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Drachenwege

Drachenwege

Titel: Drachenwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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hinfallen, und alle wissen, dass ich blind bin!«, jammerte sie. J'lantir tauschte mit Meister Zist einen verzweifelten Blick.
    »Niemand wird etwas merken«, hielt Kindan Nuella
    entgegen. »Wenn du mit Kisk arbeitest, ist es doch Nacht. Du wirst dich nicht unbeholfener anstellen oder häufiger stolpern als andere Menschen.«
    »Zenor hat mir nie erzählt, dass du blind bist!«, warf Renna ein. Bis jetzt hatte sie Kindan geduldig zugehört, doch obwohl er es gut meinte, bezweckte er bei Nuella nichts. Nun wandte sie sich an das Mädchen. »Niemals nannte er deinen Namen, aber ich wusste, dass er sich verliebt hatte. Immerfort erzählte er, wie das Mädchen beschaffen sein müsste, das einmal seine Freundin würde. Dabei lächelte er in sich hinein, als wüsste er ein Geheimnis, das er mir vorenthalten wollte.« Sie zog die Nase hoch und schüttelte den Kopf ob der Torheit ihres Bruders. Als ob er etwas vor ihr geheim halten könnte.
    »In dem Augenblick, als ich dich sah, wusste ich, dass er dich meinte, Nuella. Du entsprichst genau dem Mädchen, das er gern als Freundin hätte.«
    Nuella blickte verwirrt drein.
    »Verstehst du denn nicht?«, fuhr Renna fort. »Dass du nicht sehen kannst, hat er mit keiner Silbe erwähnt.
    Für ihn ist es nicht wichtig.« Sie legte eine Pause ein.
    »Vermutlich stört es ihn nicht, weil es dir selbst nichts ausmacht. Du hast doch gelernt, mit deiner Blindheit zu leben, nicht wahr?«
    Nuella nickte zögernd.
    »Wenn du dich damit abgefunden hast«, sprach
    Renna entschlossen weiter, »und mein Bruder nichts dabei findet, wieso beharrst du dann darauf, jemand anders könnte Anstoß daran nehmen?«
    Nuella schniefte ein letztes Mal und wischte sich die Augen. Sie rückte von Kindan ab und kehrte Renna ihr Gesicht zu. »Und du glaubst wirklich, dass dein Bruder mich mag?«
    Renna nickte, dann sagte sie laut: »Ich bin mir sicher.
    Und er beweist einen guten Geschmack, wenn er dich zur Partnerin möchte.« Nachdenklich fügte sie hinzu: »Eigentlich halte ich Zenor für nicht besonders klug, aber wenn er sich für dich entschieden hat, beweist das nur, dass er gar nicht so dumm sein kann, wie ich immer dachte.«
    Nuella lächelte. »Mein Vater ...«
    »Ein Geheimnis, das anderen Menschen schadet, ist
    ein böses Geheimnis«, erklärte Kindan.
    »Ich denke, wir könnten deinem Vater den Gefallen
    tun und sein Geheimnis wahren, wenn er so großen
    Wert darauf legt«, warf J'lantir ein. »Ich glaube nicht, dass der Telgar Weyr seinen Wachwheren beibringen will, wie man mit Drachen kommuniziert. In diesem
    Fall wird kein Bewohner von Crom etwas von deiner
    Existenz erfahren, Nuella.«
    »Gerüchte verbreiten sich mit Windeseile«, gab
    Meister Zist zu bedenken.
    »Aber wenn wir alle dichthalten, wird Nuellas Vater nie zu Ohren kommen, was mit seiner Tochter geschieht«, sagte Kindan.
    »Ich finde, es gibt hier schon viel zu viele Geheimnisse«, kommentierte Meister Zist. Er fasste J'lantir ins Auge. »Natalon ist ein guter Mann. Vielleicht ist er übervorsichtig, wenn er sein blindes Kind vor der Umwelt versteckt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er Nuella daran hindern wird, sich für eine wirklich gute und wichtige Sache einzusetzen.«
    »Zuerst wird er sich fürchterlich aufregen«, sagte Nuella, »doch wenn er sich wieder beruhigt hat, könnte er zustimmen.« Sie sprach Renna an. »Du wirst mich doch nicht verpetzen, oder?«
    Renna schnitt eine Grimasse. »Natürlich nicht. Obwohl ich meine, du solltest aufhören, dich zu verstecken.« Sie blickte J'lantir fest in die Augen. »Ich bin dafür, dass man immer die Wahrheit sagt, egal, welche Konsequenzen daraus erwachsen.«
    J'lantir schaute verblüfft drein, dann runzelte er nachdenklich die Stirn.
    »Und ich bin dafür, dass junge Leute immer gute
    Manieren an den Tag legen sollten«, wies Meister Zist sie zurecht. »Besonders in der Gesellschaft von Drachenreitern.«
    Renna senkte den Blick und nickte beschämt. »Entschuldigung. Es war nicht so gemeint.«
    J'lantir winkte ab. »Macht nichts. Ich hab's nicht böse aufgefasst«, sagte er. Renna atmete erleichtert auf, und J'lantir lächelte sie höflich an. »Du magst ja Recht haben.« Sie tauschten einen langen Blick, und dann fügte der Drachenreiter hinzu: »Auf jeden Fall lohnt es sich, über deine Worte nachzudenken. Sie geben der Phantasie Nahrung.«
    Meister Zist griff diesen Wink auf. »Apropos Nahrung. Ein kleiner Imbiss wäre jetzt nicht schlecht. J'lantir, vielleicht

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