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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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verpflichtet.«
    Ich lachte. Wir tanzten schweigend weiter. Keiner von uns beiden schien den Wunsch zu verspüren, damit aufzuhören, während
     eine Melodie in die nächste und diese wiederum in die nächste überging. Überrascht stellte ich fest, dass sich trotz der Hitze
     in dem überfüllten Raum und trotz unserer Anstrengungen nicht einmal das winzigste Schweißtröpfchen auf Herrn Wagners Stirn
     zeigte und er nie außer Atem geriet. Mir jedoch war nach einer Stunde auf der Tanzfläche sehr warm geworden. Ich rang nach
     Luft und brauchte dringend eine Erfrischung.
    Augenscheinlich bemerkte Herr Wagner mein Unbehagen und sagte bei der nächsten Pause in der Musik: »Möchten Sie vielleicht
     einige Minuten auf die Terrasse treten, Fräulein Murray? Und darf ich Ihnen ein Getränk besorgen?«
    »Das wäre wunderbar. Vielen Dank.« Als wir uns auf die Tür zubewegten, hielt ich nach Lucy Ausschau. Ich erspähte sie inmitten
     einer ansehnlichen Gruppe von höchst aufmerksamen Herren, mit denen sie lachte und fröhlich plauderte. Ich musste darüber
     lächeln, als mir Herr Wagner einen Becher Punsch brachte. »Trinken Sie nichts?«, fragte ich.
    »Ich mag Punsch nicht besonders. Wollen wir?«
    Wir gingen auf die Terrasse hinaus, wo wir uns nebeneinander auf eine niedrige Steinmauer setzten, von der man aufs Meer blicken
     konnte. Dankbar trank ich meinen Punsch. Die frische Meeresbrise wirkte belebend. Unter uns krachten und |80| rollten die Wellen an den Strand. Über uns blinkten helle Sterne in einem tintenschwarzen Himmel. Und aus dem Pavillon drang
     die lebhafte Musik zu uns herüber.
    »Darf ich noch einmal sagen, Fräulein Murray, was für eine wunderbare Tänzerin Sie sind. Ich kann mich nicht erinnern, je
     eine angenehmere Stunde auf der Tanzfläche verbracht zu haben.«
    »Ich auch nicht, Sir. Sie sagten, dass Sie viele Jahre Zeit zum Üben hatten. Wo haben Sie tanzen gelernt?«
    »In der Schule, wie Sie«, antwortete er geschickt. »Der Walzer hat in Österreich eine lange Geschichte, angefangen von den
     Tagen des Wiener Hofes im späten 17. Jahrhundert. In den letzten zweihundert Jahren sind die Menschen in Stadt und Land vollends
     ›tanzwütig‹ geworden, wie sie es nennen.«
    »Das kann ich verstehen. Einige der schönsten Musikstücke der Welt stammen aus Österreich. ›Geschichten aus dem Wienerwald‹
     ist mir das liebste. Und ich mag auch ›An der schönen blauen Donau‹.«
    »Auch ich liebe die Musik von Strauss, Vater und Sohn.«
    »Mögen Sie Joseph Haydn?«, erkundigte ich mich.
    »Haydn war ein hervorragender Komponist und ein höchst interessanter Mensch. Er hat Beethoven unterrichtet und war ein guter
     Freund Mozarts. Er konnte wunderbar Scherze erzählen und hat stets ungeheuer viel Bier getrunken.«
    Ich lachte überrascht. »Ich bezog mich eigentlich auf Haydns Musik. Sie reden gerade so, als kennten Sie ihn.«
    Nun lachte er seinerseits. »Ich habe sehr viel über ihn … gelesen. Und natürlich seiner Musik immer sehr gern gelauscht.«
     Rasch wechselte er das Thema und fügte hinzu: »Ihre Freundin hat Sie, glaube ich, Mina genannt. Ist das eine Abkürzung für
     einen anderen Namen?«
    »Wilhelmina.«
    »Ein guter holländischer oder deutscher Name. Und doch scheint mir Murray schottisch zu sein. Stammten Ihre Eltern aus diesem
     Lande?«
    |81| Ich spürte, wie ich errötete, und wandte meinen Blick ab. Wie immer war ich peinlich berührt, wenn die Sprache auf meine Eltern
     kam. »Ich weiß nicht, woher meine Eltern stammen. Ich habe sie nie gekannt. Ich denke … ich glaube, sie waren aus London.«
    »Ich verstehe.«
    »Und was ist mit Ihren Eltern, Sir? Leben sie in Österreich?«
    »Nein, sie sind beide vor vielen Jahren verstorben.«
    »Das tut mir leid.«
    »Es muss Ihnen nicht leid tun. Der Tod ist ein Teil des Lebens. Da gibt es nichts zu bedauern, nichts zu fürchten.«
    »Sie sagen das so ruhig und nüchtern, als sprächen Sie über das Wetter. Fürchten Sie den Tod wirklich nicht?«
    »Keineswegs.«
    »Dann sind Sie wohl ein frommer Mensch? Ein Kirchenmann?«
    »Mitnichten.«
    »Nun, ich wünschte, ich könnte genauso fühlen wie Sie. Aber ich denke nicht gern an den Tod. Lassen Sie uns über etwas anderes
     sprechen. Was hat Sie zum Beispiel nach Whitby gebracht, Herr Wagner? Geschäfte oder Vergnügen?«
    »Beides.«
    »Was für Geschäfte betreiben Sie?«
    »Ich habe in meiner Heimat einigen Landbesitz. Ich erwäge nun den Erwerb einer Liegenschaft in

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