Drachenzauber
als ob er wirklich eine Antwort hören wollte, also antwortete ich ihm nicht direkt.
»Es gibt keine Sklaven in Hurog.«
Duraugh seufzte, aber es klang beinahe wie Erleichterung. Er starrte an mir vorbei, und als er wieder sprach, war es, als rede er mit sich selbst. »Es gibt keine Sklaven in Hurog. Das alte Gesetz, das vom ersten Hochkönig in unsere Urkunde aufgenommen wurde, besagt: Wenn Sklaven ihren Fuß auf Hurog-Land setzen, sind sie von diesem Zeitpunkt an frei. Dass mein Vater und dessen Vater sich entschieden, das zu vergessen, macht es nicht weniger wahr. Landislaw und Garranon werden sich bei Ciernack eben auf ihr Glück verlassen müssen. Selegs Wort gilt in Hurog noch immer.«
»Garranon ist in Ordnung«, sagte ich. »Landislaw kann verrotten.«
Duraugh runzelte die Stirn. »Du magst ihn nicht?
Warum nicht?«
Dies war meine Gelegenheit, ihm zu sagen, dass ich klüger war, als er wusste, aber meine Zunge war nie besonders flink gewesen, und am Ende zuckte ich nur die Achseln. Ich würde warten, bis Garranon weg war.
»Wenn du ihn mögen würdest, hättest du die Sklavin dann ebenfalls für frei erklärt?«, fragte mein Onkel.
Ich sah ihn stirnrunzelnd an. Das war eine gute Frage. Beruhte der größte Teil meiner Entscheidung auf Bosheit? Hätte ich mich an die alten Gesetze erinnert, wenn die Sache nicht mit Landislaw zu tun gehabt hätte? Ich dachte an Oreg, der in der großen Halle klagte, und an den angeketteten Drachen irgendwo unter der Burg. Zu viele Hurogs hatten im Lauf der Jahrhunderte ihre Gesetze vergessen.
»Es gibt keine Sklaven in Hurog«, wiederholte ich.
Mein Onkel bedachte mich mit einem seltsamen Lächeln und verbeugte sich halb in einer Geste des Respekts. »In der Tat.« Er schloss die Tür hinter sich.
Der einzige Sklave, der in Hurog verblieben war, fragte: »Ward? Du wirst sie ihnen also nicht ausliefern?«
Als ich mich umdrehte, stand Oreg vor dem Paneel in der Wand, das sich zu den Geheimgängen hin öffnete. Die Schnitte, Schwellungen und Peitschenspuren waren weg, und er schien wieder vollkommen klar zu sein, obwohl er die Arme um den Oberkörper geschlungen hatte und nervös von einem Fuß auf den anderen trat.
Ich wünschte mir plötzlich, dass ich wüsste, wie ich auch ihn befreien könnte. Vielleicht sollte ich das nächste Mal, wenn ich am Hof war, mit einem der Zauberer des Königs reden, obwohl ich nicht sicher war, ob ich einem anderen wirklich unsere Familien-geheimnisse verraten sollte. Ich bezweifelte auch, dass einer dieser Zauberer einen Bann lösen konnte, der so viele Jahre bestanden hatte. Alle wussten, dass die Zauberer zuzeiten des Kaiserreichs mächtiger gewesen waren.
»Ich werde sie ihm nicht ausliefern«, sagte ich.
Oreg hob das Kinn. »Wirklich nicht?«
»Wirklich nicht.« Ich hoffte, dass meine entschlos-sene Stimme genügte, um ihn zu überzeugen. »Hast du dafür gesorgt, dass sie Bettzeug und Essen hat?«
»Ja«, flüsterte er, »aber sie hat immer noch Angst.
Sie ist in der Höhle mit den Drachenknochen.« Mit sanfterer Stimme fügte er hinzu: »Sie hat mich nicht gesehen. Ich habe einfach nur warme Sachen und Essen in die Höhle gebracht. Ich hätte es dir gleich heute Früh sagen sollen.«
»Du hast sie in der Höhle eingeschlossen?«, fragte ich. »Sie war den ganzen Tag dort?«
Er nickte.
»Ich werde mit ihr sprechen«, sagte ich. »Sie sollte in der Burg sicher sein, selbst wenn Garranon und Landislaw noch hier sind. Oder sie kann in der Höhle warten, wenn sie will und wenn du nichts dagegen hast.«
Oreg hatte sich um Hilfe an mich gewandt. Gestern hatte Blümchen leise gewiehert, als ich zu seiner Koppel kam. Es gab tatsächlich so etwas wie Wunder. Nun starrte Oreg mich unsicher an - er sah so jung aus wie mein Bruder an diesem letzten Tag.
Manchmal konnte ich vergessen, was Oreg war, aber nicht nach der Szene in der großen Halle vor ein paar Minuten. Er hatte Hilfe gesucht, aber er traute mir noch nicht genug, um sie wirklich anzunehmen.
»Sie ist bei uns in Sicherheit«, erklärte ich.
Er rührte sich nicht, aber das Paneel hinter ihm öffnete sich. Er drehte sich auf dem Absatz um und ging hindurch. Ich folgte ihm, und das Paneel schloss sich wieder hinter mir. Diesmal war der Weg in die Drachenhöhle sehr kurz, als befände sie sich direkt neben meinem Zimmer und nicht tief im Herzen von Hurog. Als ich in die Höhle kam, bemerkte ich zwei Dinge: das Erste war ein seltsames, summendes Geräusch und das Zweite
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