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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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nehmen, die groß genug für einen Königskupfer sind, denn dann würden das Streiten und der Ärger nie aufhören, und früher oder später würden sich die Menschen selbst einmischen und alles nur noch schlimmer machen. Sie denken, dass Schnitter weniger nützlich als Schwenkflügler sind, nur weil es mehr von ihnen gibt und sie sich zu Gruppen zusammenschließen. Sie merken nicht, dass es genau andersherum ist. Und sie haben viele derart merkwürdige Auffassungen. Aber das ist nicht das Gleiche, wie dir eine Höhle zu stehlen, die deiner Größe und Position vollkommen angemessen ist.« Er hielt inne und fragte vorsichtig; »Ich schätze, du hattest noch keine eigene Formation, oder?«
    »Nein«, erwiderte Temeraire, »jedenfalls nicht offiziell, obwohl Arkady und die anderen unter meinem Befehl kämpften. Und ich war Flügelkamerad von Maximus: Er ist Laetificats Nachkomme.«
    »Laetificat, ja! Prächtiger Drache«, schwärmte Gentius. »Ich habe unter ihr gedient, musst du wissen, im Jahre sechsundsiebzig. Wir haben in Boston mit den Kolonien aufgeräumt. Sie haben unsere Stellungen mit Artillerie beschossen …«
    Als Temeraire sich endlich wieder losreißen konnte, hatte er Gentius das feste Versprechen abgenommen, beim Ratstreffen dabeizusein. So kehrte er in Hochstimmung zu seiner Höhle zurück und war sehr stolz auf den Erfolg seiner ersten Anstrengungen. »Wer ist
sonst noch Mitglied im Rat?«, fragte er. Während Perscitia begann, Namen aufzuzählen, mischte sich Reedley, ein Mischling, zur Hälfte ein Winchester mit gelben Streifen, aus einer Ecke ein: »Du solltest mit Majestatis sprechen.«
    Sofort geriet Perscitia in Zorn: »Ich sehe keinen Grund, warum er Derartiges tun sollte. Majestatis ist ein ganz und gar durchschnittlicher Drache, und er ist nicht einmal Mitglied des Rates.«
    »Er hat dafür gesorgt, dass ich auch etwas vom Fressen abbekam, als alle krank und die Vorräte knapp waren«, warf Minnow von der anderen Seite her ein. Sie war ein schlammfarbener Wilddrache mit einem Einschlag von Graukupfer und Scharfspucker; ja sie hatte sogar etwas von einem Garde-de-Lyon, der ihr zu ihren leuchtend orangefarbenen Augen und den blauen Tupfen verholfen hatte, die ihre sonst langweilige Färbung auflockerten.
    Ein leises Gemurmel allgemeiner Zustimmung erhob sich. Mittlerweile drängten sich etliche Drachen in Temeraires Höhle, um ihm mit gutem Rat und Kommentaren zur Seite zu stehen. Viele der kleineren Tiere zeigten reges Interesse an Temeraires Fall. Unter ihnen waren auch jene, denen er Unterschlupf gewährt hatte, und deren Bekannte. Daneben gab es noch eine nicht unbedeutende Anzahl von Drachen, die Requiescat für ihr tatsächliches oder eingebildetes Ungemach in der Vergangenheit verantwortlich machten. »Und er ist nur deshalb nicht im Rat, weil er darauf keinen Wert legt. Er ist ein Parnassianer«, fügte Minnow an Temeraire gewandt hinzu.
    »Es würde nicht einmal einen Unterschied machen, wenn er ein Flamme-de-Gloire wäre«, entgegnete Perscitia kühl, »denn schließlich macht er kaum noch etwas anderes als schlafen.«
    Moncey stieß Temeraire mit der Schnauze an und murmelte: »Er hat ihr mal vor sechs Jahren einen Fehler nachgewiesen.«
    »Das war nur ein kleiner Rechenfehler«, fiel Perscitia aufgebracht ein. »Ich wäre auch sofort selbst darauf gekommen, aber ich beschäftigte mich gerade mit einer weitaus wichtigeren Frage …«
    »Wo wohnt er?«, unterbrach Temeraire sie; er hatte das Gefühl,
dass jeder, der keine Zeit für Politik hatte, sehr vernünftig sein musste.
    Tatsächlich schlief Majestatis gerade, als Temeraire ihm einen Besuch abstattete. Seine Höhle lag etwas ab vom Schuss und war nicht besonders geräumig. Temeraire bemerkte, dass er tiefer im Innern einen sorgfältig platzierten Steinhügel aufgeschüttet hatte, der die Blicke abschirmte. Als Temeraire seine Pupillen aufriss, so weit es ging, glaubte er, dahinter eine dunklere Öffnung zu erspähen, die wie ein Durchgang wirkte, der tiefer ins Innere des Felsens führte.
    Er rollte sich zusammen und blieb geräuschlos sitzen, um, wie es die Höflichkeit gebot, abzuwarten. Als Majestatis jedoch nach einiger Zeit immer noch keine Anzeichen machte aufzuwachen, hustete Temeraire. Zehn Minuten waren vergangen, vielleicht auch nur fünf – fast fünf jedenfalls –, und Temeraire hustete schließlich noch einmal, diesmal mit etwas mehr Nachdruck, woraufhin Majestatis seufzte und ohne die Augen zu öffnen, sagte:

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