Drachenwacht: Roman (German Edition)
großen Drachen«, erläuterte Perscitia. »Und einem
Langflügler, aber Gentius macht sich nicht mehr oft die Mühe, seine Höhle zu verlassen.«
»Ich nehme an, das sind alles seine Freunde«, sagte Temeraire.
»Keiner mag Requiescat wirklich«, warf Moncey ein, der auf dem Vorsprung über Temeraires Höhle hockte. »Er frisst so viel, und er verzichtet nie auf irgendetwas, selbst wenn die Versorgung knapp ist. Aber er ist der größte Drache, und deshalb sollte es keinen Kampf geben. Die allgemeine Regel ist, dass eine Höhle im Streitfall an denjenigen geht, der am stärksten ist. Und niemandem ist es gestattet, sich einen Ort auszusuchen, der seiner Rasse nicht angemessen ist, damit die anderen nicht neidisch und zänkisch werden.«
»Wie du siehst, ist es so ungerecht, wie ich es dir gesagt habe«, fügte Perscitia verbittert hinzu. »Als ob das Einzige, was wichtig ist, das Körpergewicht wäre oder wie gut jemand im Kratzen, Beißen und Treten ist, um seine Meinung durchzusetzen. Nie werden die wirklich wichtigen Eigenschaften berücksichtigt.«
»Ich verstehe, dass die Regelung Sinn macht, um sich eine Höhle auszusuchen«, sagte Temeraire. »Aber sie ist in diesem Fall unsinnig, denn schließlich habe ich eine gewählt, die er vor meiner Ankunft jederzeit hätte haben können. Es kann nicht sein, dass er sie mir jetzt wieder wegschnappen darf, nachdem ich sie mir mit so viel Mühe behaglich gemacht habe. Und er ist auch nicht stärker als ich, obwohl er mehr wiegt. Ich wüsste zu gerne, ob er schon einmal ganz allein eine Fregatte versenkt hat, während er einen Fleur-de-Nuit im Nacken hatte. Und was die Herkunft angeht: Meine Vorfahren waren Gelehrte in China, während seine noch in Löchern dahinvegetierten.«
»Das mag schon sein; aber er kennt alle Mitglieder des Rates und du nicht«, wandte Moncey vernünftig ein. »Du kannst nicht gegen ein Dutzend Schwergewichte gleichzeitig kämpfen, und du musst schon entschuldigen, aber niemand, der dich ansieht, würde sagen: ›Also wirklich, da hat der alte Requiescat mal einen würdigen Gegner gefunden.‹ Nicht, dass du klein bist, aber du siehst doch ein bisschen schmal um die Brust aus.«
»Das stimmt nicht, oder?«, fragte Temeraire und reckte besorgt den Kopf, um sich selbst betrachten zu können. Er hatte keine Stacheln auf dem Rücken wie Maximus oder Requiescat, sondern war schlank, und für englische Verhältnisse war er vielleicht ein bisschen lang für sein Gewicht. »Aber immerhin ist er ja auch kein Feuer-oder Säurespucker.«
»Und du?«, fragte Moncey.
»Ich auch nicht«, entgegnete Temeraire, »aber ich beherrsche den Göttlichen Wind. Laurence sagt, der ist noch viel besser.« Mit einiger Verspätung dämmerte es ihm, dass Laurence in dieser Angelegenheit ein wenig voreingenommen gewesen sein mochte. Moncey und Perscitia jedenfalls blickten verständnislos drein, und es war schwer zu erklären, wie der Göttliche Wind funktionierte. »Ich brülle auf eine bestimmte Art und Weise. Ich muss ganz tief einatmen, und dann habe ich ein angespanntes Gefühl in der Kehle, und dann… dann sorgt das Geräusch, das ich von mir gebe, dafür, dass die Dinge zerbersten … Bäume und so weiter«, endete Temeraire mit einem verschämten Murmeln, denn er war sich bewusst, dass es sehr einfach und nutzlos klang, wenn er es so beschrieb. »Es ist sehr unangenehm, wenn man das Brüllen abbekommt«, fügte er trotzig hinzu, »zumindest muss ich davon ausgehen, wenn ich daran denke, wie sich andere benommen haben, wenn sie vor mir standen und ich den Göttlichen Wind anwandte.«
»Wie interessant«, antwortete Perscitia höflich. »Ich habe mich oft gefragt, was Klang eigentlich genau ist. Wir sollten einige Experimente durchführen.«
»Experimente werden den Rat nicht beeindrucken«, gab Moncey zu bedenken.
Temeraire klopfte sich mit dem Schwanz gegen die Flanke, dachte nach und sagte dann angewidert: »Nein, ich verstehe schon, das ist alles eine Frage der Politik. Für mich ist die Sache klar: Ich muss mir überlegen, was Lien tun würde.«
Am nächsten Tag fing er Lloyd ab und sagte: »Lloyd, ich bin heute schrecklich hungrig. Könnte ich eine zusätzliche Kuh bekommen und sie mir zu meiner Höhle mitnehmen?«
»Na also, so ist es schon besser«, lobte ihn Lloyd, der alles andere als taub gegenüber einer Bitte war, die seinen eigenen Plänen bezüglich der Drachenfortpflanzung derartig entgegenkam. Sofort veranlasste er alles Nötige.
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