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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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hatte keines der Päckchen für sich behalten. Er gab jedoch keinerlei weitere Erklärungen ab. Stattdessen fuhr er fort: »Die Franzosen suchen unsere Bauern mit marodierenden Truppen heim, um so die Versorgung ihrer Armee zu gewährleisten. Unsere Pflicht ist es, diesen Raubzügen ein Ende zu bereiten und, soweit das möglich ist, ohne größeres Risiko für unsere Drachen die Streitkräfte zu dezimieren, die Napoleon zur Verfügung stehen.«
    Es herrschte Schweigen, dann fragte Granby: »… Meinen Sie … seine Irregulären?«
    »Ja, allerdings«, bestätigte Laurence.
    »Und was sollen wir mit den Gefangenen machen? Sollen wir sie vielleicht in unseren Bauchgeschirren mitnehmen?«, fragte Berkley.
    »Es wird keine Gnade geben«, antwortete Laurence. In seiner Stimme schwang ein Ton weitreichender Endgültigkeit mit, der die anderen davor warnte, noch mehr Fragen zu stellen. Die Kapitäne sprachen nicht einmal mehr untereinander. »Wir werden morgen in Northumberland beginnen und uns in Richtung Süden vorarbeiten. Wir brechen beim ersten Morgenlicht auf, Gentlemen, das wäre alles.«
    Sie standen noch einige Augenblicke beisammen und sahen abwechselnd auf ihre Befehle und zu Laurence; auf ihren Gesichtern malte sich ein seltsam unsicherer Ausdruck. Doch schließlich verteilten sie sich und gingen zurück zu ihren Zelten, ohne dass ein weiteres Wort gewechselt worden wäre. Temeraire selbst war wie betäubt. Er konnte nicht verstehen, warum Laurence das Kommando übernommen hatte. Er hatte doch bereits das Kommando, und es war doch wichtig für einen Drachen, diesen Posten auszufüllen, so war es doch, oder? Das hatte Laurence selbst gesagt. Temeraire wollte nicht selbstsüchtig sein, keinesfalls, nun, wo er wusste, wie egoistisch er bereits gewesen war. Wenn Laurence den Oberbefehl haben wollte, dann sollte er ihn natürlich bekommen, und doch, wenn es für die Politik wichtig war … für alle Drachen …
    Er kämpfte mit sich, doch schließlich wagte er es ängstlich, danach zu fragen, und er fügte eilends hinzu: »Mir persönlich macht das natürlich nichts aus; ich bin froh und glücklich, dass du wieder ernannt worden und ein Kapitän bist. Nur, wenn es so wichtig ist …«
    Er lag eng zusammengerollt bei den anderen, aber alle schliefen bereits. Die übrigen Männer befanden sich in ihren Zelten. Laurence hatte Roland, Demane und Sipho gesagt, sie sollten in seinem Zelt nächtigen, während er draußen blieb, eingewickelt in seinen Mantel und in einen Übermantel, und sich in Karten vertiefte, die er auf einem kleinen Klapptisch ausgebreitet hatte. Hier und dort setzte er mit einem kleinen Wachsstift Markierungen.
    »Im Augenblick ist es wichtiger, dass du nicht das Kommando hast, und auch sonst niemand außer mir selbst«, sagte Laurence.
    In seiner Stimme schwang etwas Seltsames mit: Sie war flach, als ob er sich keine großen Gedanken darüber machte, was er sagte, und er blickte auch nicht von seiner Arbeit auf. Temeraire wünschte sich sehr, dass es nicht so dunkel wäre und er Laurence’ Gesicht würde sehen können. Laurence ergänzte: »Außerdem ist es noch nicht bewiesen, dass die Gerichte dich als wirklichen Befehlshaber anerkennen würden, und ich hoffe, du würdest nicht das Leben und die
Karriere der anderen Kapitäne aufs Spiel setzen, um deine Position unnachgiebig zu bewahren.«
    »Aber«, wandte Temeraire ein, »riskieren sie denn ihr Leben nicht immer?«
    »In der Schlacht schon«, sagte Laurence, »aber nicht hinterher.«
    Temeraire wollte die Angelegenheit nicht vertiefen. So entsetzlich es auch war zu glauben, dass Laurence böse auf ihn war, es wäre weitaus schlimmer, es tatsächlich zu wissen, von Laurence selbst zu hören. »Laurence«, begann Temeraire trotzdem tapfer, »bitte erklär mir das. Ich weiß … Ich weiß, ich habe zugelassen, dass man dir wehtut, weil ich mir nicht genug Mühe gegeben habe, die Dinge zu begreifen, und ich will nicht, dass das noch einmal geschieht. Aber ich kann es nicht verhindern, wenn ich nicht weiß, was los ist.«
    Bei diesen Worten sah Laurence auf, und in seinen Augen spiegelte sich für einen kurzen Moment ein Licht von der Burg oben auf dem Hügel: »Es gibt nichts, wobei du mir helfen müsstest. Ich bin nicht in Gefahr.«
    »Aber wenn die anderen in Gefahr sind, dann bist du es doch auch«, hielt Temeraire dagegen.
    »Ich kann nicht zweimal verurteilt werden«, schloss Laurence. »Bitte versuch, ein bisschen zu schlafen; wir müssen

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