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Drachenwege

Drachenwege

Titel: Drachenwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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Gesprächsfetzen aufzuschnappen.
    »Eine Handelskarawane wird die Kohle abholen ...«
    Kindan wusste, was der Mann, der dies erzählte, meinte.
    Nun, da die Schneeschmelze die Straßen wieder
    passierbar machte, erwartete man im Camp jeden Tag die Ankunft einer Karawane, die den während der letzten sechs Monate geförderten Kohlenvorrat mitnehmen sollte.
    »... bringen hoffentlich ein paar Lehrlinge mit ...«
    Natalon hatte eine getrommelte Nachricht an den Bergwerksmeister in Crom geschickt und um ein paar Lehrlinge gebeten.
    »... zu nichts nütze. Du wirst schon sehen, sie schicken uns die schlechtesten, die guten Arbeiter behalten sie doch wieder für sich.«
    Kindan seufzte, denn der Mann hatte ja recht. Die
    Lehrlinge, die man von ihren Pflichten daheim entband, damit sie in einer anderen Grube arbeiteten, waren nicht selten bereits durch Faulheit oder Ungeschicklichkeit aufgefallen. Eine wirklich tüchtige Arbeitskraft wurde vom Meister erst gar nicht freigestellt. Manchen der jungen Burschen mangelte es einfach nur an Erfahrung, aber dies machten sie durch Eifer und Strebsamkeit wett. Andere wiederum richteten mehr Schaden als Nutzen an.
    »... ohne einen Wachwher ist die Sicherheit unter
    Tage nicht gewährleistet.« Bei dieser Bemerkung
    horchte Kindan auf und versuchte, den Sprecher
    ausfindig zu machen.
    »... es gab viel zu viele Unfälle, und es wurden immer mehr, seit ...« Kindan glaubte herauszuhören, dass sich die Unglücke seit dem letzten Stolleneinsturz häuften, doch die letzten Worte gingen im allgemeinen Lärm, der nun im Saal herrschte, unter.
    Aber der Junge wusste, dass es seit der Katastrophe, bei der sein Vater und Dask ums Leben gekommen
    waren, immer wieder kleinere Vorfälle in der Grube gegeben hatte, die ebenfalls hätten tragisch enden können.
    Eines Nachts, als er noch wach in seinem Bett lag, obwohl er längst hätte schlafen müssen, hatte Natalon Meister Zist aufgesucht, und die Männer führten ein langes, intensives Gespräch. Natürlich hatte der Junge gelauscht, und dabei bekam er mit, wie der Obersteiger sagte, das Bergwerk würde mit zu wenigen Arbeitskräften betrieben. Der Mangel an erfahrenen Knappen*
    stellte eine zusätzliche Gefahr in einer Situation dar, die ohnehin schon viele Risiken barg. Jede Arbeit in einem Bergwerk war ein gewagtes Unternehmen; Männer, die überarbeitet und erschöpft waren, neigten zur Nachlässigkeit, und jeder noch so geringe Fehler konnte mit einem Desaster enden.
    Forschend blickte Kindan über die Menge und entdeckte Panit, einen von Tariks Spießgesellen, der mit einem eingegipsten Bein durch die Gegend stapfte. Der alte Bergmann war unachtsam gewesen, als er mit
    einem Grubenhunt** herumfuhrwerkte, und der Karren war über seinen Fuß gerollt.
    »Eigentlich liegt die Schuld für die Anhäufung von Unfällen beim Obersteiger, nicht wahr?«, wandte sich Panit an ein kleines Grüppchen von besorgt
    dreinblickenden Bergleuten. Kindan erstarrte, als er diesen ungeheuerlichen Vorwurf hörte. »Vielleicht ist nicht der fehlende Wachwher für das Chaos
     
    * Älterer Ausdruck für Bergmann -Anm. d. Übers.
    ** Vierrädriger Förderwagen im Bergbau - Anm. d. Übers verantwortlich, sondern der Leiter der Grube.«
    Kindan lauschte gespannt auf die Antwort der Kumpel, doch dabei geriet er mit seinem Getrommel aus dem Takt. Mit einem furiosen Wirbel vertuschte er den
    Fehler, doch einige Leute hatten den veränderten Rhythmus bemerkt, und etliche Köpfe drehten sich in seine Richtung. Auch Panit starrte ihn an.
    Plötzlich tauchte Meister Zist neben dem wie besessen trommelnden Jungen auf. »Wenn du schon Gespräche anderer Leute belauschen musst, dann benimm dich so diskret, dass es keinem auffällt«, flüsterte der Harfner ihm ins Ohr.
    Kindan rang sich ein verlegenes Lächeln ab. »Es tut mir Leid«, murmelte er zurück.
    Meister Zist nickte. Er hielt Kindan einen Becher
    Klah und einen Teller mit Leckereien entgegen und
    meinte: »Es wird höchste Zeit, dass du eine Pause
    einlegst.«
    Es dauerte nicht mehr lange, und ein Gast nach dem anderen machte sich auf den Heimweg. Das Fest ging zu Ende. Kindan und Meister Zist verließen als Letzte den Saal. Ermüdet von einem anstrengenden Tag schleppten sie ihre Instrumente heimwärts.
    Später konnte sich Kindan nicht mehr erinnern, wie er in jener Nacht in sein Bett gekommen war.
*
    »Meister Zist! Meister Zist!« Noch vor Tagesanbruch wurde Kindan von Dalors Geschrei geweckt. Benommen rührte

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