Dracula, my love
kleine Photographie von mir, die Jonathan ein Jahr zuvor aufgenommen hatte. Verglichen mit der Frau auf dem Gemälde, die von innen zu leuchten schien, muteten die verblassten Sepiatöne des Abzugs leblos an.
Ich spürte, wie er ganz nah hinter mich trat.
„Gefällt es dir?“, fragte er leise.
Seine Nähe ließ meinen Puls schneller schlagen. „Ja. Wann hast du es gemalt?“
„Ich habe vor Wochen angefangen, als ich gerade hier angekommen war. Es war mein Trost.“
Ich wusste kaum, was ich sagen sollte. „Du bist ein großartiger Maler.“
„Ich habe festgestellt, dass man beinahe alles recht ordentlich erlernen kann, wenn man ein Quentchen Talent hat und eine Ewigkeit Zeit, um sich darin zu üben.“ Nun schloss er den letzten Zwischenraum zwischen sich und mir. Sein Körper lehnte eng an meinem Rücken, und seine Hände lagen auf meinen Schultern. Dies wäre der Augenblick gewesen, an dem ich mich hätte entfernen sollen, das wusste ich. Ich musste darauf bestehen, dass stets ein sicherer Abstand zwischen uns war. Ich musste mich gegen ihn stählen. Doch schon bei seiner Berührung wurde ich schwach vor plötzlichem Verlangen, und ich brachte es nicht über mich.
Ich spürte, wie er einen Kuss auf mein Haar drückte, dann mit den Lippen weiter hinunterwanderte, um zärtlich meinen Nacken zu küssen. „Mina, seit Wochen träume ich von nichts anderem, als dich hierherzubringen. Ich hätte mir nie auszumalen gewagt, dass es wirklich so kommen würde. Und nun bist du hier.“
Mir pochte das Herz bis in den Hals. Hatte er vor, mich wieder zu beißen? Ich fürchtete mich davor, und doch merkte ich zu meiner Beschämung, dass es mich auch danach verlangte. Ich sehnte mich verzweifelt danach, seine Zähne zu spüren, wie sie in mein Fleisch eindrangen. Ich sehnte mich nach dem ungeheuer erotischen Hochgefühl, das danach über mich hinwegfluten würde. Ich schloss die Augen, konnte das halb ängstliche, halb sehnsüchtige Seufzen nicht unterdrücken, das sich meinen Lippen entrang.
Ich spürte, wie sich sein Körper anspannte. „Du hast immer noch Angst“, stellte er mit tiefem Bedauern fest. Abrupt ließ er mich los und trat mit einem kleinen, leicht verächtlichen Lachen einen Schritt zurück. „Verzeih mir. Ich hatte mir eingeredet, dass ich mit dir Zusammensein könnte und nicht der Versuchung erliegen würde. Ich habe mich geirrt. Ich werde ab jetzt mein Bestes versuchen, um meinen Appetit zu zügeln.“
Enttäuscht und schweigend stand ich da und versuchte, meinen Atem wieder gleichmäßig strömen zu lassen und mein heftig pochendes Herz zu beruhigen, während ich ihm nachsah, wie er durchs Zimmer ging. Er klappte eine große Holztruhe auf, aus der er ein atemberaubendes Abendkleid aus smaragdgrüner Seide mit Perlenbesatz zog, genau das Kleid, das ich auf dem Porträt trug.
„Ich habe es von einer Schneiderin in Whitby für dich anfertigen lassen“, erklärte er und brachte es mir. „Ich dachte, die Farbe würde gut zu deinen Augen passen. Ich hatte gehofft, es dir dort zu verehren, aber du bist so plötzlich abgereist.“
„Oh! Es ist wunderbar.“ In meinen kühnsten Träumen hätte ich nie gehofft, jemals ein solches Kleid zu besitzen. Doch es überstieg mein Fassungsvermögen. Ich hatte das Gefühl, dass in allzu kurzer Zeit zu viele neue und atemberaubende Wunder über mich hereinstürzten. „Das kann ich nicht annehmen. Wie könnte ich das je erklären?“
„Vielleicht könntest du es dann mir zuliebe tragen, wann immer du dich hier aufhältst?“
„Das mache ich besser nicht. Aber ich danke dir trotzdem dafür.“
Enttäuscht legte er das Kleid zur Seite und führte mich zu einem kleinen Tisch, der in der Mitte des Raumes stand und mit vergoldetem Porzellan, feinen Kristallgläsern und schwerem, elegant ziseliertem Silber gedeckt war. Er zog einen Stuhl für mich zurück.
„Darf ich dir dann wenigstens eine Erfrischung anbieten? Ich war mir nicht sicher, welches deine Lieblingsspeisen sein könnten, habe also eine Auswahl bereitgestellt.“
Er hob eine silberne Schutzhaube von dem Teller, der vor mir stand. Darunter kam eine köstlich aussehende Platte mit kaltem Braten, Käse, verschiedenen Brotsorten und Obst zum Vorschein, deren aromatischer Duft mir in die Nase stieg. Ich fühlte mich geschmeichelt, dass er sich meinetwegen solche Mühe gemacht hatte, und bemerkte auf einmal, dass ich trotz meiner nervlichen Anspannung sehr hungrig war. Beim Abendessen war ich zu
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