Drachenzauber
deinen Knappen trainieren kann. Ist das in Ordnung?«
»Aber selbstverständlich. Die Familienähnlichkeit ist verblüffend. Also gut, lieber ... Oliver. Wir müssen dich mit Max in einem Zimmer unterbringen. Ich nehme an, ihr seid gern zusammen.« Sie stieß ein eisiges, klirrendes Lachen aus, und die beiden versuchten nicht zu zittern.
Doch als sie sich in dieser Nacht bei Kerzenlicht satt und aufgewärmt in ihre Betten kuschelten, waren sie schon wesentlich zuversichtlicher.
»Wenn Papa hier ist, kann sie nicht viel unternehmen«, sagte Olivia. »Sie wird nicht wollen, dass etwas passiert, bevor der König kommt.«
»Nein«, sagte Max gähnend. »Ich schätze, dass alles gut gehen wird. Sie wird sich nicht trauen, einem von uns etwas anzutun.«
Aber da irrte er sich. Lady Morgana le Fay hatte einen sehr sorgfältigen Plan für den Besuch des Königs ausgeheckt. Und zu diesem Plan gehörte, dass Max etwas Schlimmes zustoßen sollte.
Zauberlehrlinge und Knappen
Max kam ziemlich spät zu seiner ersten Stunde in der Sommerschule. Unter dem Arm trug er seinen Zauberkessel und über der Schulter hing eine Tasche voller Bücher und Zauberzutaten. Der Raum, in dem der Zauberunterricht stattfand, war eine große luftige Kammer mit hoher Decke und Steinfußboden. Sie befand sich im hinteren Teil der Burg.
Etwa ein Dutzend Zauberlehrlinge hatten sich im Raum verteilt, packten aus und sortierten ihre Ausrüstung. Links von Max saß ein kleines kräftiges Mädchen mit hellem Haar und einem freundlichen Lächeln. Vor ihm stand ein rothaariger Junge mit einem nagelneuen schimmernden Zauberkessel. Max sah auf seinen eigenen verbeulten und arg mitgenommenen Kessel hinab. Er hoffte inständig, dass er funktionieren würde.
»Also gut, Leute«, ertönte von vorn eine laute Stimme. Ein großer, dünner Hexenmeister mit langem Gesicht trat ein. »Mein Name ist Aleric von Ullswater. Ich leite alle Stunden, mit Ausnahme der für die ganz Fortgeschrittenen. Diese Stunden wird Lady Morgana le Fay gnädigerweise höchstselbst übernehmen. Ich verlange absolute Konzentration und bedingungslosen Gehorsam. Jeder Schüler, der nicht aufpasst, wird für die Dauer der Stunde in einen kleinen orangefarbenen Pilz verwandelt.«
Er verteilte Becher und Töpfe mit Zutaten. Dann erklärte er, dass sie als Erstes einen relativ einfachen Lähmungszauber ausprobieren würden. Bloß um zu sehen, »was jeder so draufhat«.
Max atmete tief durch. Er hexte ein Feuer und machte sich an die Arbeit. Doch während er so schnippelte und rührte und murmelte, schien es ganz so, als ob Grimm mit dem Zauberkessel recht behalten würde. Max’ Trank tat eindeutig nicht das, was er hätte tun sollen. Zum fünfzehnten Mal sah Max in sein Zauberbuch und dann wieder auf den Kessel. Was eigentlich eine helle orangefarbene, blubbernde Mixtur hätte sein sollen, entpuppte sich als eine ziemlich miefige grüne Brühe voller Klumpen, die sich einfach nicht auflösenwollten – ganz egal, wie oft Max den Zauberspruch wiederholte.
»Hast wohl Probleme, wie?« Grimm steckte den Kopf aus der Tunika und begutachtete das Elend mit Kennermiene. »Habe ich dir doch gleich gesagt.«
»Halt die Klappe, Grimm«, sagte Max und hackte verzweifelt eine Extraportion Schneckenzehennägel klein. »Es kommt schon ungefähr hin. Ich schätze, der Trank funktioniert trotzdem, auch wenn er anders aussieht.«
Das Mädchen neben Max, das sich als Marion vorgestellt hatte, lugte zu ihm herüber und kicherte.
»Mmmh, du machst da was falsch, glaube ich. Vielleicht ein bisschen mehr Narzissenwurzel?«
Max wurde knallrot. Er mixte weiter und versuchte, möglichst unbeteiligt zu wirken. Ein Zauberlehrling nach dem anderen trug mittlerweile seinen fertigen Trank zu Aleric hinüber, um ihn auszuprobieren. Jeder Schüler schnippte einen Tropfen seines Zaubertranks auf ein gelangweilt aussehendes Huhn auf Alerics Tisch. Das Huhn erstarrte für wenige Sekunden, bis es mit einem Tropfen des Gegenmittels wieder erlöst wurde. Max versuchte, lässig auszusehen, als er als Letzter seinen Zaubertrank nach vorne brachte.Vorsichtig spritzte er einen Tropfen des schmierigen grünen Schleims aus seinem Kessel auf den Kopf des Vogels.
Stille trat ein.
Das Huhn blinzelte. Dann hüpfte es in die Luft, kreischte einmal auf und schlug wild mit einem zweiten Paar Flügel. Es gackerte laut und sah Max vorwurfsvoll an.
»Äh ... Hm ... Interessant«, murmelte Aleric. »Nicht ganz richtig, junger Pendragon,
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