Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler

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Handfläche. »Kommt heran«, befahl er.
    Gemessenen Schrittes näherten sich Seld und Ark dem Herrscher von Derod. Ihre Stiefel strichen geräuschlos über den Teppich, und nun bemerkte Seld die Soldaten, die stumm zwischen den Säulen standen, eine Hellebarde in der rechten Hand.
    Es war nun zehn Jahre her, dass Seld diesem Mann, der für den Tod seiner Frau verantwortlich war, in die Augen geblickt hatte. Während Seld von diesen Jahren ausgezehrt worden war und sich in seinem Gesicht erste Falten abzeichneten, schien die Zeit an Talut Bas spurlos vorübergezogen zu sein. Er sah noch aus wie an dem Tag, als er die Macht über das Land an sich gerissen hatte.
    Taluts Gesicht war das Antlitz eines Falken: Die Nase lief spitz zu, der Mund war schmal und bewegte sich beim Sprechen kaum, und die nimmermüden Augen schienen niemals zu blinzeln. Seine Mundwinkel hatte er spöttisch in die Höhe gezogen, und die blonden Haare fielen ordentlich auf die Schultern.
    »Ich hoffe, ihr hattet eine gute Reise. Hier, trinkt!« Talut griff nach einem Porzellankrug, der auf einem goldenen Tablett neben seinem Thron stand, und warf den Krug in Selds Richtung.
    Mit der Rechten fing Seld den Krug am Griff. Einen Augenblick wollte er den Krug dem Herrscher ins Gesicht schleudern, um dessen Ausdruck von Hohn wegzuwischen. Der Mann, der vor Seld auf dem Thron saß und diesen Platz unrechtmäßig einnahm, hatte Alemas Tod befohlen. Er hatte sie nicht haben können, und niemand anders hatte sie zum Weib bekommen sollen, also musste sie sterben.
    Es schien Seld, als wäre die Zeit stehen geblieben. Talut rührte sich nicht, hielt seine dunklen Augen auf Seld geheftet, der zu Füßen des Throns stand, den Krug haltend. Dann hob Seld seine Hand und ließ einen Schluck der Flüssigkeit aus dem Krug in seinen Mund fließen. »Herbstwein aus dem Nordostland«, sagte Seld und warf den Krug in einem hohen Bogen zurück zu Talut.
    Dieser fing ihn und warf ihn achtlos zur Seite. Der Krug zerschellte auf dem Steinboden neben dem Thron, und der Herbstwein floss in die Ritzen zwischen den Steinen. »Du weißt ja, was ich mit Dingen aus dem Nordostland mache, die mich nicht mehr interessieren«, sagte Talut Bas.
    Seld fühlte eine unbändige Wut in sich aufsteigen. Auf diesem Thron hatte Talut gesessen, als er seinen Offizieren den Befehl gegeben hatte, im Nordostland Unheil zu stiften ... und damit Alema zu töten. Er selbst hatte keinen Finger krümmen müssen, denn er hatte gewusst, dass die Hequiser Alema meucheln würden.
    Hätte Seld ein Schwert in der Hand gehalten, hätte er in diesem Augenblick den Herrscher angegriffen, auch wenn es seinen eigenen Tod bedeutet hätte. Doch so verharrte Seld, jeden Muskel bis zum Zerreißen gespannt. Er fühlte den Blick seines Freundes auf sich ruhen.
    »Ich bin nicht hierher gekommen, um mir Euer Gerede anzuhören, Talut.« Seld machte zwei Schritte nach vorne, bis er direkt bei den Stufen zum Thron stand. »Die Drachen kommen nach Klüch.«
    »Was macht dich dessen so sicher?« Talut schaute interessiert auf Seld hinunter.
    »Wir sind ihnen gefolgt. Sie sind geradewegs in Richtung Klüch marschiert.« Seld vermied es, von seinen Geistesreisen und den Stimmen der Drachen zu erzählen.
    »Was kannst du mir sagen, warum die Drachen die Berge verlassen haben ... Vorsteher.« Talut tippte seine Fingerspitzen aneinander.
    »Wir wissen es nicht«, antwortete Seld.
    »Gibt es Zeichen von Dämonen?«
    Seld zögerte, doch es konnte sein, dass Talut schon von dem Vorfall mit dem Dämonen erfahren hatte. »Ja. In den Drei Dörfern hat ein Dämon angegriffen. Ein Drache hat sich ihm entgegengestellt.«
    Talut nickte. In seinen Augen sah Seld, dass dies dem Herrscher bereits bekannt gewesen war.
    Ark trat neben Seld. »Was werdet Ihr unternehmen, wenn sich die Drachen der Stadt nähern?«, fragte er.
    Talut bedachte Ark mit einem langen Blick. Dann erhob er sich und kam mit langsamen Schritten die Treppe herab. Seld und Ark traten zur Seite, und der Herrscher ging zwischen ihnen hindurch. Der Geruch eines süßlichen Parfüms stieg in Selds Nase, und das rote Gewand, in das Talut gehüllt war, streifte ihn. Der Herrscher machte einige Schritte auf dem Teppich, ließ seinen Blick über die Wachen gleiten. Schließlich drehte er sich wieder zu Seld und Ark um. »Kommt hierher.«
    Die beiden blickten sich kurz an, dann näherten sie sich ihm. Talut ging zu einem der Fenster an der Seite. Er streckte seinen rechten Arm aus.