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Drachenwächter - Die Prophezeiung

Drachenwächter - Die Prophezeiung

Titel: Drachenwächter - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Löffler
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sind noch keine Flüchtlinge, wir sind weit genug von der Stadt entfernt, und die Bäume geben uns ein wenig Schutz. Ich fürchte, der Herrscher will die Drachen angreifen, und sie werden sich der Stadt von Nordwesten nähern.«
    Quint blickte zu der Stelle, auf die Seld wies. »Ich werde unsere Leute sofort dorthin bringen.« Er nickte. »Danke.«
    Seld wurde von den Wachen in die Stadt eingelassen – es waren dieselben Männer, die sich ihm gestern noch in den Weg gestellt hatten. Wieder verlangte eine aufgebrachte Meute von Flüchtlingen Einlass hinter die schützenden Mauern, doch sie wurde von einer Hundertschaft in Schach gehalten.
    Die Stadt war noch immer in Aufruhr. Nun bereiteten sogar einige Klücher ihren Aufbruch vor – doch wohin sollten sie gehen? Der Norden war zu unsicher, also mussten sie der Küste weiter nach Süden folgen. Doch in dieser Richtung gab es nur verstreute Dörfer bis hinab zur Ewigen Wüste, die Derod im Süden und Osten begrenzte.
    Über den Heke ging Seld zum alten Teil der Stadt, doch dort nicht den Berg hinauf zum Palast, sondern er wendete sich in die andere Richtung – zu einem der ruhigeren Randbezirke nahe der Stadtmauer. Hier standen die ältesten Wohnhäuser der Stadt. Hinter Fassaden mit verschwenderischem Zierrat lebten reiche Kaufleute, die Großgrund-besitzer, niederer Adel und Begünstigte des Herrschers. Ein künstlicher Nebenlauf des Heke war angelegt worden, der nun in sanften Kurven durch einen ausladenden Park floss. Unter den Blättern der Gigantenbäume, die selbst die meisten Häuser der Stadt überragten, hatten Dichter im Frühling ihre Balladen geschrieben.
    Durch diesen Park kam Seld schließlich zur Gelehrtenstätte. Er trat die abgewetzten Stufen zur Pforte hinauf und blickte an der ver-witterten Fassade des Gebäudes hoch. Es war so alt wie der Palast des Herrschers, doch die Gelehrtenstätte war viele Male von Baumeistern umgebaut worden und war inzwischen ein unüberschaubares Konglomerat verschiedener Baustile. Hatte ein Baumeister begonnen, den Westflügel mit neuen Erkern zu ergänzen und das Dach mit roten Lehmziegeln zu decken, so hatte ein anderer versucht, den Ostflügel vom Prunk zu befreien und Wasserspeier und Verzierungen wegschlagen lassen, doch das verwitterte Gebälk unter dem Dach nicht angerührt. Das Portal, das so hoch wie drei Männer war, hatte die Jahre unangetastet überstanden.
    Seld schlug den schweren Messingklopfer gegen das Holz und lauschte dem dumpfen Pochen, das sich hinter der schwarzen Tür ausbreitete. Dann näherten sich von innen her Schritte, und die Pforte wurde ein Stück geöffnet. Ein dürrer Mann erschien in der Tür und schaute an Seld fragend und grußlos hoch. Vom kantigen Schädel des Mannes standen graue Haarsträhnen in alle Richtungen ab, und er war in einen schmucklosen schwarzen Umhang gehüllt.
    »Mein Name ist Seld Esan. Ich komme aus Hequis im Nordostland –«
    »Das Drachendorf!«, entfuhr es dem Mann, der eine auffallend helle Stimme hatte. »Davon habe ich viel gehört!«
    Seld nickte. »Ich möchte mit dem Obersten Gelehrten sprechen.«
    »Zu welchem Zweck?« Der Mann öffnete die Tür ein Stück.
    »Ich muss etwas über eine bestimmte Prophezeiung erfahren. Es ist sehr wichtig.«
    Der Mann schien nachzudenken. Schließlich nickte er. »Nun gut.«
    Die Pforte schwang auf, und Seld trat ein.
    Galen Cohm blickte aus dem Fenster. »Die Leute haben Angst«, sagte er. »Diese Narren. Man kann ihre Furcht fast schon riechen. Sie wissen nicht, ob sie hier bleiben oder fliehen sollen.«
    »Sei gnädig mit ihnen, Vater.« Mesala saß an seinem Bett und las ein Buch über die Herut-Dynastie. Erst seit Galen ans Bett gefesselt war, hatte er seine Tochter Lesen gelehrt. »Niemand weiß, was die Drachen in Klüch tun werden.«
    »Vielleicht ist es ein Segen, ein Krüppel zu sein. Wer nicht fliehen kann, stellt sich jedem Schicksal.«
    »Wolltest du fliehen?«
    Galen sah seine Tochter an. »Nein«, gab er zu, dann lächelte er. »Vor den Drachen habe ich keine Angst mehr. Ich quäle dich mit meinen bitteren Gedanken und halte dich vom Lesen ab. Hör nicht auf mich. Lies weiter. Ich möchte dich auch noch das Schreiben lehren.« Er lehnte sich auf seinem Lager zurück und schloss die Augen.
    Der Mann geleitete Seld durch ein Labyrinth enger Gänge. Immer wieder kamen die beiden an Studenten vorbei, die die gleichen unscheinbaren Gewänder trugen und sich flüsternd unterhielten. Es gab nur wenige schmale

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