Drachenwächter - Die Prophezeiung
es, dorthin zu reisen, doch es war ein gefährliches Leben. Oft führte mich meine Reise nach Klüch. Ich traf mich dort mit meinem Freund Ark Sibin, der im Heer von Talut Bas diente. Von ihm erfuhr ich von den Truppenbewegungen des Herrschers, und wir konnten den schlimmsten Gefechten aus dem Weg gehen.«
»Und Alema? Wann hast du nun meine Schwester zum ersten Mal getroffen?«
»Das war nicht leicht. Ich wollte diese Frau wiedersehen. Was sie getan hatte, sprach sich in Klüch herum, so erfuhr ich auch ihren Namen ... und dass sie aus einer einflussreichen und alten Klücher Familie stammte. Stimmt es, dass die Cohm-Familie sogar mit der Herut-Dynastie verwandt ist?«
Mesala nickte. »Einer meiner Großonkel ist ein Herut.«
»Jedenfalls war mir damit klar, dass ich keine Gelegenheit haben würde, dieses Mädchen zu treffen oder gar zu gewinnen.«
»Wie ist es dir dann gelungen?«
»Mit Dreistigkeit. Ich bin zu der Residenz gegangen, in der deine Familie damals gelebt hat ... warum seid ihr von dort weggegangen?«
»Talut hat ... aber das ist eine andere Geschichte. Erzähl deine.«
Seld nahm den Faden wieder auf. »Ich klopfte an eure Pforte, und ein Bediensteter öffnete die Tür. Er bedachte mich mit misstrauischen Blicken und weigerte sich, Alema an die Tür zu holen oder mich einzulassen. Doch Alema hatte ihren Namen vernommen und kam hinzu. Ich sagte, dass ich sie bei der Hinrichtung gesehen hatte, doch als ich weitersprach, verhaspelte ich mich nach wenigen Sätzen. Sie lächelte mich nur an. Dann rief jemand ihren Namen, wahrscheinlich euer Vater, und sie packte mich an der Hand und rannte mit mir los. Wir liefen durch Klüch und redeten. Wie ein Wasserfall erzählte mir Alema von ihrem Hass auf Talut, der alles zerstörte, was Jor Herut aufgebaut hatte.«
Seld erhob sich, reckte seine steifen Glieder, und Mesala tat es ihm gleich. Sie traten an die Reling und blickten zu den Sternen auf. »Wir verbrachten die ganze Nacht zusammen. Sie fragte mich nach dem Nordostland und den Drachen. Wir landeten schließlich in einer Scheune in der Vorstadt.« Seld lächelte.
»Und sie ging sofort mit dir ins Nordostland?«
»Nein. Mein Lehrmeister hatte eine Wagenladung Töpfe und Metallschmuck gekauft, und wir brachen am nächsten Tag in die Südländer auf. Ich hatte keine Gelegenheit mehr, mit ihr zu sprechen, und ich wusste nicht, was euer Vater mit ihr gemacht hatte, nachdem sie wieder nach Hause gekommen war. In den folgenden Tagen und Nächten waren meine Gedanken in jeder freien Minute bei ihr. Als ich schließlich nach Klüch zurückkehrte, erwartete ich, dass Alema mich längst vergessen hätte, doch so war es nicht. Wieder verschwand sie vor den Augen eures Vaters, und er rief mir Verwünschungen hinterher. Wieder verbrachten wir einen wundervollen Tag. Ich erzählte ihr, dass ich mit meinem Lehrmeister nach Hequis zurückkehren würde, und sofort bat sie mich, dass sie mitkommen dürfte.«
»Aber meine Eltern ...«
Seld stieß sich von der Reling ab und machte ein paar Schritte auf Deck. »... drohten, sie aus der Familie auszuschließen, wenn sie mit mir ging. Sie kam mit mir, und sie wurde ausgeschlossen. Wir waren kaum in Hequis angekommen, da haben wir schon geheiratet.«
Mesala nickte. »Möchtest du wissen, was mir meine Eltern gesagt haben?«
Seld blickte sie fragend an.
»So lange ich zurückdenken kann, haben mir meine Eltern erzählt, dass du Alema entführt hast. Du sollst sie betört und verwirrt haben, bis sie nicht mehr Herr ihrer Sinne war. Dann hättest du sie mit Gewalt ins Nordostland gebracht und sie den Drachen geopfert.«
»Und du hast es geglaubt?«
»Du weißt, was man in Klüch über die Menschen aus dem Nordostland und besonders aus Hequis, dem Drachendorf, sagt. Wie soll man zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden, wenn man nur eine Geschichte als Wahrheit erzählt bekommt?«
Seld trat wieder zur Reling, stützte sich darauf und blickte auf das nachtschwarze Meer hinaus. »Alema ging mit mir nach Hequis, weil wir uns liebten«, sagte er leise. »Ich habe sie nicht gezwungen. Und ich habe sie nicht den Drachen geopfert.«
»Ich glaube dir.« Mesala legte ihre Hand auf seine Schulter. »Aber sie ist doch von den Drachen getötet worden, nicht wahr?«
Seld senkte den Blick. »Das weiß ich nicht. Sie wurde in eine Drachen grube geworfen. Vergiss alles, was dir bisher über Alemas Tod erzählt worden ist.«
Mesala wartete gespannt.
»Talut Bas hat Alema getötet.
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