Drachenzauber
mir brachten, zu mir zu nehmen, aber es gelang mir, mich zu erinnern, dass das Wasser wichtig war, also trank ich es, bevor ich wieder in meine Höhle aus Stroh kroch.
Ich wusste, dass es beinahe Zeit für die Ungeheuer war, denn meine Gedanken waren relativ klar. Die Tür ging auf, und ich versuchte, so zu tun, als wäre ich nicht da, vergrub mich im Stroh, damit sie mich nicht finden konnten.
Aber es waren nicht die üblichen Ungeheuer, denn die Tür ging wieder zu und schloss den Eindringling mit mir ein. Dieser Bruch in der Routine war beängstigend, und der Adrenalinrausch, den das bewirkte, ließ mich aufspringen.
Eine Frau in einem schlichten Wollkleid stand direkt hinter der Tür. In der rechten Hand hielt sie einen Holzrechen.
»Tisala.« Die kleine Stimme sprach zum ersten Mal seit langer Zeit, aber sie ging beinahe unter in dem Meer von Entsetzen, das mich überschwemmte.
Ich hatte nicht lange gebraucht, um zu begreifen, dass alles Neue schlecht war.
Sie kam zögernd auf mich zu, ein schreckliches Geschöpf mit sieben Köpfen, das mich mit den Tränen, die über seine Wangen liefen, vergiften würde.
Ich zog mich so weit ich konnte zurück, aber sie kam immer näher.
»Tis«, sagte ich, obwohl ich nicht geplant hatte, etwas zu sagen. »Bleib zurück. Bitte.« Ich wusste, wenn sie versuchte, mich zu berühren, würde ich sterben. Aber die kleine Stimme war aus ihrem Versteck getrieben worden, und zwar aus Angst, dass ich ihr wehtun würde.
Sie trat zurück und ließ mich in meine Zuflucht kriechen, während sie das Stroh wegrechte, das nicht zu meinem Nest gehörte. Ich duckte mich an die Wand und zitterte.
Als sie weg war, weinte ich, wie sie geweint hatte, aber ich wusste nicht, warum. Ich hörte nicht auf, bis die Ungeheuer wiederkamen.
Diesmal hielten sie meinen Kopf unter Wasser, aber ich wehrte mich nicht, weil Jadeauge mir befahl, es nicht zu tun.
Ich hielt den Atem an, bis ich das Bewusstsein verlor. Dann taten sie - und ich - es noch einmal.
Das hier war etwas Neues, und in meiner betäub-ten Erschöpfung kam es mir vollkommen vernünftig vor, in die Tiefe des Wassers zu spähen und dort nach … Sicherheit, Klarheit, was auch immer Ausschau zu halten. Es kam mir so vor, als könnte ich sie so gerade eben außerhalb meines Blickfelds erkennen.
»Was erkennen?«, fragte Jadeauge, nachdem ich zum zweiten Mal hustend und würgend aufgewacht war.
Ich blinzelte ihn an wie ein Idiot; selbst nach vier Jahren war die Maske der Dummheit, die ich meine ganze Jugend getragen hatte, auf meinem Gesicht noch zu Hause. Tosten hatte mich oft deshalb geneckt.
Tosten. Hurog.
»Etwas, was die Leere in mir füllt«, sagte ich und erkannte, nachdem ich es gesagt hatte, dass es wahr war. Diesmal rollte ich von der nassen Bank ins Wasser, ohne dass sie mir halfen.
Hurog, dachte ich. Drache, komm und hole mich.
Drachenklauen rissen an mir, Drachenmagie erfüllte mich einen Augenblick. Ich kannte diesen Drachen.
»Oreg!«, schrie ich unter Wasser.
Dann war er wieder verschwunden, und die Leere, die die Trennung von Hurog stets in mir bewirkte, war umso unerträglicher, weil sie für kurze Zeit nicht mehr leer gewesen war. Es war unendlich viel schlimmer als die Schmerzen in meinem Kopf, und ein Teil von mir glaubte, dass ich nie wieder ganz sein würde. Dass es ihnen diesmal gelingen würde, mir Hurog wegzunehmen.
Hände, keine Drachenklauen, zogen mich aus dem Wasser und schnallten mich auf den Tisch in der Mitte des Raums.
»Habt Ihr das gespürt?«, fragte Jadeauge aufgeregt den anderen Magier. »So fühlte sich seine Magie auf dem Weg hierher an. Habt Ihr jemals so etwas erlebt?«
Ich weinte, weil Oreg weg war. Selbst in meinem verstörten Zustand wurde mir klar, dass Oreg versucht hatte, mich zu retten - und er hatte versagt. Es würde keine Rettung geben. Und wenn Oreg mich nicht retten konnte, dann konnte es niemand.
»Es war ungewöhnlich«, gab Arten zu. »Aber Jakoven hat sehr eindeutig befohlen, dass wir ihn brechen, und ich denke, das ist uns gelungen. Die Drogen sollten einigermaßen aus seinem Körper verschwunden sein, und dennoch hat er sich das letzte Mal freiwillig ins Wasser geworfen. Es könnte sein, dass er versucht, sich umzubringen, aber dieses Auf-flackern von Magie …«
»Er suchte nach etwas«, sagte Jadeauge und tätschelte mir die Stirn. »Nicht wahr, Ward?«
Seine Stimme war so sanft und beruhigend, ich musste einfach antworten. »Drachen«, schluchzte ich. »Der
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