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Drachenwege

Drachenwege

Titel: Drachenwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Todd McCaffrey
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Grube, wo die anderen Kumpel bereits warteten. Zu Kindans Verwunderung befand sich Zenor unter ihnen.
    »Sag mal, was machst du denn hier?«, sprach er seinen Freund an.
    »Ich fahre mit ein - als Helfer. Mein Vater hat es mir erlaubt«, erwiderte Zenor voller Stolz. Talmaric, der Vater, nickte.
    »Aber nur heute, ausnahmsweise«, fügte Zenor hinzu, als er Kindans besorgten Blick auffing. Sofort erhellte sich Kindans Miene.
    »Wünsch mir viel Glück«, rief Kaylek Kindan zu, als er sich in die Grube begab.
    »Glückauf*!«
    »Was soll das Gefasel von Glück?«, protestierte Kenil. »Bergleute brauchen kein Glück, sie müssen nur vorsichtig sein und ihre Arbeit verstehen.«
    »Wenn du meinst«, murmelte Kaylek.
    Die Kumpel betraten den Eingangsschacht, und Kindan lief nach Hause zurück, wo er sich gleich wieder ins Bett legte.

    * * *
    Es begann mit einer Totenstille. Die Kinder bemerkten, dass die normalen Geräusche des Bergwerksbetriebs plötzlich verstummten und liefen zum Fenster. Meister Zist, dem nichts Ungewöhnliches aufgefallen war, verstand nicht, wieso seine Schüler plötzlich von ihren Stühlen sprangen und nach draußen starrten. Ihrem Lehrer schenkten sie keinerlei Beachtung mehr.
    »Begebt euch sofort wieder auf eure Plätze zurück!«, donnerte Meister Zist. Die erste Unterrichtsstunde dieses Vormittags hatte soeben erst angefangen. Ein Kind drehte sich kurz nach dem aufgebrachten Meister um, ohne jedoch etwas zu sagen.
    Zist stieß einen knurrenden Laut aus und stürmte zum Fenster. Notfalls hätte er jeden einzelnen Schüler gepackt und ihn auf seinen Stuhl zurückbefördert. Doch als er ihre angespannten Mienen gewahrt, stutzte er. Er schaute in die Richtung, in die alle wie gebannt blick-

    * Gruß der Bergleute - Anm. d. Übers.

    ten, und erkannte, dass dort der nördliche Schacht lag.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Keine Ahnung«, antwortete ein Mädchen. »Aber irgendetwas ist passiert.«
    »Woher wollt ihr das wissen?«, hakte Meister Zist verblüfft nach.
    Eines der Kinder schüttelte den Kopf und legte den Finger an die Lippen, zum Zeichen, Meister Zist möge leiser sprechen. »Fällt dir nichts auf? Es ist viel zu still da draußen.«
    Mit einem Mal verdunkelte sich der Morgenhimmel.
    Meister Zist hob den Blick und sah eine dünne Staubsäule, die über der Hügelkuppe aufstieg, sich langsam herniedersenkte und sich wie eine Wolke über dem See verteilte. Es war kein Rauch, es handelte sich um Kohlenstaub.
    »Mein Vater ist da unten!«, weinte ein Kind.
    »Und mein Bruder!«
    »Psst!«, zischte ein älteres Kind, legte den Kopf schräg und lauschte angestrengt, während es keine Sekunde lang die Staubsäule aus den Augen ließ, die weiterhin aus dem Schacht herausquoll.
    »Hat es einen Unfall gegeben?«, wollte Zist wissen.
    Sein Blick fiel auf Kindan. Der Junge stand wie erstarrt da, Mund und Augen vor Entsetzen weit aufgerissen.
    Just in diesem Moment löste jemand den Alarm aus, der allen Bewohnern des Camps Bescheid gab, dass es ein Grubenunglück gegeben hatte. Türen wurden aufgerissen, aufgeregte Menschen stürzten aus ihren Häusern und rannten zum Bergwerkseingang.
    Kindans Beine versagten ihren Dienst. Er ließ sich auf die Kante seines Schreibpults plumpsen.
    »Sind dein Vater und deine Brüder auch auf dieser Schicht, Kindan?«, erkundigte sich Meister Zist. Kindan schüttelte den Kopf, aber nicht, um diese Frage zu verneinen, sondern um die Lähmung zu überwinden, die von ihm Besitz ergriffen hatte.
    »Ja, Meister Zist. Mein Dad ist Schichtleiter, und heute hat er Dask mitgenommen«, stieß Kindan hervor.
    »Wir müssen alle hin und sehen, ob wir helfen können«, fügte er hinzu. »Jeder, der zwei gesunde Hände hat, wird gebraucht. Und wenn er nur die Steinbrocken weg-schleppt, die einen eingestürzten Stollen versperren.«
    Er rutschte wieder von dem Pult herunter und schloss sich den älteren Kindern an, die aus dem Klassenzimmer stürmten und zum Schachteingang hetzten. Während Meister Zist noch überlegte, was er in dieser Situation tun konnte, sah er, wie Natalon sein Haus verließ. Der Obersteiger war noch dabei, seine Jacke überzustreifen, doch er erteilte bereits die ersten Befehle. Offenkundig hatte er die Lage im Griff. Männer und Frauen schleppten die verschiedensten Werkzeuge und Gegenstände an - Spitzhacken, Schaufeln, Körbe, Tragbahren - und eilten zur Grube. Der dünne Schleier aus Kohlenstaub, der anfangs den Himmel verdunkelt hatte, ballte sich

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