkley bei ihnen, aber Laurence zögerte nicht einmal innerlich, sich zu ihnen zu gesellen. Er war zu müde und fühlte sich zu schlecht, als dass er ein weiteres unbehagliches Wiedertreffen gefürchtet hätte. Catherine sagte jedoch überhaupt nichts, sondern schüttelte ihm die Hand, und er hatte das Gefühl, sie hätte gerne kräftiger zugepackt, als es ihr augenblicklich möglich war. Sie sah zerbrechlich wie eine Eierschale aus und war auch beinahe ebenso weiß im Gesicht, sodass sich ihr hellrotes Haar leuchtend von ihrer Haut abhob, ebenso wie die blauen Ringe unter ihren Augen. Um die Taille herum war noch etwas von den Rundungen zu sehen, die sie während ihrer Schwangerschaft zugelegt
hatte, aber ihre Arme waren dünn, hatten an Muskeln verloren und wirkten schwach. Sie hätte sich eigentlich lieber ausruhen sollen.
Als sie Laurence’ Blick auffing, sagte sie scharf: »Bitte halte mir keine Vorträge. In Zeiten wie diesen kann man auf Lily nicht verzichten. Boney hat versucht, weitere sechzigtausend Mann an Land zu bringen, hast du davon gehört?«
»Habe ich, und ich gratuliere dir zum Sieg«, sagte Laurence. Anders als Riley hatte er nicht das Recht, etwas zu ihrem Gesundheitszustand zu sagen. »Und zu deinem Sohn«, fügte er hinzu.
»O ja«, antwortete sie verzagt. »Danke.«
Die französischen Abgesandten brachen auf. Das kleine, kuppelförmige Zelt wurde auf dem Rücken des Papillon Noir verstaut, und man half Talleyrand an Bord, der vorsichtig und langsam zu seinem Platz kletterte. Murat hingegen stieg wie ein geborener Flieger auf und hakte sich am Hals des Tieres eigenhändig fest. Der Papillon machte viel Aufhebens darum, seine gestreiften, schimmernden Flügel auszuschütteln und mit seinem kleinen, aber blitzenden Orden an seiner Brust bei den anderen Drachen anzugeben, während seine Mitreisenden aufstiegen. Dann rief er fröhlich: »Auf Wiedersehen! Ich hoffe, Sie kommen mich mal besuchen, wann immer Sie wollen, in London oder Paris«, ehe er mit einem Satz in die Luft stieg.
Arkady schickte ihm eine unflätige Bemerkung hinterher und beschnüffelte seine eigene Medaille, die in Wahrheit ein Silberteller war, den Jane ihm letztes Jahr verliehen hatte, um ihn bei den Patrouillenflügen anzuspornen. »Eher auf Nimmerwiedersehen«, sagte Temeraire, der dem kleiner werdenden Drachen mit unwirschem Blick nachsah.
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