Drachenwacht: Roman (German Edition)
halte ja nicht viel von dieser Kocherei«, hatte Maximus verkündet und seine Lefzen geleckt, nachdem er langsam und bedächtig
siebzehn Scheffel Kartoffeln verschlungen hatte, welche in ihrer Schale gebacken worden waren, »aber die hier sind gar nicht mal so schlecht, wenn man keine schönen, frischen Kühe hat, das muss man ja zugeben.«
Temeraire nahm sich viel Zeit für seine eigene Mahlzeit, aber schließlich hatte er sie so lange, wie es ging, ausgedehnt, und Maximus beäugte den letzten Haufen Schafsgekröse so hoffnungsvoll, dass Temeraire endlich zum Ende kommen musste. Und dann blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als unbehaglich im Schlamm zu liegen, zusammengekauert, um es etwas wärmer zu haben, und sich um Laurence Sorgen zu machen.
»Natürlich ist er nicht gerade glücklich«, sagte Gentius schläfrig. »Das Land ist von diesen Fröschen überrannt worden, wer könnte da schon froh sein? Ich würde denken, er wäre nicht ganz bei Verstand, wenn er da Freudentänze aufführen würde.«
»Aber das ist nicht dasselbe, wie unglücklich zu sein«, sagte Temeraire, »wo wir doch dafür kämpfen wollen, dass die Franzosen verschwinden, und wir schon bald in einige Schlachten ziehen werden.«
Gentius legte sinnend den Kopf schief. Dann belehrte er Temeraire: »Die Menschen mögen es manchmal, traurig zu sein. Meine zweite Kapitänin kam gelegentlich mit einem Buch und machte es sich unter meinem Flügel gemütlich, und dann hat sie abendelang beim Lesen geweint. Ich dachte zuerst, sie müsse sich eine Verletzung zugezogen haben, aber sie sagte mir, ich solle mir keine Sorgen machen, sie würde es genießen, und am nächsten Morgen war sie dann wieder bestens aufgelegt.« Temeraire war skeptisch. Er hatte nie bemerkt, dass Laurence, über ein Buch gebeugt, weinte, auch wenn ihm manche Lektüre nicht besonders zusagte.
Aber er wollte das Gespräch mit Gentius nicht noch weiter vertiefen. Um ganz ehrlich zu sein, war Temeraire ein wenig besorgt – er hatte vielmehr die Befürchtung –, nun gut, er hatte Angst zu erfahren, dass Laurence nicht nur verstimmt, sondern zornig war. Ja, er hatte Angst, dass Laurence auf ihn böse war.
Temeraire hatte nie richtig verstanden, was es für Laurence bedeutete, ein Verräter genannt zu werden. Natürlich war ihm klar, dass die Regierung ihn exekutieren oder sie beide, weit voneinander entfernt, einsperren wollte, aber Temeraire hatte geglaubt, dass nun, wo die eine wie die andere Gefahr gebannt schien, alles wieder beim Alten wäre. Und zunächst hatte es ja auch den Anschein gehabt. Sie flogen gemeinsam, sie bekamen ihre Befehle, alles ähnelte dem Alltag zuvor. Und doch war es keineswegs das Gleiche.
Natürlich hatte es gar keine Alternative dazu gegeben, das Heilmittel nach Frankreich zu bringen. Nur hatte Temeraire vor ihrem Aufbruch nicht richtig verstanden, ein Verrat würde bedeuten, dass Laurence sein Leben und seine Mannschaft und seinen Rang verlieren würde.
»Immerhin«, wollte er sagen, »immerhin bist du noch immer mein Kapitän; und schließlich gibt es so viele Kapitäne, die irgendeinen Drachen fliegen, aber ich bin der einzige Drache, der ein Kommodore ist«, aber als er dieses Argument ausprobiert hatte, während er allein war, klang es nicht sonderlich tröstend, sondern vielmehr, als wollte er angeben und sich selbst in den Mittelpunkt rücken, als ob Laurence eher mit Temeraires Ansehen als mit seinem eigenen zufrieden sein müsste. Dabei würde ihn das vermutlich nur noch mehr verletzen, wo er doch überdies auch noch seine goldenen Balken eingebüßt hatte.
Temeraire hob den Kopf aus dem Schlamm und sagte: »Roland, Sie kennen doch Kapitän Fenters Halskette, die goldene mit dem Smaragd, nicht wahr? Die ist ihm doch nicht offiziell verliehen worden, oder? Jeder kann doch etwas in der Art tragen, stimmt’s?« Es war ein hübsches Schmuckstück, das Temeraire und allen anderen auf dem Stützpunkt von Loch Laggan bei dem Kapitän des selbstgefälligen Schwenkflüglers Orchestia aufgefallen war. Temeraire fand, dass dies dem Kapitän eines Drachen von höherem Rang ebenfalls ausgezeichnet stehen würde, auch wenn sich das Korps so wenig um ihn kümmerte. »Glauben Sie, dass Laurence etwas Ähnliches hier in der Stadt erstehen könnte?«
»Ich schätze, er wird es sich nicht leisten können; der Prozess, Sie wissen schon …«, antwortete Emily ein wenig altklug und sah dabei von ihren Stiefeln auf, die sie gerade schwärzte.
»Was für
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