Drachenwege
viel früher gekommen, aber leider ließ es sich nicht einrichten. Und der Grund, weshalb ich jetzt hier bin, ist alles andere als erfreulich. Eine ganze Menge läuft nicht so wie geplant.«
»Was soll das heißen«, fragte Nuella.
»Warte einen Augenblick«, bat Kindan, ehe der Drachenreiter zu einer Erklärung ansetzen konnte. Er wandte sich an Renna, die mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund lauschte. »Renna, lauf bitte zu Meister Zist und sag ihm, dass JTantir eingetroffen ist.
Vermutlich wird er dir auftragen, ein paar Erfrischungen mitzunehmen. Sag Meister Zist, ich hätte dich ausdrücklich gebeten, zu uns zurückzukommen. Mehr verrätst du ihm nicht - falls er fragt, antwortest du ihm, wir würden später alles erklären.«
»Ich bin gespannt, was du uns zu berichten hast,
J'lantir«, seufzte Nuella und setzte eine erwartungsvolle Miene auf.
Kapitel 11
Wachwher, hilf uns in der Not;
Ruf die Drachen, verjag den Tod!
»... Und Renna war schon bei uns, als J'lantir eintraf«, beendete Kindan seinen Bericht an Meister Zist. Mittlerweile hatte das Gesicht des Harfners wieder einen normalen Farbton angenommen, denn als er Renna in Kisks Schuppen entdeckte, war er vor Zorn puterrot angelaufen.
Er war wütend auf Kindan gewesen, weil der Renna
in das Geheimnis eingeweiht hatte - und auch Nuella musste sich ein paar strenge Ermahnungen gefallen lassen -, doch sowie Kindan sich Gehör verschaffen konnte, erzählte er dem Harfner die ganze Geschichte.
Meister Zist stieß einen langgezogenen Seufzer aus.
»J'lantir wolle gerade berichten, warum er uns
aufgesucht hatte, als ich Renna losschickte, um dich zu holen.«
»Hm«, brummte Meister Zist. »Mein Lord J'lantir,
ich bitte um Vergebung, weil ich dich nicht sofort zu Wort kommen ließ. Bitte erzähl uns, was du auf dem Herzen hast.«
J'lantir winkte gnädig ab. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Meister Zist.« Dem Harfner mit dem Finger drohend fügte er hinzu: »Waren wir nicht über-eingekommen, auf die förmliche Anrede zu verzichten?«
»Du nennst mich Harfner«, erwiderte Zist. »Also
beuge ich mich der Etikette und spreche dich mit dem dir gebührenden Titel an.«
J'lantir lachte. »Wenn ich zu salopp mit dir umgehe, ziehe ich mir den Zorn dieser jungen Leute zu.« In komplizenhaftem Ton fuhr er fort: »Eines Tages musst du mir verraten, auf welche Weise du dir diesen Respekt verschaffst. Den Trick würde ich zu gern bei meinen Drachenreitern anwenden.«
Meister Zist lachte. »Vermutlich habe ich gelernt, mir Autorität verschaffen, weil ich viele Jahre lang junge Burschen unterrichtet habe, die noch aufsässiger waren als Kindan.« Dann furchte er die Stirn. »Nun ja, zumindest waren sie so renitent wie er.«
In diesem Moment kam Renna zurück und brachte
eine Kanne und ein paar Becher mit. »Ich soll euch Klah servieren«, erklärte sie. Unsicher fasste sie Meister Zist ins Auge, dann sah sie Kindan und Nuella um Unterstützung heischend an. Kisk versetzte Kindan ein paar Stubser mit der Nase und trällerte eine vergnügliche Melodie, wobei sie sich Renna zuwandte. Danach entspannte sich das Mädchen sichtlich.
»Was ist, willst du nicht anfangen, das Klah auszuteilen, Mädchen?«, fragte Meister Zist ungeduldig. Renna zuckte zusammen und hätte um ein Haar die Kanne fallen lassen. In milderem Ton fuhr der Harfner fort:
»Ich weiß über alles Bescheid, und ich mache dir keine Vorwürfe. Aber jetzt hätte ich gern einen Becher Klah, und unser hoher Gast könnte nach dem Ritt durch das eiskalte Dazwischen sicher auch ein heißes Getränk vertragen.«
Renna stand da wie vom Donner gerührt, und Kindan
nahm ihr vorsichtshalber die Kanne und die Becher ab.
Nuella nahm Renna tröstend in den Arm und führte sie ein Stück zur Seite. Kindan goss Klah für J'lantir und Meister Zist ein.
Nuella streckte die Hand aus und meinte: »Ich bin
auch durstig, und ein Schluck heißes Klah täte mir sicher gut.« Kindan füllte einen Becher für sie und drückte ihn ihr vorsichtig in die Hand.
Bald darauf saßen die Leute vom Camp Natalon in
einem Halbkreis auf dem mit Stroh bedeckten Boden
und blickten voller Spannung den Drachenreiter an.
Renna war vor Ehrfurcht beinahe vergangen, als man sie JTantir vorstellte, und nur stockend brachte sie die erforderlichen Begrüßungsformeln über die Lippen.
J'lantir hingegen gab sich Mühe, dem Mädchen die
Scheu zu nehmen.
Endlich begann er mit seinem Bericht.
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