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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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war Jor Herut in der Rolle des Herrschers, verhielt er sich gänzlich anders als sein Vater. Der neue Herrscher entließ einen großen Teil der Bediensteten des Palastes. Die prunkvollsten Räume wurden verschlossen, und Jor Herut residierte und regierte im schmalen Westflügel, der keinerlei Größe oder Macht ausstrahlte.
    In Klüch erließ er neue Gesetze. Das Gildewesen entstand, und bald kontrollierten nicht mehr die Räuberbanden die Stadt, sondern die Gilden. Daraufhin kehrten viele derjenigen zurück, die die Stadt in Angst verlassen hatten.
    Der neue Herrscher ließ eine ganze Flotte Handelsschiffe bauen, die große Mengen Fleisch und Brot innerhalb weniger Tage an die entfernte Südküste von Derod bringen konnten. Von dort kehrten die Schiffe mit Früchten und Gewürzen zurück. Auch die kargen Küstengebiete der nordwestlichen Provinzen des Landes konnten mit diesen Schiffen beliefert werden. Und schmale Frachtkähne fuhren den Heke hinauf ins Landesinnere.
    Zu Beginn seiner Regierungszeit hatte sich Jor Herut meist in sein Studierzimmer zurückgezogen, doch mit zunehmendem Alter bereiste er das Land, das er regierte. Es gelang ihm, mit ruhigen Verhandlungen die Feindschaften in den nordwestlichen Provinzen zu schlichten. Auch durch das Nordostland und die südlichen Provinzen kam er oft. In der Chronik von Hequis wurde ausschweifend von den beiden Besuchen berichtet, die der Herrscher dem Dorf abgestattet hatte. Stundenlang hatte er die Drachen beobachtet, stand in der Chronik. Davor und danach hatte kein Herrscher von Derod je einen Fuß in das Dorf im Nordostland gesetzt, und auch heute noch erinnerten sich die Älteren in Hequis mit Wohlwollen an den vormaligen Herrscher.
    Seine Reisen legte Jor Herut nicht etwa in den prächtigen, mit Gold beschlagenen und im Inneren mit feinstem Samt ausgestatteten Wagen des Vaters zurück, sondern er reiste in einer Kutsche aus einfachem Holz. Auch wurde er nicht von einer vielköpfigen Garde beschützt, sondern umgab sich nur mit wenigen Vasallen.
    Als Jor Herut auf einer dieser Reisen war, erreichte ihn während seiner Gespräche in den Nordländern die Kunde, dass einer seiner Berater sich in Klüch zum neuen Herrscher von Derod ausgerufen hatte, nachdem er Jor Heruts Tod verkündet hatte. Der Berater hatte das Heer von Klüch unter seine Kontrolle gebracht, und die Generäle standen auf seiner Seite.
    Jor Herut wusste, dass es sein Todesurteil bedeutete, wenn er nach Klüch zurückkehrte, doch er musste seinen Untertanen zeigen, dass er noch lebte. Selbst wenn er dann von dem Usurpator getötet wurde – das Volk würde diesen nicht als neuen Herrscher annehmen, und es würde sicher zu einer Revolte kommen. Noch am gleichen Abend brach Jor Herut nach Klüch auf.
    Nach langer Reise kam er an seinem Regentensitz an, fuhr mit seiner Kutsche durch das Südtor ein. Keiner der Soldaten in Klüch wagte, sich dem Herrscher in den Weg zu stellen, und so erreichte Jor Herut unbehelligt seinen Palast, wo er schon von seinem ehemaligen Berater erwartet wurde – und von unzähligen mit Schwertern bewaffneten Soldaten.
    Vom Balkon verfolgte der ehemalige Berater, wie Jor Herut in seinen Palast kam, und das war das letzte Mal, dass die Klücher ihren Herrscher lebend sahen, denn am nächsten Tag wurde sein Körper in einem offenen Wagen durch die Stadt gefahren und auf dem großen Marktplatz verbrannt. Damit hatte die Herut-Dynastie ein Ende gefunden.
    Der Name dieses ehemaligen Beraters und neuen Herrschers war Talut Bas. Niemand wusste, woher er gekommen war oder wie lange er als Berater im Palast gedient hatte, doch die Schnelligkeit, mit der er die Macht über Derod an sich gerissen hatte, sprach beredt von seinem Ehrgeiz und seiner Skrupellosigkeit.
    In der Zeit nach Jor Heruts Tod schwärmten die Wachen des neuen Herrschers aus, um im ganzen Land die Abtrünnigen zu verfolgen, die Ränke gegen den neuen Herrscher schmiedeten. Bald waren die meisten von ihnen gefunden und öffentlich hingerichtet worden. In Derod kam es zu keinem Aufstand.
    Als Erstes ließ Talut Bas den Palast wieder zu alter Größe herrichten. Die verschlossenen Räume wurden aufgebrochen, das Gold und die Edelsteine poliert. Bald erstrahlte der Palast in einer Pracht, wie man sie in Klüch noch nicht gesehen hatte. Talut Bas hielt rauschende Feste für die reichen Händler und die Edelleute der Stadt.
    Der Herrscher entsandte Truppen in alle Teile Derods, und bald kontrollierte er das gesamte Land.

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