Dracula, my love
wäre, wenn wir gleich hier heiraten würden. Jedoch hatte ich nicht erwartet, dass es so schnell geschehen würde. Und wenn ich mir die Zeremonie vorgestellt hatte, nicht in meinem verzückten Traum in der Eisenbahn, sondern im wachen Zustand, dann hatte ich immer vor meinem inneren Auge gesehen, dass sie in einer idyllischen alten Kirche stattfand und dass Jonathan neben mir stand. Niemals hätte ich mir ausgemalt, dass meine Trauung in einem Krankenzimmer vollzogen würde, am Bett eines Mannes, der noch zu gebrechlich und krank war, um aufrecht zu stehen.
„Mir ist klar“, sagte Jonathan, „dass die Umstände nicht so sind, wie du sie dir für deine Hochzeit gewünscht hättest, aber ...“
„Nein, nein, du hast wirklich recht. Wir sollten nicht mehr länger warten.“ Ich lächelte bemüht und warf Jonathan den liebevollsten Blick zu, den ich mir abringen konnte. „Ich heirate dich nur zu gern, Jonathan Harker, und wann immer du es für das Beste hältst.“
Jene Nacht verbrachte ich in einem leerstehenden Zimmer, das die Schwestern mir freundlicherweise zur Verfügung stellten. Als Jonathan am nächsten Morgen aufwachte, konnte ich ihm mitteilen, dass alle Vorbereitungen für unsere Hochzeit bereits getroffen waren.
Er lächelte und sagte: „Meine Liebste, würdest du mir meinen Mantel geben? Ich brauche ihn.“
Ich hielt das für eine seltsame Bitte, da er doch bettlägerig war, bat jedoch Schwester Agatha, mir den Mantel zu bringen. Sie kam schon bald zurück und sagte: „Hier sind all seine Habseligkeiten.“
„All seine Habseligkeiten?“ Ich schaute sie überrascht an, als ich die Gegenstände erblickte, die sie auf das Bett gelegt hatte. Es waren nur eine Garnitur Kleidung und ein Notizbuch.
„Das ist alles, was er bei sich hatte, als er hier ankam“, antwortete sie, ehe sie das Zimmer wieder verließ.
Jonathan war mit einem Schrankkoffer voller Kleidung von zu Hause losgefahren, darunter waren sein bester Anzug und Hut gewesen, die nun fehlten. Auch seine Brieftasche war fort, und wohl auch alles Geld, das sie vielleicht enthalten hatte, und die Photographie von mir, von der ich wusste, dass er sie stets bei sich trug. Was, überlegte ich, war aus all dem geworden? Aber ich hatte ihm versprochen, keine Fragen zu stellen. So stand ich nur schweigend da, als Jonathan in die Manteltasche griff und eine winzige Schachtel herauszog. Mit einem sanften Lächeln reichte er mir das Kästchen.
„Ich weiß, wie sehr du dir einen Ehering gewünscht hast, meine Liebe, und ich wollte nicht, dass du ohne diesen Ring heiraten solltest. Also habe ich Schwester Agatha gebeten, eine kleine Besorgung zu machen, ehe du angekommen bist. Ich hoffe, dass er dir gefällt.“
Erstaunt klappte ich das Kästchen auf. Auf einem blauen Samtbett prangte darin ein massiver goldener Ehering, in den ein elegantes Muster graviert war. „Oh! Er ist wunderschön! Aber Jonathan, wie konntest du dir nur ein solches Stück leisten? Sag nicht, dass du das Geld, das dir Herr Harker für deinen Krankenhausaufenthalt geschickt hat, für diesen Ring ausgegeben hast!“
„Nein, das habe ich nicht“, erwiderte er mit einem rätselhaften Lächeln. „Ich hatte eine andere Quelle. Zum Glück war ich vor Monaten geistesgegenwärtig genug, dich nach deiner Ringgröße zu fragen. Bitte, probiere ihn an.“
Er passte perfekt und sah an meiner Hand wunderhübsch aus. „Anscheinend willst du mir nichts von deiner ›Quelle‹ verraten, und da es ein Geschenk ist, will ich es dabei belassen. Vielen herzlichen Dank, mein Liebster, dass du daran gedacht hast. Es bedeutet mir wirklich ungeheuer viel.“ Ich beugte mich zu ihm hinunter und küsste ihn, zog dann den Ring ab und steckte ihn in das Kästchen zurück. „Behalte ihn noch bis zur Trauung morgen.“ Als ich seinen Mantel und andere Kleidungsstücke aufhob, um sie auf einen in der Nähe stehenden Stuhl zu legen, fiel mein Auge auf das Notizbuch, das neben ihm auf dem Bett lag. „Ist das dein Tagebuch?“, fragte ich.
„Ja.“
Ich wusste, dass Jonathan die Absicht gehabt hatte, auf seiner Reise nach Transsilvanien stenographische Aufzeichnungen zu machen, um die Kunst der Kurzschrift zu üben und zu vervollkommnen, genau wie ich es während meines Aufenthaltes in Whitby getan hatte. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass die Antwort und der Schlüssel zu seiner Krankheit auf diesen Seiten zu finden sein könnten. Dürfte ich es wagen, ihn zu bitten, mich einen Blick
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