Drachenwege
schon erlaubt, an der Feier teilzunehmen«, gab er zu, um seinen jüngsten Bruder zu besänftigen.
»Ah, da kommt ja das frischvermählte Paar«, verkündete Veran, als Terregar und Silstra aus dem Wohnwagen traten. Mit erhobener Stimme fragte er: »Habt ihr euch gut amüsiert?« Vergnügt kicherte er in sich hinein, als Terregar zusammenzuckte und sich den Kopf hielt.
»Wohl ein bisschen zu viel Wein getrunken, wie?«
Terregar lächelte verschmitzt, nahm Silstra bei der Hand, und das junge Ehepaar gesellte sich zu den Umstehenden. Als Silstra Dakin und Kindan gewahrte, machte sie sich aus Terregars Griff los, um ihre Brüder zu umarmen.
»Jedes Ende bedeutet einen neuen Anfang«, warf Jofri fröhlich ein. Kindan drehte sich um und sah den Harfnergesellen, der seine gesamte Habe zu einer Rolle gewickelt bei sich trug. Lediglich die Gitarre hatte er sich an einem Gurt über die Schulter gehängt.
Dakin grinste, gab ihm die Hand und klopfte ihm auf die Schulter. »Wir werden dich vermissen, Harfner.«
»Bei Meister Zist seid ihr in guten Händen«, erwiderte Jofri. Er schaute auf Kindan hinab und fügte hinzu: »Der Junge hier kann das aus eigener Erfahrung bezeugen.«
Kindan zog allemal Jofris unbekümmerte Art der strengen Disziplin des alten Meisters vor, unabhängig von den Resultaten.
Seine Miene musste ihn verraten, denn Jofri fing lauthals an zu lachen. »Keine Sorge, Kindan, du wirst dich mit Meister Zist schon anfreunden. Er war mein Gesangslehrer, weißt du.«
»Aber du singst doch niemals, Geselle Jofri«, hielt Kindan ihm entgegen.
Wieder prustete Jofri los. »Und genau daran ist Meister Zist Schuld.« Er schüttelte den Kopf und schmunzelte, als er Kindans verblüfften Gesichtsausdruck bemerkte. »Ich habe einfach keine gute Singstimme - das ließ sich bereits erkennen, als ich noch sehr jung war.
Meister Zist hat dafür gesorgt, dass ich mein Manko einsah. Noch ehe ich in den Stimmbruch kam, machte er mir klar, dass aus mir nie ein begnadeter Sänger werden würde. Das Talent reichte nicht aus.«
Jofri legte eine längere Pause ein und erklärte dann:
»Meister Zist vermag schon bei einem Kind zu erkennen, wie sich die Stimme später entwickeln wird. So weit ich weiß, hat er sich noch nie geirrt. Wenn er einem Knaben prophezeit, er würde einmal einen guten Tenor abgeben, dann kann man sich darauf verlassen, dass er Recht behält. Sagt er, ein Junge käme nie über einen schlechten Bariton hinaus - nun, dann sucht er nach Wegen, um dem Buben zu einer anderen Karriere zu verhelfen.«
Er bückte sich und schaute Kindan direkt ins Gesicht.
»Meister Zist hat schwere Zeiten durchgemacht.«
Plötzlich hatte Kindan das Gefühl, Jofri vertraue ihm ein Geheimnis an, und ihm stockte der Atem. »Aber er ist ein guter Mensch, einer der Besten. Du wirst auf ihn hören und lernen, was er dir aufträgt. Einverstanden?«
Jofri zwinkerte Kindan schelmisch zu. »Und auf die Streiche, die du mir gespielt hast, fällt er ohnehin nicht herein. Versprichst du mir, dass du ein fleißiger Schüler sein wirst?«
Kindan nickte, obwohl er im Grunde seines Herzens nicht recht wusste, was da auf ihn zukäme, und eine gesunde Portion Skepsis beibehielt. Jofri richtete sich wieder auf und zerzauste Kindans ohnehin schon strubbeliges Haar. Kindan fragte sich, wieso jeder plötzlich den Wunsch verspürte, an seinen Haaren zu ziehen. Vielleicht, weil sie sauberer waren als sonst, und die Leute sich nicht scheuten, mit ihren Fingern hindurch zu fahren.
»Aha, da kommen ja noch mehr, um Lebewohl zu sagen«, sagte Jofri, als eine Gruppe von Leuten auf sie zu steuerte.
Kindan stellte sich an die Seite seiner Schwester, derweil sein Vater und seine sechs Brüder sowie Steiger Natalon und seine Frau mitsamt ihrem Sohn Dalor eintrafen. Außerdem befanden sich in dem Trüppchen Tarik und Cristov.
Jakris und Tofir waren noch so schläfrig, dass sie unentwegt gähnten, Kaylek jedoch musterte Kindan mit wütenden Blicken.
»Wir wollten uns von euch verabschieden«, erklärte Danil und streckte Terregar die Hand entgegen.
Terregar nahm die Hand seines Schwiegervaters; den freien Arm legte er um Silstras Taille und zog sie eng an sich heran. »Ich passe gut auf deine Tochter auf, Danil«, versprach er feierlich.
»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Danil aus vollem Herzen. Er schien noch mehr sagen zu wollen, doch dann kniff er die Lippen zusammen und bedeutete Silstras Brüdern, mit dem Abschiednehmen zu beginnen.
Zum
Weitere Kostenlose Bücher