Drachenwege
Alarm schlägt, und geben nicht mehr selbst Obacht. Ich kann es nicht genug wiederholen, aber ich finde, dass wir ohne einen Wachwher besser dran sind.« Er legte eine Pause ein, um die volle Aufmerksamkeit seiner Kollegen auf sich zu ziehen. Dann fuhr er fort: »Aber ich wundere mich, aus welchem Grund Natalon so erpicht darauf ist, einen Wachwher zu halten.«
Tief in Gedanken versunken stahl Kindan sich davon.
Er wusste, wie wichtig Wachwhere für die Sicherheit eines Bergwerks waren. Splitter und Scherben! Hatte Panit nicht zu den Kumpeln gehört, die Dask aus der Grube geborgen hatte, nachdem die Firste eingestürzt war? Und außer Panit schienen die Bergleute nichts gegen den Einsatz eines Wachwhers einzuwenden haben. Wieso sträubte sich Panit so sehr dagegen, diese zusätzliche Sicherheitsmaßnahme zu ergreifen?
Kindan grübelte weiter. Aus irgendeinem Grund wollte Panit den Eindruck erwecken, Natalon sei zu faul, selbst für Schutz in der Grube zu sorgen. Und wenn die Bergleute erst einmal davon überzeugt waren, dass ihr Obersteiger nicht für ihre Sicherheit sorgen konnte, würden sie vielleicht abwandern und das Camp verlassen.
* * *
Nach der Feier, als Meister Zist und Kindan sich wieder in ihrem Cottage einfanden, rief der Harfner den Jungen zu sich ins Arbeitszimmer.
Meister Zist leitete das Gespräch mit einem Lob ein.
»Nuella und du, ihr habt wunderbar zusammen musiziert. Meinen Glückwunsch.«
»Danke.«
»Demnächst werde ich dir ein paar neue Lieder beibringen«, fuhr der Harfner fort. »Ich finde, es ist an der Zeit, dass wir beide ein Duett proben.«
»Und was wird aus Nuella?«, wollte Kindan wissen.
Meister Zist schüttelte den Kopf. »Wenn die Handelskarawane weiterzieht, muss sie sich wieder verstecken. Offiziell ist sie ja ein Mitglied der Händler-gilde.«
»Aber du wirst sie doch weiter unterrichten, oder?«, fragte Kindan gespannt.
»Selbstverständlich«, räumte der Harfner ein. »Ich werde das Mädchen doch nicht übergehen.«
»Ich verstehe nicht, warum Natalon aus ihr ein so großes Geheimnis macht«, sagte Kindan, wobei er ärgerlich das Gesicht verzog. Er machte kein Hehl daraus, dass er diese Vorgehensweise als ungerecht empfand.
Meister Zist zuckte die Achseln und stieß einen Seufzer aus. »Ich begreife es auch nicht. Wir müssen es halt nehmen, wie es ist.«
»Nuella erzählte mir, wieso ihr Vater sich so verhält.
Ich finde es nicht richtig. Das scheint mir ein böses Geheimnis zu sein - es bewirkt nichts Gutes.«
»Heute Abend hast du ausgezeichnet getrommelt«, wechselte der Harfner abrupt das Thema. »Bald bist du so weit, dass du jüngere Schüler unterrichten kannst.«
»Ich bin so alt wie Zenor!«
Meister Zist hob beschwichtigend die Hand. »Ich denke da besonders an die Jungen, die überschüssige Energie haben und diese beim Trommeln abreagieren können.«
Kindan nickte. Dann fiel ihm etwas anderes ein.
»Wie kamst du eigentlich mit der Leiterin der Karawane zurecht, mit dieser Tarri?«
Meister Zist lächelte. »Ganz gut, möchte ich meinen.
Ich erkundigte mich nach dem Zustand der Wege, und als sie mir sagte, die Straßen seien noch vom Schmelz-wasser aufgeweicht und verschlammt, schlug ich ihr vor, bei uns eine mehrtägige Rast einzulegen. In ein paar Tagen müsste der Boden ausgetrocknet sein.«
In seinen Augen blitzte der Schalk. »Natürlich kam sie mir sofort auf die Schliche und argwöhnte, dass ich sie in einer bestimmten Absicht länger bei uns behalten will. Auf diese Weise fingen wir an zu verhandeln.«
Meister Zist erzählte, Tarri hätte den Preis für die Kohle drücken wollen, doch er habe damit gekontert, dass sie ein hohes Risiko einginge, wenn die Karawane zu früh aufbräche. Auf den glitschigen Straßen konnte ein Karren mit Kohle ins Rutschen geraten und in eine der vielen Schluchten stürzen. Der Verlust wäre um ein vielfaches größer als der Verdienstausfall, der durch eine längere Rast im Camp Natalon einträte.
Obendrein wies er sie darauf hin, dass ihr Ruf als Treckführerin leiden könnte, wenn ihr ein derartiger Unfall passierte. Um ihr entgegenzukommen, bot er ihr an, einen Teil der Kosten, die durch den verlängerten Aufenthalt anfielen, zu übernehmen.
Tarri forderte, die Bergleute sollten die unwegsam-sten Passagen der Straße mit Schotter und Kies be-streuen, um das Risiko zu mindern. Meister Zist stellte ihr das Material für die Ausbesserung der Trasse kos-tenlos zur Verfügung, bestand jedoch darauf,
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