Drachenzauber
aufpassen sollte.
Tisala stieg vom Pferd und schnaubte angewidert, als sie zu den beiden Hurogs und dem Zauberer trat.
»Oreg, du hast mir gerade das Schönste gezeigt, was ich in meinem ganzen Leben gesehen habe, aber wenn du uns nicht sofort sagst, was Ward zugestoßen ist, werde ich dich persönlich umbringen.«
Oreg hob beide Hände und sagte schlicht: »Ich kann ihn nicht finden! Er war da, als ich letzte Nacht eingeschlafen bin, aber als ich versucht habe, ihn heute Früh zu finden, war er weg. Ihr Lager war abgebrochen, und die Spuren führten in die Stadt. Ich habe das Asyl und die Burg des Königs überprüft, aber ich konnte ihn nicht finden. Ich kann ihn spüren, aber ich weiß nicht, wo er ist. Ich weiß sonst immer, wo Ward steckt!«
»Der König hat seine Zauberer einen Bereich im Asyl errichten lassen, in dem er Magier gefangen hält. Könnte so etwas verhindern, dass du Ward findest?«, fragte Tisala.
Oreg starrte sie an. »Das wäre möglich.«
»Der König sagte, er werde Ward ins Asyl bringen«, sagte sie. »Wir haben keinen wirklichen Grund, das zu bezweifeln. Ich kenne Leute in Estian, die mich nach drinnen bringen werden, damit ich dort nach ihm suchen kann.«
»Er hat Angst«, sagte Oreg, die Augen beinahe leer. »Ich kann seine Angst spüren. Und er ist niemand, der sich schnell fürchten würde.«
»Noch mehr Grund anzunehmen, dass er im Asyl ist. Wir werden ihn finden«, versprach sie. Sie warf einen Blick zu Tosten und Beckram. »Machen wir uns auf den Weg. Je eher wir nach Estian kommen, desto schneller werden wir Ward finden.«
»Ihr habt alle vollkommen falsche Vorstellungen von dieser Sache«, sagte Tisala zu Tosten, der an diesem Tag neben ihr ritt.
»Wie meinst du das?«, fragte er.
»Ich bin nicht Wards Frau, und das werde ich auch nie sein.« Sie hatte es unglücklich ausgedrückt, aber ihr fiel keine andere Möglichkeit ein, sich den Spekulationen von Wards Leuten zu widersetzen.
Wards Stute zu reiten machte das Problem nur noch größer.
»Hm«, erwiderte Tosten ernst, obwohl ein dünnes Lächeln seine Mundwinkel umspielte. »Magst du meinen Bruder nicht?«
Sie wusste nicht, wie sie die Frage beantworten sollte, ohne zu lügen oder einen falschen Eindruck zu vermitteln, also drückte sie die Waden an Feders Seiten, und die große Stute wurde schneller und ließ Tosten hinter sich.
Er wartete beinahe eine Stunde, bevor er wieder näher kam.
»Ich weiß nicht, wie viel du über unseren Vater gehört hast«, sagte er, als er nahe genug war, um sich mit ihr zu unterhalten. »Aber als Oransteinerin weißt du wahrscheinlich das Schlimmste. Wenn Ward von ihm spricht, wird er dir sagen, dass er verrückt war.
Aber ich fand immer, er war durch und durch böse.«
Er ritt schweigend weiter, bis sie schon glaubte, er habe alles gesagt. Aber dann fuhr er doch fort. »Als ich ein Junge war, hatten wir ein Küchenmädchen, die Tochter eines der Stallknechte, in die alle verliebt waren. Ich war dreizehn und hielt sie für die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Es ging um mehr als um ihr Gesicht und ihre Gestalt - obwohl die bemerkenswert waren -, es war … Freude ist wohl das richtige Wort, obwohl Glück auch stimmen würde.« Tosten brachte seinen Wallach sanft davon ab, Gras ab-zurupfen. »Ich glaube nicht, dass sie und Ward Geliebte wurden bis zu dem Abend, als mein Vater versuchte, sie zu vergewaltigen.«
»Ward hat ihn aufgehalten?«, fragte sie.
»Ich dachte anfangs, es wäre Stala gewesen«, antwortete er. »Aber seitdem habe ich öfter darüber nachgedacht, und ich glaube, Ward hat Stala zu Vater geschickt. Das Mädchen trug ein Tablett aus dem Zimmer meiner Mutter, als Vater vorbeikam. Ich versteckte mich vor ihm - unter einem Möbelstück im Flur -, und als er stehen blieb, dachte ich, er hätte mich gefunden. Jedenfalls bis sie schrie.
Sie wehrte sich mit aller Kraft - und er ließ es zu.
Wenn er gewollt hätte, hätte er dem leicht ein Ende machen können. Er war beinahe so groß wie Ward.«
Tosten hörte wieder auf zu erzählen.
Sie aßen ihre Mittagsmahlzeit im Sattel, und Tisala versuchte nicht, Tosten zu drängen. Als er seine Geschichte fortsetzte, tat er es, als hätte es nie eine Unterbrechung in ihrem Gespräch gegeben.
»Tante Stala kam angerannt.« Tosten schloss die Augen. »Ich glaubte, sie hätte die Schreie gehört.
Niemand sonst in der Burg wäre einer Frau zur Hilfe gekommen, die mein Vater in die Enge getrieben hatte. Stala stieß
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