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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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wurde klar, dass ich in die Stadt fahren |215| und zurückkehren konnte, ehe mich überhaupt jemand vermissen würde. Ich könnte versuchen, Marlborough Gardens in Belgravia
     zu finden, die Straße, wo meine Mutter gelebt und gearbeitet hatte, als sie sich in meinen Vater verliebt hatte und ich gezeugt
     worden war.
    Ohne weiteres Überlegen eilte ich zum Fahrkartenschalter, erwarb ein Billett und stieg atemlos in den Zug. In einem leeren
     Abteil setzte ich mich auf einen Fensterplatz. Wenig später hörte ich den Dampf zischen, als der Zug sich schnaufend in Bewegung
     setzte. Ein Mann in Uniform überprüfte mein Billet und zog sich zurück. Gedankenverloren saß ich da und schaute auf die vorüberziehende
     Landschaft. Da hörte ich, wie die Abteiltür aufgeschoben wurde.
    Ich blickte auf den Neuankömmling – und mir blieb beinahe das Herz stehen.
    Es war Herr Wagner.
     
    Einen Augenblick lang verschlug es mir den Atem.
    Herr Wagner trat zwei Schritte in das Abteil hinein und hielt dann inne. Er starrte mich ungläubig an. Seit unserem letzten
     Treffen hatte ich so oft an ihn gedacht, mir jede Einzelheit seines anziehenden Gesichts und seiner Gestalt ins Gedächtnis
     gerufen und mich jedes Mal gefragt, ob ich ihn mir in der Erinnerung vollkommener vorstellte, als er in Wirklichkeit war.
     Jetzt wurde mir klar, dass ich ihm in meinen Gedanken nicht gerecht geworden war. Oh, wie wunderbar war es, dieses liebe Gesicht
     wiederzusehen! Wie immer trug er einen schwarzen Gehrock und hatte sich dazu noch einen herrlichen langen schwarzen Umhang
     lässig über die breiten Schultern geworfen.
    »Ich dachte mir doch, ich hätte von meinem Fenster aus gesehen, wie Sie in den Zug einstiegen.« Seine tiefblauen Augen leuchteten
     und schauten mich glücklich und erstaunt an. »Ich mochte es gar nicht glauben.«
    »Herr Wagner«, war alles, was ich hervorbringen konnte. Mein Herz klopfte so heftig, dass ich kaum denken konnte.
    |216| »Es ist lange her.«
    »Sechs Wochen.«
    »Sie haben sie gezählt?«
    Röte breitete sich über meine Wangen. Lächelnd fragte er: »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    »Bitte.« Ich deutete auf einen leeren Platz mir gegenüber. Ich glaubte, in einer Art Traum befangen zu sein.
    Er setzte sich und schaute mich unverwandt an. Einige Augenblicke vernahmen wir nur das Rattern der Räder unter uns und das
     rhythmische Schnauben der Lokomotive.
    »Geht es Ihnen gut?«, erkundigte er sich dann.
    »Ja. Und Ihnen, Sir?«
    »Recht gut.«
    In Gedanken hatte ich unzählige Gespräche mit ihm geführt, doch nun, da er mir gegenübersaß, rang ich um Worte. »Ich dachte,
     Sie wären vielleicht längst nach Österreich zurückgekehrt.«
    »Aber nein. Ich habe seit jenem letzten Morgen in Whitby so oft an Sie gedacht. Sind Sie sicher nach Budapest gelangt?«
    »Ja.«
    »Wie haben Sie Ihren Mann vorgefunden?«
    »Sehr krank. Er hatte schon eine geraume Zeit dort im Krankenhaus gelegen, nachdem er schreckliche Dinge durchlebt hatte.«
    »Schreckliche Dinge?«
    »Ja. Ich habe mitgeholfen, ihn gesund zu pflegen, und … und wir haben geheiratet und sind nach Hause, nach Exeter zurückgekehrt.«
    Falls er überrascht oder enttäuscht war, von meiner Eheschließung zu erfahren, so wusste er dies gut zu verbergen. »Dann sind
     Sie nicht mehr Fräulein Murray?«
    »Nein, ich bin jetzt Frau Harker.« Ich errötete unwillkürlich und schlug die Augen nieder.
    »Meinen Glückwunsch. Ich hoffe, Sie sind glücklich?«
    »Ja, sehr.«
    |217| »Das freut mich zu hören. Bitte, sagen Sie mir, welchem Umstand ich diesen außerordentlichen Zufall verdanke. Wie kommt es,
     dass Sie heute hier sind, Frau Harker, ausgerechnet in diesem Zug?«
    Ich zögerte. »Mein Mann hat geschäftlich in London zu tun, und ich wollte mich zu ihm gesellen. Wir sind bei einem Freund
     in Purfleet zu Gast. Jonathan ist noch bis morgen geschäftlich in Whitby.«
    »In Whitby?«
    »Ja. Das ist wohl wirklich eine Ironie des Schicksals«, fügte ich mit einem Lächeln hinzu. »Als ich Sie das letzte Mal gesehen
     habe, war ich in Whitby und Jonathan war auswärts, und heute ist es umgekehrt.«
    Er erwiderte mein Lächeln. »Wahrhaftig. Und es ist wunderbar, dass wir einander so unerwartet wieder begegnet sind. Ich bin
     dafür außerordentlich dankbar.«
    »Wie kommt es, dass Sie hier sind, Sir?«
    »Ich habe mir ein Anwesen im östlichen Essex angesehen. Und jetzt bin ich auf dem Rückweg nach London. Fahren Sie auch in
     die

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