Drachenzauber
können.
»Die Person, der du ihn gibst, wird dein Erbe sein.«
»Ah«, sagte ich. »Erzähl mir mehr über den Zauber, den Ring, die Burg und dich selbst.«
Seine Miene wurde seltsam ausdruckslos. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck. Immerhin hatte ich ihn in dem polierten Schild an meiner Wand so lange geübt, bis er zu meinem normalen Aussehen geworden war. Wenn er Kuhaugen gehabt hätte wie ich, hätte er ebenso dumm ausgesehen. So wirkte er nur verschlossen.
»Ich bin ein Sklave«, sagte er. »Dein Sklave, an dich gebunden durch deinen Ring. Ein Seelensklave.
Was immer du von mir verlangst, werde ich tun, wenn ich dazu in der Lage bin - und ich habe große Macht.«
Ich dachte daran, was das für einige meiner verru-fenen Vorfahren bedeutet hatte. Er war ein hübscher Junge, ebenso wie mein Bruder. Armer Sklave.
»Wenn ich dich bitten würde, hier zu sitzen und dich nicht zu bewegen, was würde passieren?«, fragte ich.
»Ich würde hier sitzen und mich nicht bewegen«, sagte er mit trostloser Ehrlichkeit, »bis du mir etwas anderes befiehlst. Ich muss tun, was immer du mir sagst.« Er wirkte angespannt, aber wenn er schon immer da gewesen war, hätte er eigentlich wissen sollen, dass ich Leute nicht quälte, die mir ausgeliefert waren. Aber wahrscheinlich würde er ebenso wie Bestie … wie Blümchen Zeit brauchen, um das wirklich zu begreifen.
»Als du sagtest, du wärest die Burg, meintest du das buchstäblich? Oder bist du durch Magie an sie gebunden?«
»Ich glaube nicht, dass es da einen großen Unterschied gibt«, sagte er und betrachtete seine Hände.
»Weißt du, was in der Burg geschieht?«
Er legte den Kopf schief und richtete den Blick ins Nichts. »In der großen Halle wird das Feuer für die Nacht zugedeckt. In einer Ecke schnuppert eine Ratte nach Fressen. Dein Onkel steht vor der Feuerstelle, die Hände auf dem Rücken, und wippt ein wenig auf den Fersen …«
»Das genügt«, sagte ich. »Kannst du gleichzeitig mehrere Orte sehen?«
»Nicht besser, als du gleichzeitig auf die Wand gegenüber und hinter dich schauen kannst.«
»Kannst du auch hören, was geschieht?«
»Ja.«
Ich rieb meine Hosenbeine. Ich konnte mit Blümchens Angst arbeiten, weil ich ihn verstand. Penrod hatte ich auf die gleiche Weise für mich gewonnen.
Ich musste lernen, Oreg so gut zu verstehen wie das misshandelte Pferd. »Tut es dir weh, wenn die Burg beschädigt wird?«
»Nein«, sagte er, dann fuhr er beinahe widerstrebend fort: »Ich kann es spüren, aber es tut nicht weh.«
»Bewohnst du die gesamte Burg oder nur die älteren Teile?«
»Die gesamte Burg und alles, was dazu gehört. Innere und äußere Mauern, Stallungen, die Schmiede -
selbst das Abflusssystem.«
»Wenn du die Burg bist, wie kommt es, dass du immer noch einen Körper hast?«, fragte ich und nickte zu seinem Menschenkörper hin.
»Es hat meinen Vater amüsiert.«
Ich dachte eine Weile über das nach, was er gesagt hatte. »Wenn die Burg beschädigt wird, tut es dir nicht weh. Tut es dir weh, wenn man deinem Körper Schmerz zufügt?«
»Ja«, flüsterte er und spannte sich an.
Wenn ich die letzten fünfzehn Jahre als Sklave meines Vaters verbracht hätte, hätte ich ebenfalls geflüstert. Und nach allem, was man hörte, war mein Großvater noch schlimmer gewesen. Ich gähnte demonstrativ. Es war spät, ich musste schlafen.
»Mein Vater hat dich nie erwähnt.«
»Strategisch gesehen ist es besser, wenn ich ein Geheimnis vor deinen Feinden bleibe - ein harmloses Gespenst, das durch die Flure streift.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Ich ziehe es ebenfalls vor, verborgen zu bleiben. Ich mag Menschen nicht besonders.«
Das würde ich auch nicht tun, dachte ich, wenn ich so viele Jahre den Hurogs gedient hätte.
»Also gut«, sagte ich. »Hier sind meine Befehle für die nächste Zeit. Beschütze weiterhin meine Schwester. Ich möchte dich jeden Abend hier sprechen, wenn ich allein bin. Davon einmal abgesehen, kannst du tun, was du willst.«
»Willst du, dass ich dich ebenfalls beschütze?«
Ich grinste. Er mochte mächtig sein, das nahm ich ihm durchaus ab, aber er wog nur halb so viel wie ich. »Ich hatte Jahre, um zu lernen, das selbst zu tun.
Wenn ich das nicht kann, was für ein Hurogmeten bin ich dann?«
»Es gibt ohnehin viele, die sagen, du wärest nicht geeignet«, sagte er mit einer gewissen Herausforderung im Ton.
Ich wusste nicht genau, ob er meine Reaktionen prüfen wollte oder immer noch zum Teil mein
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