Drachenzauber
sein musste.
»Wie ich schon sagte, die Zelle war nicht gut beleuchtet«, erklärte sie, »aber ich hätte alle größeren Wunden oder Prellungen bemerkt. Sie sorgen dafür, dass der Schaden sich äußerlich nicht zeigt.« Vielleicht haben sie ausschließlich Kräuter eingesetzt, dachte sie hoffnungsvoll.
»Ich werde ihn heute Nacht holen«, erklärte Oreg.
Er ging weiter. Er bewegte sich immer noch schnell, aber nicht mehr so dringlich.
Es roch nach Pferdeäpfeln und anderen, weniger angenehmen Stadtdüften, aber diese Luft war sauber und rein verglichen mit dem, was sie den ganzen Tag gerochen hatte.
»Erzähl mir mehr«, sagte Oreg, »über den Flügel des Asyls, in dem Ward sich befindet. Du sagtest, die Zauberer des Königs hätten ein Labor dort.«
»Ja, aber ich konnte nicht hineinschauen. Es ist immer abgeschlossen.«
Er fragte sie nach kleinen Einzelheiten, auf welcher Seite des Flurs sich Wards Zelle befand, wie viele Zellen es insgesamt gab, wie groß jede war.
Einiges wusste sie, anderes musste sie schätzen, und bei wieder anderen Fragen konnte sie nur die Achseln zucken.
»Hast du Zeit, dich mit meinem Freund zu treffen?«, warf sie ein, als sie glaubte, dass er mit seinen Fragen fertig war.
Sein Blick wurde vage, und sie wusste, dass er es vollkommen vergessen hatte.
»Ich würde nicht fragen, wenn es nicht wichtig wäre«, sagte sie.
»Gut«, erwiderte Oreg abrupt.
Sie gingen ein paar Ecken weiter, bis Tisala eine Straße wiedererkannte, und es war einige Zeit nach Einbruch der Dunkelheit, als sie Rosems Haus erreichten.
Sie klopfte an die Tür, dreimal schnell hinterein-ander, sodass Rosem wusste, wer es war, dann ging sie hinein, ohne auf seine Aufforderung zu warten.
Rosem saß am Tisch vor dem Feuer und aß einen Eintopf aus einer Holzschale. Er blickte kurz auf, ein Blick, der sie und Oreg erfasste, und deutete dann auf die Bank, die seinem Stuhl gegenüberstand.
Tisala setzte sich, und Oreg ließ sich neben ihr nieder. Rosem aß weiter und sagte kein Wort, bis er den letzten Rest Eintopf mit einem Stück trockenem Brot aufgewischt hatte. Tisala wusste, dass er die Zeit nutzte, um Oreg einzuschätzen, obwohl es aussah, als konzentriere er sich vollkommen auf sein Mahl.
Schließlich schob er die Schale beiseite und verschränkte die Arme. Ohne Oreg direkt anzusehen, sprach er Tisala an. »Er ist ein Hurog.«
»Der alte Lord hat viele Kinder gezeugt«, sagte Oreg. »Ebenso wie sein Vater vor ihm.«
»Ward war der erste Zauberer in dieser Familie seit Menschengedenken«, fuhr Rosem fort. »Seid Ihr der zweite?«
Tisala sah ihn stirnrunzelnd an. Was tat er da? Sie hatte ihm doch gesagt, dass Oreg ein Magier war.
Oreg lächelte jungenhaft. »So heißt es.«
»Rosem will wissen, ob du noch eine andere Person aus dem Asyl holen kannst«, sagte Tisala, bevor Rosem Gelegenheit hatte, Oreg gegen sich aufzubringen - oder umgekehrt. »Er befindet sich nicht im gleichen Bereich wie Ward.«
Oregs Lächeln veränderte sich nicht, also fügte Tisala hinzu: »Vergiss nicht, dass ich Ward ohne Rosem nicht hätte finden können.«
Das Lächeln ging aus wie eine Kerze, und Oreg sagte: »Ich kann eine andere Person herausholen, wenn Ward das erlaubt. Aber wenn ich Ward herausgeholt habe, werden wir nicht hierbleiben. Euer Mann soll sich das hier umhängen.« Oreg öffnete den Beutel an seinem Gürtel und legte eine Holzperle auf den Tisch.
Sie war etwa so groß wie ein Pflaumenkern, bemalt mit gelben und roten Mustern und auf eine Le-derschur gezogen.
Tisala hatte schon einige Barbaren - Shavig -Leute, verbesserte sie sich schnell - mit einem solchen Amulett gesehen, als sie in Hurog gewesen war.
Rosem schüttelte den Kopf. »Man wird ihm nicht erlauben, es zu behalten.«
»Kann er es dann in seiner Zelle verstecken? Das ist die einzige Möglichkeit für mich zu wissen, wo ich ihn finden kann, es sei denn, Ihr wollt warten, bis Ihr selbst bei ihm seid.« Oregs Stimme war makellos höflich.
»Ich werde ein Versteck finden. Wollt Ihr nicht wissen, wen wir herausholen wollen?« Rosems Misstrauen war nicht zu übersehen.
Oreg schüttelte den Kopf. »Es zählt nicht. Wenn ich Ward aus dem Asyl hole, wird ein anderer, den wir herausholen, seine Position beim König nicht verschlechtern.«
»Kellen«, sagte Tisala. »Jakovens jüngerer Bruder.«
»Ich habe mich geirrt«, sagte Oreg beinahe sofort.
»Wenn wir Kellen Tallven retten, wird Jakoven Ward zweifellos von seiner Liste für
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